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AfD: Das solltest du über die Partei und ihre Geschichte wissen

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Von: Jana Stäbener

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Die AfD darf laut Gerichtsurteil vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Wie kam es dazu? Hier die Geschichte der Partei im Schnelldurchlauf.

Berlin ‒ Seit 2017 ist die noch relativ junge Alternative für Deutschland (AfD) im Bundestag vertreten. 2022 zog sie erneut mit 10,3 Prozent in das deutsche Parlament ein. Die Politik der Partei und ihrer verschiedenen Landesverbände wurde seit der Gründung jedoch immer wieder für rechtsextreme Tendenzen kritisiert. Wir haben die Geschichte der Partei noch einmal für euch aufbereitet.

NameAlternative für Deutschland (Abkürzung: AfD)
ParteiführungTino Chrupalla, Alice Weidel, Stephan Brandner, Beatrix von Storch, Alexander Gauland
Gründung6. Februar 2013
GründerBernd Lucke, Alexander Gauland, Konrad Adam
Grundwerteeuro-kritisch, rechts-konservativ, in Teilen rechts-extrem

AfD: Wer hat sie gegründet?

Laut der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) spielte Volkswirtschaftsprofessor Bernd Lucke eine Schlüsselrolle in der Gründung der AfD. Er hatte bereits 2010 ein „Plenum der Ökonomen“ ins Leben gerufen, das eurokritische Menschen zusammenbrachte. Mit der immer präsenter werdenden Euro-Rettungspolitik entwickelte das Forum zunehmend politische Kraft.

Als die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel 2010 direkte Finanzhilfen an Griechenland zusicherte und dies als „alternativlos“ bezeichnete, riefen Bernd Lucke, Alexander Gauland und Konrad Adam die „Wahlalternative 2013“ in Kooperation mit den „Freien Wählern“ ins Leben. Weil diese Zusammenarbeit nicht funktionierte, gründeten sie kurz darauf die „Alternative für Deutschland“.

AfD Wahlprogramm: Wofür steht die Partei?

Zu ihren Anfangszeiten stand die Partei hauptsächlich für die Auflösung der Währungsunion und setzte sich dafür im Europaparlament ein, in das sie 2014 einzog. Trotzdem bezog sie schon damals konservative Positionen in der Familien-, Geschlechter- und Zuwanderungspolitik, was Expert:innen auch auf die Sarrazin-Debatte zurückführen. Je mehr sich die öffentliche Diskussion vom Euro wegbewegte, desto mehr wandte sich die AfD der Migrationspolitik zu. Die Partei veränderte ihre Ausrichtung vom Wirtschaftsliberalismus zum Nationalkonservatismus bis hin zum Rechtsextremismus.

Im AfD Wahlprogramm von 2021, das den Namen trägt „Deutschland. Aber normal“ nennt die Partei immer noch den Austritt aus der Währungsunion als ein großes Ziel. Sie spricht außerdem von einem „Europa der Vaterländer“ in dem Deutschland keine Steuern an die EU zahlt. In Sachen Migrationspolitik schreibt die AfD in ihrem Wahlprogramm, sie wolle das „Asylparadies Deutschland schließen“ und betitelt ein Kapitel mit der Überschrift „Das Geschlecht ist eine biologische Tatsache“. Um die „Zerstörung des Rechtsstaats“ abzuwenden, schlägt die „Alternative für Deutschland“ unter anderem Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild vor.

Die AfD und Corona

In der Corona-Pandemie nimmt die AfD eine klare Position gegen die verpflichtende Impfung ein und bezeichnet die Maßnahmen gegen Corona als „unverhältnismäßig“. Sie schreibt in ihrem Wahlprogramm von 2021 davon, einen parlamentarischen Corona-Untersuchungsausschuss zu gründen.

Immer wieder fiel die Partei durch Politiker:innen auf, die Bezüge zur Querdenkerbewegung hatten. Eine von ihnen ist Andrea Haberl, ehemalige AfD-Funktionärin des Kreisverbands Freising-Pfaffenhofen. In einer Sprachnachricht, die sich im April 2021 auf Telegram verbreitete, spricht sie laut BR24 unter anderem von einem Systemsturz als einzige Option. Im Mai 2021 trat sie laut Pfaffenhofener Kurier aus der Partei aus.

Die Geschichte der jungen Partei „Alternative für Deutschland“

Durch gute Beziehungen in die mittelständische Wirtschaft konnte die „Alternative für Deutschland“ vergleichsweise schnell wachsen und zählte schon 2013 über 10.000 Parteimitglieder in ganz Deutschland. Bei der Bundestagswahl 2013 und der Landtagswahl in Hessen verfehlte die Partei AfD den Einzug in die Parlamente. Den ersten großen Erfolg in ihrer Geschichte feierte sie 2014, als sie mit 7,1 Prozent der Stimmen in das Europaparlament einzog.

Die 2015 beginnende Flüchtlingskrise und islamistische Terroranschläge in Paris, Brüssel, Nizza und Berlin im Jahr 2016 spielten der „Alternative für Deutschladn“ in die Hände. Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erreichte die AfD im März 2016 mit 15,1 und 12,6 Prozent das erste Mal Werte im zweistelligen Bereich. Bei den Landtagswahlen im Frühjahr (Saarland, Nordrhein-Westfalen) erzielte sie schlechtere Ergebnisse als 2016, schaffte aber im Herbst den Sprung in den Bundestag und überholte bei der Bundestagswahl mit 12,6 Prozent FDP, Linke und Grüne.

Ein AfD-Wähler trägt eine blaue Kappe mit dem Logo der Alternative für Deutschland. Ein Überblick über die Geschichte der Partei AfD.
Laut Gerichtsurteil aus Köln darf die AfD weiter als Verdachtsfall eingestuft werden. © Monika Skolimowska/dpa

Bei der letzten Bundestagswahl im September 2021 verlor die AfD einige Stimmen und brachte es auf 10,3 Prozent, das sind 83 Sitze im Bundestag. Nach Angaben der ARD ist die Zahl der AfD-Mitglieder im Jahr 2020 erstmals seit 2015 gesunken. Im Januar 2021 sprach ein Parteisprecher von 32.000 Mitgliedern, im Vorjahr waren es noch 34.750.

AfD-Politiker radikalisieren sich immer weiter

Im Laufe der Jahre wandelte sich die anfängliche Ausrichtung der AfD von wirtschaftsliberal und nationalkonservativ zu offen rechtsextrem. So schrieb der Thüringer Landesvorsitzende Björn Höcke 2015 seine „Erfurter Resolution“, in der er den gemäßigten Kurs der Parteispitze offen kritisierte. Der „Flügel“ der „Alternative für Deutschland“ war geboren. Die Spannungen in der Partei nahmen weiter zu und gemäßigtere Vertreter wie Bernd Lucke wurden abgewählt. Mit ihm verließen andere Akteure des wirtschaftsliberalen Flügels wie Henkel die Partei ‒ insgesamt rund ein Fünftel der damaligen Mitglieder. Nachdem AfD-Politiker Lucke von der Bildfläche verschwunden war, übernahmen Jörg Meuthen und Frauke Petry die Parteiführung.

AfD: Wer gehört zum Flügel?

Als Flügel wird die völkisch-nationalistische, rechtsextreme Strömung der AfD bezeichnet, die Björn Höcke (Thüringen) 2015 begründete. Weitere zentrale Akteure in der Bewegung sind Hans-Thomas Tillschneider (Sachsen-Anhalt) und Andreas Kalbitz (Brandenburg). Dem Flügel fühlen sich Schätzungen des Verfassungsschutzes nach rund 30 Prozent der AfD-Mitglieder zugehörig.

Dem Flügel wird Zusammenarbeit mit der als islam- und fremdenfeindlich eingestuften Pegida, sowie Kontakte zur NPD und zur „Neuen Rechten“ vorgeworfen. Nachdem der Verfassungsschutz die Bewegung im März 2020 als „gesichert rechtsextremistisch“ einstufte, erwirkte der damalige Parteichef Meuthen die formelle Auflösung des Flügels ‒ die meisten Flügel-Anhänger bleiben jedoch Teil der Partei.

Immer wieder stritt sich der Bundesvorstand und die einzelnen Landesverbände der AfD darüber, ob der Flügel und seine Anhänger von der Partei ausgeschlossen werden sollen. Petry führte 2015 ein Parteiausschlussverfahren gegen Björn Höcke, das schon Lucke angestoßen hatte. 2018 wurde das Verfahren vom Thüringer Landesschiedsgericht eingestellt. Die Radikalisierung der Partei nahm seitdem stetig zu. Frauke Petry verlor 2017 die Wahl zur Fraktionsvorsitzenden und trat aus der Partei aus. Ihre Nachfolge traten neben Meuthen Alice Weidel und Alexander Gauland an, später folgte Tino Chrupalla.

Große Aufmerksamkeit erregte der Austritt des langjährigen Parteichefs Jörg Meuthen im Januar 2022. So wie sich die Partei entwickle, gebe er „dem ganzen Projekt keine Zukunft mehr“, sagte er in einem Interview bei WDR5. Auch er hatte die rechtsextremen Strömungen immer kritisch betrachtet und den sogenannten Flügel seiner Partei im März 2020 offiziell aufgelöst ‒ was ihm einiges an Gegenwind einbrachte. Zu seinem Austritt sagt er, dass er daran gescheitert sei, die Partei auf dem freiheitlich-konservativen Weg zu halten und mittlerweile eine klare rechte Ausrichtung sehe, die er nicht mehr mittragen will.

Die AfD und der Verfassungsschutz: A never ending story

Am 15. Januar 2019 wurde bekannt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die AfD als sogenannten Prüffall einstufte. Seitdem wirft er ein Auge auf verschiedene Landesverbände und Organisationen der „Alternative für Deutschland“, so auch den „Flügel“, den er im März 2020 als „gesichert rechtsextremistisch“ bezeichnete. Folgende Landesverbände werden vom Verfassungsschutz beobachtet:

Als der Verfassungsschutz die gesamte Partei als Verdachtsfall einstufte, klagte die AfD gegen diese Beobachtung und erwirkte im März 2021 vor dem Verfassungsgericht Köln das vorläufige Ende der Beobachtung als Verdachtsfall. Bis die Anträge der Partei geprüft wären, dürfe das Bundesverfassungsgericht bei der AfD nicht von einem „Verdachtsfall“ sprechen und die Partei nicht weiter beobachten.

Im März 2022 änderte sich die Situation, als das Verfassungsgericht Köln entschied: Die Gesamtpartei „Alternative für Deutschland“ darf vom Verfassungsschutz nun mit nachrichtendienstlichen Mitteln (Telefone abhören, V-Leute einsetzen, Mails mitlesen) beobachtet werden. Die Entscheidung ist eine absolute Neuheit in der deutschen Parteiengeschichte und dürfte die Mitgliederzahl der AfD in den kommenden Jahren und Monaten noch weiter sinken lassen.

Warum ist die AfD im Osten so stark?

Diese Frage stellt sich vor allem dann, wenn man die beobachteten Landesverbände der AfD sieht. Sie alle liegen in Ostdeutschland. Gleichzeitig ist die AfD in den neuen Bundesländern mit rund 19 Prozent mehr als doppelt so viel Sitzen in den Landtagen vertreten. Im Osten wählen die „Alternative für Deutschland“ mehr Menschen als im Westen. Aber wieso ist die „Alternative für Deutschland“ in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt so stark?

Es ist nicht leicht, diese Frage zu beantworten. Aber: Viele Politikwissenschaftler:innen vermuten, es liegt vor allem daran, dass sich die ostdeutschen Bundesländer seit der Wiedervereinigung vom Westen abgehängt fühlen. Eine Partei wie die AfD verspricht eine Alternative, eine Auflehnung gegen die Bundesregierung, die vor allem Menschen im Osten immer noch mit der BRD vor 1989 verknüpfen.

Mit ihren Versprechen zur Erneuerung des Rechtsstaates und Wahlversprechen, die „deutsche Staatsbürger:innen“ in den Mittelpunkt stellen, trifft die Partei vor allem bei den Wähler:innen genau den richtigen Nerv, die sich von der Politik bisher nicht miteinbezogen fühlen.

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