Studie: Fast die Hälfte der Arbeitnehmer:innen kann sich vorstellen, den Job zu wechseln
Ein aussichtsreicher Jobmarkt sorgt dafür, dass die Bereitschaft, den Job zu wechseln, steigt. Darauf müssen sich die Arbeitgeber:innen einstellen.
Die Wechselbereitschaft von Arbeitnehmer:innen in Deutschland hat zugenommen. Das geht aus dem „Gallup Germany Engagement Index“ hervor, den das Beratungsunternehmen Gallup seit 2001 jährlich erhebt. Die Zahlen für 2022 wurden am 22. März veröffentlicht. 1500 zufällig ausgewählte Arbeitnehmer:innen ab 18 Jahren aus ganz Deutschland wurden dafür telefonisch befragt.
Nur 55 Prozent sehen sich in einem Jahr noch am selben Arbeitsplatz, 18 Prozent haben innerlich gekündigt
Laut des „Engagement Index“ konnten nur noch rund 55 Prozent der Befragten der Aussage vollständig zustimmen, sie beabsichtigten, in einem Jahr noch beim selben Arbeitgeber beschäftigt zu sein. 2019 lag dieser Anteil noch bei 73 Prozent, 2018 sogar bei 78 Prozent. In den ersten beiden Corona-Jahren ab 2020 sank er dann deutlich auf rund 60 Prozent (2021). In drei Jahren sehen sich sogar nur noch 39 Prozent sicher beim selben Arbeitgeber.
18 Prozent der Befragten hätten bereits innerlich gekündigt – der höchste Wert seit 2012. Noch 2021 lag er bei 14 Prozent. Diese Arbeitnehmer:innen würden laut Gallup durch ihr bewusst geschäftsschädigendes Verhalten (active disengagement) der deutschen Wirtschaft einen jährlichen Schaden von 118,1 bis 151,1 Milliarden Euro zufügen. Eine große Mehrheit von 69 Prozent mache nur noch Dienst nach Vorschrift. Ein Phänomen, das unter dem Namen Quiet Quitting auch auf TikTok zum Trend wurde.
Führungskräfte spielen für Zufriedenheit und Motivation große Rolle
Auch mit den direkten Vorgesetzten sind viele unzufrieden. Nur 25 Prozent sind mit ihren Chefs „äußerst zufrieden“, 38 Prozent sehen in dieser Hinsicht einen „Verbesserungsbedarf“. Nur 14 Prozent sagen, dass ihre Vorgesetzten sie dazu „inspirieren“, Dinge zu tun, die sie sich zunächst nicht zugetraut hätten. „Die Daten deuten darauf hin, dass es bei Führungskräften erhebliches Potenzial gibt, Beschäftigte so zu führen, dass sie ihren Job besser machen können und motiviert zur Arbeit gehen“, teilte Gallup mit.
Umgekehrt würden sie aber auch zeigen, dass eine hohe Zufriedenheit mit den Vorgesetzten einen positiven Effekt auf die Arbeitsmoral habe. Zu viele Vorgesetzte würden sich aber auf die Schwächen der ihnen Unterstehenden fokussieren, anstatt ihre Stärken hervorzuheben. „Führungskräfte sind hauptsächlich damit beschäftigt, Krisen zu managen, und die Arbeitnehmer:innen sind ein Stück weit vom Radar ihrer Aufmerksamkeit verschwunden“, so Gallup.
Im Extremfall kann es zum Quiet Firing kommen, wenn das Personal unbeabsichtigt oder beabsichtigt regelrecht vergrault wird.
Wechselbereitschaft „nimmt konstant zu“, da der Jobmarkt aussichtsreich ist
„Die Bereitschaft, den Job zu wechseln, nimmt konstant zu“, so Gallup. Dazu trage auch bei, dass die Zuversicht, schnell etwas Neues zu finden, derzeit besonders groß ist. 81 Prozent der von Gallup befragten Arbeitnehmerinnen sind der Meinung, dass aktuell eine „gute Zeit“ sei, um eine Arbeit zu finden.
Die Unternehmen müssten deshalb stärker um die Mitarbeiter werben, teilte Gallup-Partner Pa Sinyan mit - sowohl um künftige, als auch um die, die bereits da sind. „Unternehmen, die nicht gezielt gegensteuern, werden ins Schleudern geraten und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gefährden.“ Von den 55 Prozent, die sich in einem Jahr womöglich bei einem anderen Arbeitgeber sehen, würde bereits jeder Fünfte aktiv nach einem neuen Job suchen.
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(Mit Material der dpa)