10 Dinge, die zeigen, wo die AfD nach zehn Jahren steht (Spoiler, links ist es nicht)
Heute vor zehn Jahren wurde die AfD gegründet. Die Partei lehnt es weiterhin ab, als rechtsextrem eingestuft zu werden. Hier zehn Beispiele, die zeigen, wo die AfD heute steht.
Am 6. Februar 2023 feiert die AfD ihr zehnjähriges Bestehen. Bei einer Veranstaltung im hessischen Königsstein werden nach am Abend Angaben eines Sprechers etwa 300 Parteimitglieder erwartet, darunter die beiden Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla. Eine Rede wird auch vom Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland erwartet. Rund um die Veranstaltungshalle in dem Kurort wollen verschiedene Verbände, Gewerkschaften und Parteien demonstrieren. Nach Polizeiangaben wurden „mehrere Gegenversammlungen“ angemeldet.
In der AfD sehe man eine große Bedrohung für die Demokratie, heißt es in einem Aufruf mehrerer Gruppen zu der Protestkundgebung. Beteiligen wollen sich unter anderem Vertreter der Grünen. Deren stellvertretende Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag, Miriam Dahlke, warf der AfD vor, seit einem Jahrzehnt die demokratischen Werte mit Füßen zu treten und Hass und Hetze innerhalb und außerhalb der Parlamente zu schüren.
Diese Kritik kommt nicht von ungefähr. BuzzFeed News DE hat einige Beispiele zusammengetragen, die deutlich machen, wo diese Partei nach zehn Jahren innerparteilicher Machtkämpfe steht.
1. Gründung des „Flügels“ 2015
Der mittlerweile (nur formal) aufgelöste Flügel war eine informelle Strömung innerhalb der Partei, die 2015 mit der „Erfurter Erklärung“ begründet wurde. Darin bekundeten führende Köpfe der Partei, darunter Björn Höcke aus Thüringen, ihren Willen, die AfD zu einer „Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Identität Deutschlands“ zu machen. Die jährlich stattfindenden „Kyffhäusertreffen“ wurden zu einem zentralen Vernetzungstreffen des „Flügels“ , wo es für Journalist:innen auch durchaus gefährlich werden konnte:
2. Alexanders Gaulands Rede von der NS-Diktatur als „Vogelschiss“
Ein gern gesehener Gast auf den „Kyffhäusertreffen“ (wenn auch kein Mitglied des „Flügels“) war der langjährige Parteivorsitzende Alexander Gauland. Von ihm stammt einer der bekanntesten Aussprüche der AfD. Auf dem Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative im Juni 2018 bezeichnete er die Zeit des Nationalsozialismus als „Vogelschiss“ und relativierte damit die NS-Verbrechen. 2023 inspirierte Gauland mit diesen Worten unter dem Hashtag #KeinVogelschiss eine Kampagne zum Holocaust-Gedenken.
3. Einordnung Björn Höckes als Faschist fußt auf „überprüfbarer Tatsachengrundlage“
Einer der einflussreichsten Politiker des rechten Lagers in der AfD ist der thüringische Landesvorsitzende Björn Höcke. Das Verwaltungsgericht Meiningen entschied 2019, dass es legitim ist, Höcke als Faschisten zu bezeichnen, da dieses Werturteil „auf einer überprüfbaren Tatsachengrundlage beruht“, wie unter anderem Spiegel Online berichtete. Seitdem ist die Feststellung, dass es sich bei Höcke um einen Faschisten handelt, eine Art running Gag auf Twitter. Höcke, der 2015 angekündigt hatte, jeden gerichtlich zu belangen, der ihn als Faschisten bezeichnet, ist nicht gegen das Urteil des Verwaltungsgericht Meiningen vorgegangen.
4. Alexander Gaulands Rede von der „Coronadiktatur“
Als die Coronapandemie 2020 begann, schien die AfD zunächst unsicher, wie sie diese Krisensituation zu ihren Gunsten nutzen sollte. Im Oktober 2020 sprach dann der damalige Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland in einer Bundestagsrede sprach einer „Coronadiktatur“ und bediente damit das Wording verschwörungsideologischer und rechtsradikaler Milieus, das das Narrativ von der deutschen „Scheindemokratie“ reproduziert.
5. Höcke verwendet im Wahlkampf Wahlspruch der SA
Im Wahlkampf zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt 2021 garnierte Björn Höcke eine seiner völkischen Rede mit einer besonderen Note garniert. Gegen Ende zitierte er den Wahlspruch der nationalsozialistischen Sturm-Abteilung (SA): „Alles für Deutschland.“ Diese Verwendung einschlägiger Nazi-Sprache hatte Konsequenzen für Höcke: Der Thüringer Landtag, dem er als Fraktionsvorsitzender der AfD angehört, hob im November 2021 seine Immunität auf, damit gegen ihn ermittelt werden konnte, wie unter anderem die taz berichtete.
6. Nähe der AfD zu Putins Russland
Schon vor dem Ukraine-Krieg waren in der AfD Sympathien für das reaktionäre Russland unter Wladimir Putin zu beobachten, die seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine offenkundiger geworden sind. Politiker in der Partei bewundern die reaktionäre und antiwestliche Gesellschaft Russlands, in der zum Beispiel LGBTQIA+-Menschen zum Feind erklärt werden.
Eine Debattenrunde auf YouTube vom Frühjahr 2022, an der unter anderem der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah beteiligt war, führt das vor Augen. Krah und der ebenfalls anwesende Hans-Thomas Tillschneider, Landtagsabgeordneter aus Sachsen-Anhalt, kommen aus dem Schwärmen über Putin nicht heraus.
Tillschneider hat später auf Twitter den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine offen verteidigt. Viele andere Parteivertreter:innen machen deutlich: Die AfD ist tatsächlich die „Partei Russlands“.
7. „Stipendien“ von AfD-Abgeordneten an das neofaschistische Parteivorfeld
Seit 2020 schreiben vereinzelte Abgeordnete der AfD „Stipendien“ für junge Aktivist:innen aus, die sie von ihren Abgeordnetenbezügen finanzieren. Auf diese Weise wird „Staatsknete“, also Steuergeld, über Umwege direkt in das rechtsextreme Vorfeld der Partei geleitet und landet etwa bei Aktivist:innen der neofaschistischen „Identitären Bewegung“, wie das ZDF berichtete. Den Anfang machte Roger Beckamp, Landtagsabgeordneter aus Nordrhein-Westfalen. Weitere Abgeordnete aus dem Bundestag haben mittlerweile nachgezogen.
8. AfD seit März 2022 offiziell rechtsextremistischer Verdachtsfall
Im März 2022 entschied das Verwaltungsgericht Köln: Die AfD darf offiziell als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und damit auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht werden. Dieser Entscheidung war ein langer Rechtsstreit vorausgegangen. Die Aussicht, ein offizieller Verdachtsfall zu werden, sorgte regelrecht für Panik in der AfD. Neu war diese Situation für die Partei allerdings nicht. In Thüringen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen waren die jeweiligen Landesverbände schon vorher offizielle Verdachtsfälle der dortigen Verfassungsschutzämter.
9. Besuche prominenter AfD-Köpfe im neofaschistischen Vernetzungszentrum in Schnellroda
Seit Jahren schon beehren Vertreter:innen der AfD die „Akademien“ des neofaschistischen Schulungs- und Vernetzungszentrum im sachsen-anhaltinischen Schnellroda, das als intelllektuelles Zentrum der „Neuen Rechten“ gilt. Unter den prominenten Parteiköpfen, die dort bereits referierten, finden sich unter anderem die (ehemaligen) Vorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland. Die letzte „Winterakademie“ stand gar unter dem Motto „10 Jahre AfD“ und wurde natürlich auch von Politikern der AfD besucht, darunter Hans-Thomas Tillschneider und Oliver Kirchner (Landtag Sachsen-Anhalt) sowie Roland Hartwig (Bundestag).
10. Rücktritte an der Parteispitze 2015, 2017 und 2022
Kaum etwas verdeutlicht den Marsch der AfD nach rechts so deutlich wie die Kette von Rücktritten an der Parteispitze. Zuerst nahm 2015 der Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke seinen Hut, seine Nachfolgerin Frauke Petry tat es ihm 2017 gleich. Beide gaben sich den radikaleren Kräften geschlagen. Jörg Meuthen schmiss im Januar 2022 schließlich ebenfalls hin, wie tagesschau.de berichtete. Er sprach hinterher von „totalitären Anklängen“ und stellte fest, dass „das Herz der Partei heute sehr weit rechts schlägt.“