König Charles III. muss einen Schlussstrich ziehen

Nach 70 Jahren ist wieder wer gekrönt worden in Großbritannien. Doch die feierliche Zeremonie stinkt zum Himmel.
MEINUNG
Er kann einem ja schon fast leidtun. Charles wird gekrönt, doch die Herzen fliegen ihm nicht zu. Es ist fast wie in der Erfolgsserie „The Crown“: Das Kind Charles tut vielen Serienfans leid, der erwachsene Charles wirkt auf viele wie ein mieser Charakter. Und jetzt in der Realität das pompöse Ereignis um König Charles III.
Charles‘ Krönung ist doch eine Farce!
Warum?
Erstens: Das britische Königshaus steht auch für britischen Kolonialismus. Charles‘ Mutter Queen Elizabeth hat nicht nur von den Plünderungen und der rassischen Ausbeutung profitiert. Zur Erinnerung: Barbados hatte die Queen als Staatsoberhaupt abgesetzt. In Indien und Pakistan wirken noch heute die wirtschaftlichen, geografischen und kulturellen Auswirkungen des britischen Kolonialismus. Die Karibikinseln St. Kitts und Nevis, die den gleichnamigen Inselstaat bilden, haben erst zuletzt echte Unabhängigkeit erreicht - nach jahrhundertelanger Einmischung durch die Royals.

Und auch der Rassismus vor der eigenen Tür ist längst nicht verjährt. Meghan, ehemals Herzogin von Sussex, wurde nicht nur von der britischen Regenbogenpresse in die Knie gezwungen, sondern auch von ihrer eigenen angeheirateten Familie. Wer Meghans Äußerungen über ihre rassistischen Erfahrungen in Großbritannien oder über das Gerede im Palast über die Hautfarbe ihres damals ungeborenen Sohnes Archie als reinen Verrat und Lügen abtut, hat aus dem allgegenwärtigen Problem nichts gelernt. Laut des ehemaligen Londoner Antiterrorbeauftragten Neil Basu erhielt sie sogar Todesdrohungen. Charles und Co. gingen nicht dazwischen. Im Gegenteil.

Mit dieser Geschichte und Gegenwart ist der Name Charles eng verknüpft
Doch nicht nur das.
Zweitens: Die Herzen fliegen Charles einfach nicht zu. Die beliebtesten Royals sind nach wie vor Herzogin Kate vor ihrem Ehemann Prinz William. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa ergab für Deutschland, dass lediglich 57 Prozent der Deutschen König Charles sympathisch finden. Camillas Wert schmiert noch mehr ab (40 Prozent). Und: Neue Souvenirs mit Charles und Camilla für viel Geld reichen der toten Queen nicht das Wasser. Die Artikel der ehemaligen Monarchin machen trotzdem den größten Absatz aus.
Charles hätte Größe zeigen und seinem Sohn den Vortritt lassen sollen. Er hat lange gewartet. Aber bei allem Respekt: Jetzt ist Charles mit 74 Jahren eh längst Rentner. Und wir haben sowieso ein Problem mit zu vielen alten weißen Männern in Führungspositionen und an der Macht.

Apropos und damit drittens: Macht hat der britische Monarch keine mehr. Menschen in 43 Ländern von weltweit gut 200 leben derzeit in einer Monarchie. Die meisten sind Monarchien mit Verfassung, Volksvertreter:innen, Ministerpräsident:in. Absolute Monarchien mit Alleinherrschern gibt es in Staaten wie Brunei, Vatikanstaat, Saudi-Arabien, Eswatini, Katar und Oman. Ausgerechnet der moderne Westen und Westeuropa mit Spanien, den Niederlanden, Belgien, Skandinavien und eben Großbritannien leisten sich auch noch Königshäuser - ohne Macht und für rein repräsentative Zwecke.
Warum? Für die Bespaßung des älteren Semesters, das Charles und Camilla an der Straße zuwinkt, das sich am Fernsehen gern die fünf- bis sechsstündigen Livesendungen reinzieht und das sich voller Nostalgie und Vorfreude auf den Klatsch und Tratsch in Magazinen, die keiner braucht, an den Gerüchten und Geschichten im Königshaus labt?

Charles und Camilla gehen den falschen Weg
Manche mögen wie gesagt meinen: Der Charles tut mir fast leid, der arme Kerl. Da muss er schon so lang auf seine Krönung warten und wird wohl niemals den Kultstatus seiner Mutter erreichen. Ich sage: Nach der Queen wäre ein Schlussstrich das einzig Richtige gewesen. Und wenn es schon sein muss, aus falscher Tradition oder was auch immer, wäre zumindest mal die jüngere Generation an der Reihe gewesen.
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