9-Euro-Ticket für immer? Der „9-Euro-Fonds“ will Strafen fürs Schwarzfahren übernehmen – für 9 Euro pro Monat

Die Initiative „9-Euro-Fonds“ will Bußgelder übernehmen, wenn Menschen beim Schwarzfahren erwischt werden - für 9 Euro pro Monat. Illegal ist Schwarzfahren natürlich trotzdem.
Das günstige Bahnfahren hat ein Ende. Schade, finden viele. Einigen Menschen hat das 9-Euro-Ticket neue Dinge ermöglicht, etwa eine erste große Reise. Auf Twitter geht währenddessen ein Post zum „9-Euro-Fonds“ viral. Die Initiative dahinter macht Hoffnung, dass der Traum vom 9-Euro-Ticket weiterlebt. Beim 9-Euro-Fonds zahlst du den Initiator:innen zufolge jeden Monat 9 Euro – so wie in den vergangenen drei Monaten. Im Gegenzug werden die Kosten für deine Bußgelder übernommen, wenn du beim Schwarzfahren im Öffentlichen Nahverkehr erwischt wirst - so das Versprechen.
DIY 9-Euro-Ticket: „Wenn die Regierung es nicht schafft, müssen wir es eben selbst machen“
Am Mittwoch, 31. Juli, ist der 9-Euro-Fonds online gegangen. Auf Twitter hat die Initiative innerhalb von zwei Tagen schon über 18.000 Follower:innen sammeln können. Laut „Fonds“-Sprecherin Leo Maurer (Pseudonym) melden sich außerdem aktivistische Bündnisse, die mitmachen wollen. Und das Wichtigste: Es haben sich bereits über 1.000 Mitglieder:innen gefunden, die monatlich 9 Euro zahlen wollen.
Maurer selbst hat den 9-Euro-Fonds mit einer kleinen Gruppe mitgegründet. Das Ziel der Aktion sei, das 9-Euro-Ticket zu erhalten. „Wenn die Regierung es nicht schafft, innerhalb von drei Monaten nach so viel Zuspruch das 9-Euro-Ticket nicht zu verlängern, müssen wir es als Gesellschaft eben selbst machen“, sagt sie. Mit den 9-Euro-Beiträgen und anderen Spenden sollen die Schwarzfahr-Bußgelder beglichen werden. Das gilt auch demnach auch dann, wenn du mehrmals erwischt wirst. Maurer ist zuversichtlich, dass die Finanzierung funktionieren wird – selbst wenn sich eine große Menge an Bürger:innen anschließt. „Langfristig ist das 9-Euro-Ticket aber natürlich Aufgabe der Regierung.“
Am Mittwoch war der letzte Tag mit dem 9-Euro-Ticket. Hier erfährst Du, wie es jetzt weitergeht.
Ist Schwarzfahren nicht illegal?
Um die Frage einfach zu beantworten: Ja, Schwarzfahren ist illegal. Wer ohne Ticket Bus und Bahn fährt, macht sich wegen „Erschleichen von Leistungen“ strafbar. Das bestätigt uns auch die Berliner Polizei. Die Höhe des Bußgeldes variiert je nach Bundesland.
Die Organisator:innen betonen auf ihrer Website, dass sie explizit nicht zum Schwarzfahren auffordern. Wer nicht schwarzfahren möchte oder schon ein Monatsticket hat, kann den Fonds trotzdem mit Spenden unterstützen. Dennoch regt die Aktion natürlich dazu an, schwarz zu fahren. Zu dem Thema hat der 9-Euro-Fonds laut Maurer eine klare Meinung: „Es ist ein Skandal, dass Mobilität ohne Fahrschein überhaupt geahndet wird.“
Sticker mit der Aufschrift „Ich fahre ohne Fahrschein.“
Der 9-Euro-Fonds fordert seine Mitglieder dazu auf, sich beim Bahnfahren einen Sticker auf die Brust zu kleben. Auf der Website kann man ihn herunterladen. Auf dem Sticker steht: „9EuroFonds.de #9EuroTicketbleibt. Ich fahre ohne Fahrschein.“ Die Idee sei an die „Rote-Punkt-Aktion“ in den Jahren 1968 bis 1971 angelehnt, so Sprecherin Maurer. Damals haben sich Autofahrer:innen einen roten Punkt ans Auto geklebt, um Menschen mitzunehmen, die die teuren Bahnpreise nicht bezahlen können.
Der Sticker könne davor bewahren, sich strafbar zu machen, heißt es weiter auf der Website. Das Schwarzfahren könnte dann nämlich als Protest gewertet werden. „Darauf verlassen solltest du dich aber nicht“, wird hinzugefügt.

Das Ziel: Ein langfristiges 9-Euro-Ticket
Die Organisator:innen des 9-Euro-Fonds wollen dir nicht nur eine billige Fahrt ermöglichen, sie verfolgen auch ein politisches Ziel: eine dauerhafte Einführung des 9-Euro-Tickets. Das 9-Euro-Ticket wurde insgesamt 52 Millionen Mal verkauft. Wenn so viele Menschen wie möglich mitmachen, sei die Politik gezwungen, das 9-Euro-Ticket fortzuführen. So die Hoffnung des 9-Euro-Fonds. Warum? „Weil das 9-Euro-Ticket ein soziales Ticket ist, wie wir es in den letzten Jahrzehnten nicht hatten“, sagt Maurer.
Neben dem Tankrabatt war das 9-Euro-Ticket Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung. „Millionen Menschen hatten diesen Sommer die Möglichkeit, mobil zu sein und überall hinzukommen.“ Neben einem langfristigen 9-Euro-Ticket fordert die Initiative, dass der Öffentliche Nahverkehr ausgebaut wird. „Erst dann ist es ein Ticket für alle. Für alle Menschen und für das Klima“, sagt Maurer.
Die Forderungen des 9-Euro-Fonds auf einen Blick:
- Dauerhafte Einführung des 9-Euro-Tickets
- Öffentlichen Nahverkehr ausbauen: Angebot von Bus und Bahn soll bis 2030 verdoppelt werden
- Faire Löhne und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Nahverkehr
- 100.000 Neueinstellungen im Personal und 70.000 in Ausbau und Modernisierung
- Abschaffen des Diesel- und Dienstwagenprivilegs (mehr als 12 Mrd.€/Jahr): Im Moment sparen Dieselfahrer:innen gegenüber Benzinkund:innen noch rund 18 Cent pro Liter. Dienstwagen werden steuerlich vergünstigt.
Endlich entspannt zur Schule fahren, freut sich eine ärmere Schülerin
Die Reaktionen auf den 9-Euro-Fonds sind laut Maurer hauptsächlich positiv. Ein Mädchen schrieb auf Twitter etwa eine Nachricht, dass sie deshalb auf dem Schulweg keine Angst haben müsse. Durch finanziellen Probleme fährt sie jeden Tag schwarz. „Ich find‘s so geil, was ihr macht“, schreibt sie.