Frau nennt ihren Kollegen „emotional“ und wird dafür gefeiert, dass sie den Spieß umdreht

„Alter, du siehst aus, als wärst du den Tränen nahe.“
Hallo und willkommen zu einem weiteren Post, in dem wir uns einem besonders *interessanten* Beitrag im Subreddit „Am I the Asshole“ anschauen. Dort können Leute Feedback dazu bekommen, ob sie sich tatsächlich daneben verhalten haben oder nicht. Dieses Mal geht es um eine Situation am Arbeitsplatz.
Also, die Reddit-Nutzerin u/imonvacaaation möchte wissen, ob es daneben ist, wie sie einen männlichen Kollegen behandelt, der bei der Arbeit oft Wutausbrüche hat. Schauen wir uns das mal an:
„Ich bin Ingenieurin und arbeite in einem Team mit sieben relativ gechillten Männern und einem Typen mit Wutproblemen. Er kann wirklich keine respektvolle Meinungsverschiedenheit haben. Stattdessen wird er laut, schreit und kommt einem nah ans Gesicht ran. Ich hasse das.“

„Also habe ich angefangen, mich bei meinem Chef zu beschweren. Er hat es mit der Aussage unter den Teppich gekehrt, dass mein Kollege nun mal so sei und ich ihn mal vor 10 Jahren hätte sehen sollen, bevor er ‚lockerer geworden‘ ist. Da frage ich mich echt, wie er vor 10 Jahren war, weil ‚locker‘ ist er garantiert nicht. Es ist außerdem ein kleines Unternehmen und es gibt keine HR-Abteilung, nur das Management. Und die helfen nicht.“
Da sie keine Hilfe von der Geschäftsleitung erhielt, beschloss u/imonvacaaation, dass sie die Dinge selbst in die Hand nehmen würde: „Ich habe aufgehört, ihn als ‚wütend‘ zu bezeichnen. Er war auch nicht mehr am ‚streiten‘ oder ‚schreien‘ für mich. Ich habe angefangen, die Worte ‚emotional‘ und ‚Trotzanfall‘ oder ‚Tobsuchtsanfall‘ zu benutzen. Ich hatte irgendwie gehofft, dass ich seinen Ruf als Mann mit dominanter Ausstrahlung ändern könnte, sodass er als ‚emotional‘ und ‚trotzig‘ (schwache, traurige Babyausstrahlung) wahrgenommen wird.“

Für ein wenig Kontext: Worte wie „emotional“ werden oft für Frauen verwendet - vor allem am Arbeitsplatz. Tatsächlich neigen Männer aber genauso stark zu Stimmungsschwankungen wie Frauen, das hat eine Studie 2021 herausgefunden. WER HÄTTE DAS GEDACHT?
„Ich fing an, subtile Kommentare zu machen. Wenn ich z.B. ein Meeting mit ihm hatte und er wütend wurde, sagte ich zu den anderen: ‚Wow, es ist verrückt, wie emotional Jay wurde. Ich weiß nicht, wie er die Energie hat, um 9 Uhr morgens so trotzig zu werden. Ich bin nicht mal richtig wach.‘ Oder als mein Chef mich bat, ein Meeting zusammenzufassen, sagte ich: ‚Dan, Jack und James hatten ein wirklich tolles Feedback zu meinem Bericht für [diesen Kunden]. Jay hatte irgendwie Probleme, seine Emotionen zu kontrollieren und hatte wieder einen Trotzanfall, aber Sie wissen ja, wie er ist.“
Schließlich fingen einige von u/imonvacaaations Kollegen an, diesen Kollegen mit denselben Worten zu beschreiben und es ging noch weiter: „Ich wurde sogar so mutig, ihm ins Gesicht zu sagen: ‚Hey, ich kann kaum verstehen, was du mir erklären willst, wenn du so emotional bist.‘“
„Nach einer Weile hatte er den Ruf weg, emotional und irrational zu sein. Ich konnte sehen, dass ihn das verärgerte, aber er schrie mich nicht mehr so oft an.“
„Jedenfalls verlor er diese Woche einmal die Kontrolle und ich sagte nur: ‚Ich kann nicht mit dir reden, wenn du so emotional bist.‘ Er flippte aus und fragte, warum ich ihn immer so nenne. Ich zuckte mit den Schultern und sagte: ‚Alter, du siehst aus, als wärst du den Tränen nahe. Schau in den Spiegel, bevor du mich fragst.‘ Er wurde richtig wütend, weil ich andeutete, er könne anfangen zu weinen (es war als schnippische Bemerkung gedacht - er war auf die rotes Gesicht Art wütend und nicht auf die weinerliche Art und das konnte ich auch erkennen.“
Jetzt fragt sich u/imonvacaaation, ob sie etwas falsch gemacht hat: „Ich fühle mich ein bisschen wie ein Arschloch, weil ich so hinter ihm her war. Und Gaslighting betrieben habe, um ihm glauben zu machen, dass alle anderen ihn für eine Heulsuse halten. Aber es hat eben auch meistens funktioniert, wenn es über angebrachtere Wege nicht möglich war.“
Der Kommentarbereich des Threads explodierte förmlich, vor lauter Meinungen zu der Situation. Viele sind der Ansicht, dass die Userin überhaupt nicht im Unrecht ist, da ihr Kollege sich bei der Arbeit … emotional verhalten hat.
„Er ist tatsächlich übermäßig emotional. Nichts von dem, was du beschrieben hast (außer vielleicht das mit den Tränen), ist in irgendeiner Weise eine Lüge oder gar eine Übertreibung. Halte dich an die Wahrheit.“
„Wut ist eine Emotion. Er hatte Wutanfälle. Sie hat diese nur richtig benannt und darauf hingewiesen, dass sein Verhalten in einem professionellen Umfeld inakzeptabel ist. Die Art und Weise ist subtil und offen gesagt genial und definitiv etwas, an das ich mich erinnern werde, wenn ich wieder mit so jemandem in Kontakt komme!“
Andere weißen darauf hin, dass die Userin einfach ein Wort verwendet hat, das fast ausschließlich auf Frauen angewandt wird, wenn sie Gefühle zeigen oder sich aufregen.
„Ehrlichkeit ist immer die beste Strategie. Was hier wirklich los war, ist, dass du einen Macho auf die Palme gebracht hast. Und zwar indem du Begriffe benutzt hast, die traditionellerweise verwendet werden, um eine emotionale Frau zu beschreiben, die den Tränen nahe ist. Du hättest es noch viel mehr auf die Spitze treiben können, wenn du gewollt hättest.“
„So sollten mehr Leute gegenüber Männern sein, die sich so verhalten. Frauen können keine Meinung haben, ohne als ‚emotional‘ abgestempelt zu werden, aber Männer können wütend werden und toben? Das ist immer noch eine Emotion.“
„Wenn er eine Frau oder eine weiblich-gelesene Person wäre, würden die Leute genau diese Dinge zu ihm sagen, und zwar schon beim kleinsten Anzeichen. Mir gefällt, dass der Spieß mal umgedreht wird.“
Eine weitere Person meint, dass ihr Chef und das Management in diesem Szenario die Schuld tragen:
„Die Personalabteilung und dein Chef sind in diesem Szenario die größten [Arschlöcher] von allen. Sie müssen sich einsetzen und ihre Führungsrolle wahrnehmen. Ganz offensichtlich ist es ein Problem, dass dieses Verhalten seit über 10 Jahren ignoriert wird. Es sollte nicht so sein, dass Mitarbeitende so etwas selbst in die Hand nehmen müssen.“
Und schließlich weißen einige sogar darauf hin, dass dieser Mitarbeiter gefährlich klingt, und rieten der Userin, vorsichtig zu sein.
„Ich finde, du hast die Situation gut deeskaliert, aber ich denke auch, dass dein Kollege eine wandelnde Zeitbombe ist, die eines Tages hochgehen wird.
Wenn es irgendeine Möglichkeit für dich gibt, seine Ausbrüche zu dokumentieren, ohne dass es so wirkt, als würdest du sie dokumentieren, rate ich dir dazu. Meine Befürchtung ist, dass er eines Tages ausrastet und jemand zu Schaden kommt.“
„Ohne HR-Abteilung und mit einer, die nutzlos ist, scheinst du einen Weg gefunden zu haben, ihn ein wenig zu zügeln. Ich bin trotzdem besorgt darüber, dass dein Kollege irgendwann an die Decke gehen könnte. Wenn du darauf hinarbeitest, dass seine Wutanfälle anders genannt werden, bringt es ihn nur dazu, die Wut zu schlucken (anstatt sie loszulassen) - das könnte zu Ärger führen.“
Wie stehst du zu all dem? Ist u/imonvacaaation zu weit gegangen, als sie ihren Kollegen als ‚emotional‘ bezeichnet hat? Oder hat sie einfach die Fakten aufgezeigt? Lass uns in den Kommentaren darüber diskutieren! Und fühl dich frei, deine eigenen Geschichten mit ‚emotionalen‘ Kollegen zu teilen!
Und wo wir schon beim Thema „emotional“ sind, hier sind weitere Begriffe, die für Frauen im Job etwas völlig anderes bedeuten als für Männer.
Dieser Post von Shelby Heinrich wurde aus dem Englischen übersetzt.