Amoklauf in Uvalde (USA): Polizei zeigte „eklatantes Fehlverhalten“

Nur drei Minuten hätte es gedauert, den Schützen beim Amoklauf in Uvalde (USA) zu stoppen. Angeblich hat die Polizei hier gravierende Fehler gemacht.
Der Direktor des texanischen Ministeriums für öffentliche Sicherheit, Steve McCraw, kritisierte die Reaktion der Polizei von Uvalde (Texas) auf die Schießerei an der Robb Elementary School. Er bezeichnete sie als „jämmerliches Versagen und einen Widerspruch zu allem, was wir in den vergangenen zwei Jahrzehnten seit dem Columbine-Massaker gelernt haben“.
Die Schießerei am 24. Mai in der Robb-Elementary-School in Texas war eine der tödlichsten Schul-Amokläufe in der Geschichte der USA. Zwei Lehrerinnen und 19 Schüler:innen – die meisten von ihnen Viertklässler:innen – kamen dabei nur wenige Tage vor Beginn der Sommerferien ums Leben. Kurz darauf starb auch der Ehemann einer bei dem Amoklauf getöteten Lehrerin an einem Herzinfarkt.
Amoklauf USA: Detaillierter Zeitplan von Uvalde enthüllt
Während der Anhörung am Dienstag, 21. Juni 2022, im Senat des Bundesstaates gab McCraw den bisher detailliertesten Zeitplan der Schießerei wieder. Er ging Minute für Minute durch. Die Polizei habe mehr als eine Stunde gewartet, bevor sie den Schützen konfrontierte, und wich bisher allen Fragen hierzu aus. In den Tagen nach dem Angriff behaupteten Polizeibeamt:innen, sie hätten nicht sofort gehandelt, da sie glaubten, dass alle im Klassenzimmer bereits tot seien. Und das trotz der Tatsache, dass einige Kinder immer noch 911 anriefen und um Hilfe baten.
McCraw zufolge hätte die Polizei den Schützen jedoch innerhalb von drei Minuten, nachdem er in die Schule eingedrungen war, aufhalten können. Stattdessen hätte sie den Entschluss gefasst, ihrer eigenen Sicherheit den Vorrang zu geben. McCraw kritisierte insbesondere den Einsatzleiter, Pete Arredondo, Polizeichef des Uvalde Consolidated Independent School District.
„Die Polizist:innen hatten Waffen, die Kinder hatten keine“
„Drei Minuten, nachdem der Schütze das westliche Gebäude betreten hatte, waren genügend bewaffnete Beamt:innen mit Schutzwesten anwesend, um die Person zu isolieren, abzulenken und zu entwaffnen“, sagte McCraw. „Das Einzige, was die Truppe an engagierten Polizeibeamt:innen davon abhielt, die Räume 111 und 112 zu betreten, war der Einsatzleiter, der beschloss, das Leben der Polizist:innen über das Leben der Kinder zu stellen.“
„Die Polizist:innen hatten Waffen, die Kinder hatten keine. Die Polizist:innen hatten Schutzwesten, die Kinder hatten keine. Die Polizist:innen hatten eine Ausbildung, der Täter hatte keine“, fuhr McCraw fort. „Eine Stunde, 14 Minuten und acht Sekunden – so lange haben die Kinder und die Lehrer:innen in Raum 111 auf ihre Rettung gewartet.“ Nach Angaben des Texas Tribune, behauptete die Polizei, um die Verzögerung zu erklären, die Türen des Klassenzimmers seien verschlossen gewesen und sie hätten auf einen Schlüssel warten müssen.
Aber die Türen waren nie wirklich verschlossen, so McCraw. Tatsächlich konnten die Klassenzimmertüren von innen gar nicht abgeschlossen werden. „Wir sind zurückgegangen und haben in unseren Befragungen nachgehakt: ‚Hat jemand die Tür angefasst und es versucht? Wie wäre es mit: ‚Brauchen Sie einen Schlüssel?‘“, sagte er. „‘Wie wäre es, zu versuchen, die Tür zu öffnen und zu sehen, ob sie nicht verschlossen ist?‘ Und natürlich so McCraw, habe das niemand getan. Um Türen geht es auch bei diesen kuriosen Vorschlägen von Republikanern gegen Amokläufe, die nichts mit Waffen zu tun haben.
Verheerendes Fehlverhalten der Polizei während des Amoklaufs in Uvalde (Texas, USA)
Seit der Schießerei sind schockierende Details über die tödlichen Fehler der Polizei von Uvalde an die Öffentlichkeit gelangt. Nach Angaben des Texas Tribune habe das nun Forderungen nach einem Rücktritt Arredondos als Polizeichef verstärkt. Arredondo erschien am Dienstag nicht vor dem Senat des Bundesstaates, dennoch wurde von ihm erwartet, vor Vertreter:innen des Bundesstaates in einer geschlossenen Anhörung auszusagen, wie Business Insider berichtete. Während der Anhörung im Senat rügte der republikanische Senator Paul Bettencourt Arredondo für sein Fernbleiben und nannte es „abscheulich“.
„Ich fordere diesen Polizeichef auf, öffentlich auszusagen, was hier passiert ist – verstecken Sie sich nicht im Abgeordnetenhaus und reden Sie privat, kommen Sie in den Senat, wo die Öffentlichkeit von Texas Fragen stellen kann“, sagte Bettencourt. „Wir müssen verstehen, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die ihr Leben verloren haben, und mit Menschen, die gestorben sind, was meiner Meinung nach nicht nötig gewesen wäre.“
Autorin ist Julia Reinstein. Der Artikel erschien am 21. Juni 2022 zunächst auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Aranza Maier.