Scholz nennt AfD „Partei Russlands“: 12 Beispiele, warum er damit wohl richtig liegt
Olaf Scholz bezeichnete die AfD als „Partei Russlands“. Was meint er damit? BuzzFeed News sammelt 12 Beispiele, die zeigen, was an der Aussage dran ist.
Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Alternative für Deutschland (AfD) in einer Regierungsbefragung am Mittwoch als „Partei Russlands“. Laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) reagierte er damit auf eine Frage des AfD-Abgeordneten Steffen Kotré, der die Sanktionen gegen Russland hinterfragte und die Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland forderte.
Einen Tag später trendet auf Twitter #Partei Russlands. Twitter-Nutzer:innen diskutieren wild, ob die AfD tatsächlich die „Partei Russlands“ ist. Wir von BuzzFeed News Deutschland sammeln 12 Beispiele, die zeigen, dass Scholz mit seiner Aussage vermutlich recht hat.

„AfD Partei Russlands“: Scholz reagiert auf Vorschlag von Steffen Kotré zu Nord Stream 2
Laut dpa ist die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die die AfD wieder in Betrieb nehmen will, fertiggestellt. Das Genehmigungsverfahren wurde jedoch kurz vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine auf Eis gelegt. Die Gaslieferung über die parallel verlaufende Leitung Nord Stream 1 hat Russland bereits gedrosselt.
Scholz genaue Antwort auf Steffen Kotrés Frage war: „Ich halte fest: Die AfD ist nicht nur eine rechtspopulistische Partei, sondern auch die Partei Russlands.“ Er betonte, dass Deutschland sich auf den Verzicht auf russisches Öl und Gas vorbereite und dafür auch die notwendige Infrastruktur errichte. „Das ist wirkliche Energiesicherheit für Deutschland im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger.“
Auf Twitter schießen einige gegen die SPD zurück – sie sei auch eine „Partei Russlands“
Der Vorwurf auf Twitter ist nun jedoch: Scholz mache sich mit seiner Aussage lächerlich, weil auch die SPD enge Kontakte zu Russland gehabt habe. Ganz besonders der Altkanzler Gerhard Schröder stand aufgrund seiner russischen Kontakte und Posten in verschiedenen russischen Energieunternehmen in der Kritik. Er reiste Anfang März 2022 mit seiner Frau So-yeon Schröder-Kim nach Moskau, um im Alleingang den Ukraine-Krieg zu beenden. So-yeon Schröder-Kim postete von dem Besuch auf Instagram ein Bild, wie sie aus dem Fenster schaute und betete. Hier 15 gephotoshoppte Bilder, die erklären, wofür So-yeon Schröder-Kim in Moskau beten könnte.
Julian Reichelt twittert zu Scholz Aussage: „Die Partei Russlands ist die SPD.“ Über 2000 Menschen liken seinen Beitrag, der gegen die SPD schießt. Manche sprechen ihm in den Kommentaren Zustimmung aus, denn es sei nicht die AfD gewesen, die „uns von Russland abhängig gemacht, die Meinungsfreiheit eingeschränkt, die Cancel Culture hoffähig gemacht und das Land gespalten“ habe, schreibt ein:e User:in. Auch andere Twitter-User kritisieren Scholz Aussage zur AfD – meist AfD-Mitglieder, wie beispielsweise Bernhard Zimniok, EU-Abgeordneter aus München. Er schreibt: „Wer sich für deutsche Interessen einsetzt, wird als rechtspopulistisch und Partei Russlands diffamiert. Und das vom Bundeskanzler. Eindrucksvoller könnte man den desolaten Zustand der Bundesregierung kaum darstellen.“
Mehr zu AfD-Themen: „Die Nazis sind raus!“: AfD fliegt in Schleswig-Holstein aus dem Landtag - das wird auf Twitter gefeiert.
12 Beispiele, die zeigen, warum Scholz die AfD als „Partei Russlands“ bezeichnet
Ja, auch die SPD führte in der Großen Koalition gemeinsam mit der CDU langjährige Beziehungen zu Russland. Angela Merkel steht in ihrem ersten Interview nach Ende ihrer Kanzlerschaft jedoch zu ihrer Russland-Politik – trotz Ukraine-Krieg. Hier 4 Antworten, die Angela Merkels erstes Interview nach ihrer Amtszeit perfekt zusammenfassen.
Im Gegensatz zur SPD äußern sich Politiker:innen der AfD jedoch auch nach Russlands Angriff auf die Ukraine Russland-freundlich. Viele AfD-Mitglieder sind für ihre engen Kontakte nach Russland allgemein bekannt. Wir zeigen 12 Beispiele, an denen erkennbar wird, warum die AfD als „Partei Russlands“ bezeichnet wird.
1. In diesem Interview des Morgenmagazins spricht Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag und mittlerweile Co-Parteichefin, davon, dass Russland den Krieg nur deswegen begonnen habe, weil das Land „gekränkt“ worden sei. Die Ukraine bezeichnet sie als „das Problem“ im Ukraine-Konflikt.
Trotz dieser Aussage Alice Weidels beim Morgenmagazin verurteilte die AfD-Spitze den Angriff auf die Ukraine. Am Tag der Invasion Russlands veröffentliche die Partei laut dpa folgendes Statement: „Das gewaltsame, die territoriale Integrität der Ukraine verletzende Vorgehen Russlands wird vom Bundesvorstand der Alternative für Deutschland uneingeschränkt verurteilt.“
2. Ihr Kollege und ebenfalls Fraktionsvorsitzender der AfD im Bundestag, Tino Chrupalla, teilte vor etwa einem Jahr einen Tweet, in dem er Russland als „wichtigen Markt für unsere Wirtschaft“ bezeichnet. Von ihm würden deutsche Firmen profitieren können. Deswegen forderte er „Schluss mit den Russland-Sanktionen!“
3. Zur gleichen Zeit unternahm Tino Chrupalla eine Reise nach Russland und trat bei einer umstrittenen Konferenz auf.

Die dpa berichtete Ende Juni 2021 darüber, dass Tino Chrupalla auf der Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit (MCIS) als einer der „herausragenden Politiker“ Deutschlands empfangen wurde. Im Dezember 2020 schon habe Chrupalla den russischen Außenminister Sergej Lawrow zum Gespräch getroffen.
In der Moskauer Konferenz beklagte Chrupalla laut dpa, dass die AfD von den „Systemmedien“ in Deutschland ausgegrenzt werde. Er relativiert damit das international kritisierte Vorgehen gegen Andersdenkende in Russland, die Ziele von Mordanschlägen werden oder im Straflager landen.
4. Kurz bevor der Krieg in der Ukraine am 24. Februar 2022 offiziell begann, twitterte Gunnar Lindemann, der als AfD-Politiker Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses ist, dass die Menschen im Donbass die Anerkennung ihrer Republik durch Russland feiern würden. Gunnar Lindemann ist für seine Kremltreue bekannt.
Immer wieder sieht man im Ukraine-Krieg das Symbol „Z“. Mit dieser Markierung zeigen sich Putin-Treue auch im Netz – was bedeutet sie?
5. Maximilian Krah ist Mitglied des Europäischen Parlaments und Mitglied der AfD. Er spricht in einem Tweet davon, dass die Ukraine „kein Vorbild, sondern ein failed state“ sei und wiederholt damit genau die imperialistische Argumentation, die auch Russland bedient. Es fährt fort: „Zukunft hat die Ukraine nur in Partnerschaft mit Russland, schon aus historischen, ethnischen und geografischen Gründen.“
Hier ein Kommentar dazu, dass die AfD gegen Angela Merkel vor Gericht gewann – kein guter Tag für die Demokratie, findet unser Autor.
6. Auch Hans-Thomas Tillschneider, kulturpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Magdeburger Landtag, twitterte zu Kriegsbeginn Dinge wie: „‚Russland greift an!‘“, schreibt die Tagesschau. Falsch. Russland verteidigt sich!“ Den Tweet löschte er sehr schnell wieder, es wurden aber vielfach Screenshots davon gemacht.
In einem Facebook-Post schrieb Tillschneider zu dieser Zeit außerdem: „Frieden mit Russland sichert uns bezahlbare Energie [...] Deshalb: Die legitimen Sicherheitsinteressen Russlands müssen akzeptiert werden.“
7. Der Landtagsabgeordnete Jörg Dornau aus Grimma propagierte auf Instagram offen den russischen Sender Russia Today (RT) als Quelle und behaupte, dieser werde in der Bundesrepublik Deutschland unterdrückt. (Die Quelle berichtet von angeblichen Nazis, die bei pro-ukrainischen Demonstrationen mitlaufen würden.)
8. In Moskau nahm der AfD-Politiker Stefan Kreuter an einer Konferenz mit dem Titel „Wirtschaft gegen Sanktionen“ teil und ließ sich dort darüber aus, dass Russland in Deutschland als „böse“ dargestellt werde.

Die Tagesschau berichtete im Mai über Stefan Keuters Teilnahme an dieser Moskauer Konferenz. Der AfD-Bundestagsabgeordnete sei per Videocall zugeschaltet worden, heißt es. Der Sendung Kontraste liege eine Aufzeichnung seines Auftritts vor. Er soll gesagt haben: „Deutschland unterstützt die Ukraine ganz offensichtlich nicht nur mit humanitärer Hilfe, sondern auch auf vielfältige andere Weise. (…) Das heißt, die Medien erzählen uns einerseits von den bösen Russen und andererseits vom verrückten Präsidenten und von den armen Opfern. Das ist kein Journalismus, das ist reine Propaganda.“
Keuter sprach laut Tagesschau auch davon, dass diese „Propaganda“ weitere Sanktionen anregen würde. Er stellte in Moskau die These in den Raum, dass die Deutschen sich für die USA einsetzen würden und nicht für das eigene nationale Interesse. Auf Anfragen von Kontraste antworteten Keuter und seine Fraktion damals nicht.
9. Martin Reichardt, Familienpolitischer Sprecher der AfD im Bundestag, twitterte am 7. März 2022, dass der Ukraine-Krieg nur Mittel zum Zweck sei und die Ampel-Koalition „nützliche Idioten des westlichen Globalismus“ seien. Die Ukraine wiederum sei „verlogen“, schreibt Reichardt und positioniert sich damit klar auf der Seite Russlands.
10. In einer Debattenrunde mit dem Titel „Hat das Abendland eine Zukunft?“ diskutieren mehrere AfD-nahe Personen, darunter auch Hans-Thomas Tillschneider und Maximilian Krah. Sie kommen auch auf Putin zu sprechen...
Hans-Thomas Tillschneider äußert sich im YouTube-Video sehr deutlich zu Putin. Er sagt über ihn, dass er „ein echter Kerl, ein richtiger Mann mit gesundem Wertegerüst“ sei. Der US-Präsident Joe Biden hingegen sei eine „giftige alte Kröte“. Er fährt fort: „Ich würde mir wünschen, wir könnten mit unserer Vergangenheit so umgehen, wie Russland mit seiner Vergangenheit umgeht. (...) Das halte ich für nachahmenswert. Das ist genau die Gegenthese zu unserer Zerknirschung.“
11. Bundestagsabgeordneter Eugen Schmidt (AfD) spricht in russischen Medien auch darüber, dass andersdenkende Deutsche hierzulande unterdrückt würden.

Dies berichtete die Tagesschau im März 2022. In einem Interview auf der Webseite des russischen Radio-Senders „Komsomolskaja Prawda“ sagte der AfD-Politiker laut Tagesschau: „Es gibt keine Demokratie in Deutschland. Das heißt, es wird eine einheitliche Meinung aufgedrängt, und zwar von der regierenden Elite, und alle anderen politischen Meinungen werden mit allen möglichen Mitteln unterdrückt: im Internet, in den Medien, unter anderem auch durch körperliche Übergriffe auf Andersdenkende.“
Der Politologe Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sagte der Sendung Kontraste, die Schmidts Auftritt recherchiert hatte, dass Schmidt sich mit seinen Äußerungen in den Dienst der russischen Staatspropaganda stelle. „Damit spielt man letztlich auch Putin in die Hände. Und natürlich wird auch Deutschland in der Welt und in Russland diskreditiert. Es diskreditiert Deutschland als Demokratie und als ein Land, wo es eben im Gegensatz zu Russland freie Medien gibt“, so Meister laut Tagesschau.
12. Eine Recherche des Bayrischen Rundfunks zeigt: Auch bayrische Funktionäre der AfD wie Rainer Rothfuß werden als „Geopolitiker und Berater“ im russischen Staatsfernsehen gezeigt.

Ende März veröffentlichte der Bayrischer Rundfunk (BR) einen Artikel zur AfD in Bayern, die auf Moskaus Linie sei. Am selben Tag, an dem in der Ukraine mit Cherson die erste ukrainische Stadt an Russland fiel, sei Rainer Rothfuß beim Sender NTV zu Gast gewesen, berichtete der BR. Rainer Rothfuß ist stellvertretender Landesvorsitzender der AfD in Bayern. Er habe bei NTV an diesem Tag gesagt: „Der Westen muss verstehen, dass Russlands geopolitische Interessen ignoriert wurden. Es ist klar, dass der Staat aufsteht, um seine Sicherheit, seine Interessen zu schützen.“
Doch das soll nicht der erste Auftritt von Rothfuß im russischen Fernsehen gewesen sein. Laut BR rechtfertigte er bereits in der Vergangenheit die Annexion der Krim und die Anerkennung der Teilrepubliken im Donbass. Er hatte mehrere Auftritte bei RT (Russia Today) oder bei NTV, ein Sender, der laut Informationen des BR dem staatlichen Gaskonzern Gazprom gehört.
Umfrage: Wer AfD wählt oder ungeimpft ist, glaubt öfter an Verschwörungstheorien zum Ukraine-Krieg.