6 Dinge, die jetzt passieren, weil Facebook seinen News-Feed ändert
Facebook will uns wieder mehr von Freunden zeigen und weniger von Medien und Marken. Die Folge: Diskussionen und Debatten in den Kommentaren werden wichtiger.

Facebook hat am Donnerstag umfassende Änderungen an seinem News Feed angekündigt: also den Beiträgen, die Nutzer sehen, wenn sie Facebook öffnen. Demnach sollen künftig Beiträge bevorzugt werden, die "bedeutungsvolle Interaktionen" zwischen Freunden und Familie anregen. Posts von Verlagen, Medien und Marken sollen hingegen seltener zu sehen sein.
Facebook hatte in den letzten Jahren einen Großteil seiner Bemühungen in den Aufbau der Plattform gesteckt. Das Ziel: die Nutzer sollten so viel Zeit wie möglich dort verbringen. Die Folge: Probleme wie Fake News, Hassreden oder russische Einmischung in Wahlkämpfe konnten entstehen. Das will Facebook nun besser machen.
Die Veränderungen sind enorm und sie haben das Potenzial, den Diskurs und die Wirtschaft, die sich um Facebook herum entwickelt hat, neu zu formen - ganz zu schweigen von der Bilanzsumme von 545 Milliarden Dollar. Die volle Wirkung wird sich erst zeigen, wenn die Neuerungen alle 2,07 Milliarden Facebook-Nutzer betreffen. Hier steht, was sie jetzt schon bedeuten:
Kommentieren ist das neue Teilen
Lange galt Teilen als der entscheidende Faktor, wenn es darum ging, Beiträge auf Facebook viral werden zu lassen. Nun scheinen Kommentare diesen Platz einzunehmen. Mit dem Update bevorzugt Facebook solche Beiträge im News-Feed, die Leute dazu bringen, in den Kommentaren miteinander zu debattieren. Damit bekommen Kommentare die Rolle, die das "Teilen" bislang innehatte.
Facebook geht diese Änderung an, nachdem es erkannt haben will, dass Menschen sich schlecht fühlen, wenn sie den News Feed nur durchforsten, ohne mit Inhalten zu interagieren. Das Unternehmen schrieb dazu in einem Blogeintrag im Dezember 2017: "Wenn Menschen viel Zeit damit verbringen, passiv Informationen zu konsumieren - sie lesen, aber nicht mit Menschen interagieren - sagen sie danach, dass sie sich schlechter fühlen."
Mehr Interaktionen heißt nicht zwingend, bessere Interaktionen
Durch die Bevorzugung von verfahrenen Debatten ohne wirklichen Fortschritt in den Kommentaren, könnte Facebook auch die Häufigkeit von Streit und Diskussionen auf seiner Plattform erhöhen. Die Herausforderung für Facebook besteht nun darin, einen Weg zu finden, konstruktive Gespräche zu ermöglichen und gleichzeitig ausufernde, beleidigende und persönlich werdende Angriffe zu entschärfen.
Facebooks Newsfeed-Chef Adam Mosseri sagte gegenüber BuzzFeed News, das Unternehmen glaube, dieser Aufgabe gewachsen zu sein: "Wir versuchen, zu verstehen, welche Interaktionen Menschen als sinnvoll empfinden und bewerten verschiedene Maßnahmen danach, wie bedeutungsvoll Menschen diese üblicherweise finden", sagte er. "Wir werden es nicht immer schaffen, aber insgesamt glauben wir, dass dies für das Ökosystem gesund sein wird. Bei problematischen Beiträgen, wie zum Beispiel hasserfüllten oder unzivilisierten Kommentaren, arbeiten wir aktiv daran, diese zu identifizieren und die Leute vom Schreiben solcher Beiträge abzuschrecken, weil diese nicht mehr mit Aufmerksamkeit belohnt werden, wir sie herabstufen oder in bestimmten Fällen auch entfernen."
Werbetreibende werden sich wahrscheinlich ärgern
Auf Facebooks Drängen hin haben große Marken Millionen von Dollar ausgegeben, um möglichst viele Fans auf der Plattform zu gewinnen.
Dann hat Facebook diese Werbetreibenden davon überzeugt, weitere Millionen für gesponserte Beiträge auszugeben, um diese Zielgruppen besser zu erreichen.
Jetzt sagt Facebook, dass aus politischen Gründen die Beziehungen zwischen Marken auf Facebook und den Nutzern keine Priorität mehr hat.
Es wird schmerzhaft für Medien und Verlage
Auch Verlage haben auf Facebook viel Geld investiert, um sich ein Publikum auf der Plattform aufzubauen. Dann überzeugte Facebook die Medienhäuser, Inhalte doch direkt auf Facebook zu veröffentlichen, statt zur eigenen Webseite zu verlinken (Instant-Articles hieß das, falls sich daran noch jemand erinnert). Und wenn sie sich dazu entschieden, das zu tun, sollten sie auch noch dafür zahlen, dass ihre Inhalte beim Publikum besser sichtbar sind.
Viele Verlage haben ihre Leserinnen und Leser von den eigenen Webseiten und Apps gezielt auf die eigenen Facebook-Seiten gelenkt, um diese noch weiter wachsen zu lassen. Jetzt schneidet Facebook die Reichweite dort einfach ab.
Wenn Facebook davon spricht, künftig "bedeutungsvolle Interaktionen" zu bevorzugen, dann sind ironischerweise vermutlich genau diese Verlage für einen Großteil davon verantwortlich. Und ironischerweise haben viele von ihnen erst jene Berichte produziert, die auf katastrophale Mängel auf der Facebook-Plattform hinwiesen.
Ein vorhersehbares Ergebnis
Facebook hat sich viel Mühe gegeben, Verlage und Marken auf seine Plattform zu bekommen. Und Verlage und Marken haben sich sehr bemüht, dort zu sein. Aber am Ende hat Facebook von ihnen nicht all das bekommen, was es wollte.
Sensationsgeile, parteiische oder einseitige, falsche Nachrichten führen Menschen in die Irre. "Branded Content" sorgte währenddessen dafür, dass Leute sich nicht mehr trauen, das Selfie vor dem etwas schmutzigen Badezimmer-Spiegel zu veröffentlichen, aus Angst, es würde neben einem professionell geschossenen Video mit einem Budget von 3 Millionen Dollar enden. Gleichzeitig sorgte der passive Konsum von Artikeln und Videos dazu, dass sie sich unsicher oder schlecht fühlen.
Vertraue Facebook - und rechne damit, dass es weh tut
Wenn Facebook sich entscheidet, etwas Großes zu machen, dann setzen sie alles auf eine Karte (fragt einfach Snapchat). Und genau das passiert hier.
Zaghaftes herumdoktern wird Facebooks Probleme mit Fake News, Wahlfälschungen und gewalttätigen Inhalten nicht lösen. In diesem Jahr hat Zuckerberg es also zu seiner persönlichen Herausforderung gemacht, diese Probleme zu klären. Nur zehn Tage später versucht er, zu liefern.
Diese Veränderungen werden nicht schmerzfrei sein. Sie werden, wie Zuckerberg es ausdrückte, Facebook weh tun, weil sie eine Verkürzung der auf seiner Plattform verbrachten Zeit und dem Ausmaß des Engagements dort bedeuten. Und das wird auch Verlagen und Marken schaden.
Zuckerberg sagte, es wird Monate dauern, bis diese Änderungen voll zum Tragen kommen. Aber wenn es soweit ist, dann hofft er, dass "die Zeit, die du auf Facebook verbringst, wertvoller sein wird."
Dieser Artikel erschien zuerst auf Englisch.