Situationen, die ich als Deutsche mit asiatischem Background in Zeiten von Corona erlebe
Leute, wechseln die Supermarktschlange, wenn ich mich hinter ihnen anstelle.
Ein Gastbeitrag von Thea Suh.
Ching Chang Chong – Du Schlitzauge – Nihao, Konnichi wa – Du kannst doch kein R aussprechen – Du Hundefresser
Diese Sätze verfolgen mich in Deutschland, seitdem ich denken kann.
Seit der Coronavirus ausgebrochen ist, findet man zum Beispiel auf Twitter unter dem Hashtag #ichbinkeinvirus viele Berichte, wie Menschen ihren Rassismus hemmungslos entladen.
Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Würde ich jede Aggression tweeten, mein Feed wäre voll davon.

Das Framing in Medien lässt Leser*innen und Zuschauer*innen Menschen aus China als "Gefahr" sehen. Als Satire getarnte Gags voller rassistischer Stereotype wie dieser Text von Stefan Kuzmany im SPIEGEL oder die Witze der heute show verstärken die allgemeine "Anti"-Stimmung gegenüber Asiat*innen.
In meinem Alltag sieht das so aus:

Die Tür und die Fußmatte meiner Eltern wurde mit Desinfektionsmittel besprüht. Wie tief kann jemand sinken, dass man zu so einer dämlichen Tat fähig ist?Dass meine Eltern versuchen, es mit Humor zu überspielen, bricht mir das Herz. Es nützt nichts, integriert zu sein, die Sprache zu sprechen, hier studiert zu haben und zu arbeiten. Am Ende des Tages wird man immer noch auf sein Aussehen reduziert. Man ist nicht willkommen.

Komplett bizarr. Ich wollte aus dem Bus steigen und musste an einem Kinderwagen vorbei. Die Mutter hatte meinen Weg in den hinteren Teil des Busses anscheinend beobachtet und warf ihren Schal auf ihr Baby im Kinderwagen, als ich an ihr vorbeikam. Ihr Begleiter kicherte.

In der U-Bahn: Während sie sich darüber unterhielten, dass in „Asien“ alles auf dem Teller landen würde, suchten die beiden, die schräg von mir saßen, immer wieder Augenkontakt zu mir.Als ich sie ansprach, ob sie ein Problem mit mir hätten, bekam ich die Antwort: „Ich wusste nicht, dass du Deutsch kannst.Sie haben sich also rassistischer Stereotype bedient und sich in Sicherheit gewähnt, weil sie dachten, ich würde sie nicht verstehen.

Als ich mich zu einer Frau setzen wollte, wurde ich von ihr angeschrien, dass ich meinen „Corona-Körper“ woanders hinbewegen solle. Ich bin früher aus der Bahn gestiegen, weil ich viel zu aufgewühlt war.

Meine Mutter hat berichtet, dass sie beim Spaziergang mit den Hunden einer Frau begegnet ist, die sich sofort die Hand an den Mund hielt, als meine Mutter vorbeiging.

Eine Reaktion, nachdem vorgeschlagen wurde, chinesisch zu essen.

Ebenfalls meiner Mutter beim Spaziergang passiert: Andere Leute wechseln einfach die Straßenseite oder machen einen großen Bogen um sie herum.

An der Supermarktkasse hat ein Mann die Kasse gewechselt, nachdem ich mich hinter ihm anstellte. Dann zog er sich den Schal vors Gesicht.

Mein Vater wollte sich in der Apotheke Kopfschmerztabletten holen. Der Apotheker war unglaublich unfreundlich und meinte direkt, er solle zum Arzt. Auch nachdem er mitbekam, dass es eigentlich nur um Kopfschmerzen ging, forderte er meinen Vater mehrfach auf, endlich zu gehen. Während dieser noch sein Wechselgeld einsteckte.Viele Aggressionen scheinen klein, aber man ist ja nicht blöd. Man merkt, wenn man rausgeekelt werden soll.

Die Stille ist Ohrenbetäubend. Alle bleiben still. Die Mitfahrer*innen in der Bahn und im Bus schauen weg, bleiben sitzen, bleiben stumm.Influencer*innen, Celebrities, Politiker*innen.Keine*r verurteilt diese rassistischen Aggressionen, niemand steht auf und sagt was. Niemand zeigt, dass wir ein schützenswerter Teil dieses Landes sind.
Es gibt noch so viele weitere Fälle. Es fühlt sich an wie tausend Nadelstiche. Jeden Tag. Dass sowas in einer Großstadt wie Hamburg passiert, ist entsetzlich.