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Gemeinde bejubelt Idee gegen Pflegenotstand – Verband zeigt sich skeptisch

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Von: Jana Stäbener

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Eine Gemeinde in Österreich zahlt Azubis in der Pflege volles Gehalt, um sie für den Beruf zu gewinnen.
Eine Gemeinde in Österreich zahlt Azubis in der Pflege volles Gehalt, um sie für den Beruf zu gewinnen. Eine gute Idee? © Westend61/IMAGO

Um den Pflegenotstand zu bekämpfen und Nachwuchs zu gewinnen, probiert es ein Ort in Österreich mit einer finanziellen Maßnahme. In Deutschland hapert es aber noch an anderer Stelle.

Die Zustände in manchen deutschen Notaufnahmen sind momentan katastrophal – aufgrund des Personalmangels und fehlender Investitionen. „Die Notfallmedizin ist personell und finanziell nicht ausreichend ausgestattet, um den hohen Anforderungen gewachsen zu sein“, sagt uns eine Krankenhaus-Sprecherin im September 2022 und reagiert damit auf den SPD-Politiker Özdemir, der sich schockiert über eine Berliner Notaufnahme zeigte.

„Willkommen im Pflegenotstand“, musste er sich damals auf Twitter anhören. Der Personalmangel ist so schlimm, dass es „sehr viele Ausbildungsabbrüche“ gebe, sagt der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) im November gegenüber BuzzFeed News DE zu den gestiegenen Ausbildungszahlen in der Pflege. Aber was tun? Eine Gemeinde in Österreich glaubt, mit mehr Gehalt Nachwuchs anlocken zu können. Könnte das auch für Deutschland ein entscheidender Faktor beim Pflegenotstand sein?

Gemeinde in Österreich zahlt Auszubildenden in der Pflege volles Gehalt – eine gute Idee?

Wie BuzzFeed News AT berichtete, hat die Salzburger Gemeinde Kuchl einen Volltreffer gelandet. Sie will den Fachkräftemangel im Pflegebereich mit einer ganz eigenen Taktik beheben. Die Gemeinde zahlt Auszubildenden in der Pflege von Anfang an das volle Gehalt, also rund 2.300 Euro brutto. Das funktioniere bisher super, sagt Bürgermeister Thomas Freylinger (ÖVP) gegenüber dem orf zu der Aktion. „Immerhin haben wir bis jetzt 17 Bewerbungen erhalten. Und es kommen laufend welche dazu.“ Die Stadt sei sehr stolz, dass das so einen Anklang gefunden habe.

Wäre das eine gute Idee, um auch in Deutschland Auszubildende für Pflegeberufe zu begeistern? Christel Bienstein, Präsidentin des DBfK, bezweifelt das gegenüber BuzzFeed News DE. Die Vergütung sei sicher ein wichtiger Aspekt, um die Pflegeberufe attraktiver zu gestalten. Dazu gehöre ein gutes Vergütungsmodell, das „finanziell attraktiv“ sei und auch „Bindungskraft“ habe, um Kolleg:innen langfristig zu halten.

Aber: „Neben den Gehältern spielen die anderen Rahmenbedingungen wie Personalschlüssel, Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sowie Mitbestimmungsmöglichkeiten eine zentrale Rolle, um gut ausgebildetes Personal im Beruf zu halten“, wirft Bienstein ein. „Das Beispiel ist darüber hinaus eine regionale Maßnahme, die bei rund 60.000 Auszubildenden pro Jahrgang in der Bundesrepublik natürlich sowieso nicht übertragbar ist.“

Die Personalnot ist nicht nur in der Pflege der Knackpunkt für den Nachwuchs: Auch im Erzieher-Job schrecken Gehalt und Arbeitsbedingungen junge Männer ab.

Österreichisches Gesundheitsministerium: „Gemeinden steht es frei, eigenständig“ zu handeln

In der österreichischen Regierung löst das Modell der Gemeinde Kuchl auch nicht gerade Freudensprünge aus. Die Gemeinden sollen beim Fachkräftemangel in der Pflege eben machen, was sie wollen, so der Tenor. „Neben dem Bund und den Ländern steht es selbstverständlich auch Gemeinden frei, eigenständige Initiativen zu setzten, um dem im Pflegebereich bestehenden Personalmangel und einer etwaigen Abwanderung aus der Gemeinde entgegenzuwirken“, so der Gesundheitsminister Johannes Rauch gegenüber BuzzFeed News AT.

Man habe mit anderen Maßnahmen, wie dem Pflegeausbildungs-Zweckzuschuss-Gesetz versucht, die Ausbildung „deutlich attraktiver“ zu machen, seit September 2022 erhielten Erst-Azubis in der Pflege außerdem „einen Ausbildungszuschuss von mindestens 600 Euro pro Monat“. Und: „Ab 1. Januar 2023 garantiert das Pflegestipendium einen Mindeststandard der Existenzsicherung während der Ausbildung in Pflegeberufen in Höhe von mindestens 1400 Euro monatlich“, so Rauch.

Mehr zum Thema Gesundheitsberufe: „Ich fühle mich hilflos“: Eine Notfallsanitäterin erzählt, was bei ihrem Job schiefläuft.

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