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Wird Strom knapp? Professor erklärt Folgen des Atomausstiegs

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Von: Jana Stäbener

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Am Samstag gehen die letzten drei Atomkraftwerke vom Netz. Droht deswegen ein Versorgungsengpass? Ein Experte klärt auf.

Der geplante Atomausstieg am 15. April 2023 steht kurz bevor. An diesem Tag sollen die letzten drei Atomkraftwerke (nach einer kurzen Laufzeitverlängerung) endgültig vom Netz gehen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) beunruhigt das. Sie warnt vor Versorgungsengpässen und steigenden Energiepreisen.

„Trotz gesunkener Gaspreise bleiben die Energiekosten für die meisten Betriebe in Deutschland hoch“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der Rheinischen Post am 11. April. Zugleich sei Deutschland beim Thema Versorgungssicherheit „noch nicht über den Berg“. Eine „reine Scheindiskussion“, findet der Experte für Regenerative Energien, Volker Quaschning, bei BuzzFeed News DE.

Atomkraft in Deutschland: Letzte Atomkraftwerke gehen vom Netz

Aufgrund des Ukraine-Krieges und der prekären Energielage hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Herbst 2022 ein Machtwort gesprochen und angekündigt, dass die letzten drei Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 bis April 2023 laufen sollen, anstatt wie geplant schon Ende 2022 vom Netz gehen. Diese Laufzeitverlängerung hielt ein Greenpeace-Experte 2022 für „Unsinn“, anderen wie der FDP und CDU ging sie nicht weit genug.

Seitdem reißt die Diskussion um die Atomkraft in Deutschland nicht ab: Einige FDP-Politiker fordern mehr Geld für Atomkraftforschung, die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) betont, Deutschland sei auf alle verfügbaren Energieträger angewiesen und „weite Teile der deutschen Wirtschaft“ setzten darauf, „einsetzbare Kernkraftwerke bis zum Ende der Krise weiterlaufen zu lassen.“

Volker Quaschning stellt in der Bundespressekonferenz eine Veröffentlichung von „Scientist for Future“ vor.
Volker Quaschning studierte Elektrotechnik in Karlsruhe. © Janine Escher

„Die Diskussion um Laufzeitverlängerung bei der Kernenergie ist eine reine Scheindiskussion, die uns bei der Energiewende keinen Deut weiterbringt“, sagt Volker Quaschning zu BuzzFeed News DE. Er ist Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) und beschäftigt sich mit erneuerbaren Energien und Energieversorgung im Angesicht des Klimawandels.

Die benötigten neuen Brennelemente für eine Laufzeitverlängerung hätten „sehr lange Lieferzeiten“, so Quaschning. Außerdem fehlten Personal und Antworten auf Fragen zu Sicherheit und Endlagerung des zusätzlichen Atommülls sowie die damit verbundenen Kosten. „Die Betreiber haben bereits anders disponiert“, sagt der Energieexperte. „Sollte das kurzfristig völlig planlos über den Haufen geworfen werden, wird das für höhere und nicht geringere Kosten sorgen.“

Mehr zum Thema Atomkraft: Europa entschied über ein grünes Label für Gas- und Atomkraft, was Luisa Neubauer kritisierte.

Anteil an Kernenergie in Deutschland nur bei „gut einem Prozent“

„Außerdem sollte man nicht aus dem Auge verlieren, dass der Anteil der Kernenergie am Energieaufkommen gering ist. Selbst Brennholz deckt inzwischen einen größeren Anteil des Energiebedarfs in Deutschland.“ Bei der Elektrizität habe der Anteil der Kernenergie im Jahr 2022 bei „weniger als sieben Prozent“ gelegen.

Da es neben Elektrizität noch andere Sektoren wie Wärme und Verkehr gebe, lag der Anteil der Kernenergie am Gesamtenergieaufkommen gerade einmal bei „gut einem Prozent“, so Quaschning zu BuzzFeed News DE. „Wer unter dem Hintergrund über Versorgungsengpässe oder massive Energiepreissteigerungen spekuliert, dem fehlt offenbar die nötige Sachkenntnis.“

Unter politischer Veränderung wie dem Atomausstieg leidet momentan die Grünen, weil Reformen in der Bevölkerung „negativ besetzt“ sind.

(Mit Material der dpa)

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