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Ausbildungsplätze: Immer noch wird „zu stark auf Noten“ geschaut, findet Joblinge-CEO

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Von: Jana Stäbener

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Frau in einem Ausbildungsberuf und Zitat von Kadim Tas, CEO von Joblinge.
Personaler:innen schauen auch heute noch zu sehr auf Noten, findet der CEO von Joblinge, Kadim Tas. © Panthermedia/IMAGO (Collage)

In Ausbildungsberufen fehlt Nachwuchs. Trotzdem weisen Firmen viele Bewerber:innen ab, weil sie immer noch „zu stark auf Noten“ schauen, so Joblinge-CEO Kadim Tas.

Eine repräsentative Befragung von Jugendlichen Anfang dieses Jahres ergab, dass über die Hälfte der jungen Menschen (54 Prozent) den Eindruck haben, dass die Chancen auf einen Ausbildungsplatz eher schlechter sind als vor Corona. Mehr als ein Drittel der Jugendlichen (37 Prozent) glaubt zudem, dass die Zahl der Ausbildungsplätze nicht ausreiche. Dabei suchen Unternehmen händeringend Arbeitskräfte – der Arbeitsagentur-Chef, fordert deswegen mehr Zuwanderung. Kadim Tas, der CEO von Joblinge erklärt gegenüber BuzzFeed News Deutschland, welche „Systemfehler“ im Ausbildungssystem das Hauptproblem sind.

Ausbildungsplätze gibt es nicht zu wenig – Jugendliche denken das aber

In der Studie „Ausbildungsperspektiven im dritten Corona-Jahr“ wurden 1666 Jugendliche im Alter von 14 bis 20 Jahren befragt. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass niedrige Schulbildung die Zukunftsangst bei den Jugendlichen noch verstärke. Fast jeder zweite Jugendliche mit niedriger Schulbildung (48 Prozent) hat so den Eindruck, dass es zu wenig Ausbildungsplätze gebe. Außerdem denken Jugendliche mit niedriger Schulausbildung besonders häufig, dass sich die Chancen auf einen Ausbildungsplatz nach Corona verschlechtert haben (68 Prozent).

Die Tagesschau schildert in einem Artikel genau dieses Problem: Gerade die Personen, die einen mittelmäßigen Hauptschulabschluss haben und sich gerne für eine Ausbildung entscheiden würden, haben auf dem Ausbildungsmarkt geringe Chancen. Einer der Verfasser:innen der Studie, Clemens Wieland, nennt das „Passungsprobleme“. Diese treten nicht nur bei der Vorbildung der Bewerber:innen auf, sondern auch bei ihrem Wohnort: „Jugendliche, die etwa im Ruhrgebiet leben, haben nichts davon, dass es im Großraum München zahlreiche freie Ausbildungsstellen gibt“, sagt Wieland gegenüber der Tagesschau.

Fehlende Berufsorientierung und falsche Rekrutierung sind das Problem

Diese „Passungsprobleme“ seien jedoch nur eine „Konsequenz aus vielen Systemfehlern“, erklärt der CEO von „Joblinge“, Kadim Tas. Es gehe erstens um fehlende Berufsorientierung (Praktika, Kontakte zu Unternehmen), die eigentlich schon in der Schule viel intensiver starten müsste, zweitens müssten auch die Unternehmen sich in Sachen Rekrutierung weiterentwickeln. „Viele Personaler:innen schauen immer noch zu stark auf Noten und lehnen eigentlich geeignete Bewerber:innen wegen schlechter Noten ab“, so Kadim Tas gegenüber BuzzFeed News Deutschland.

Die gemeinnützige Organisation „Joblinge“ versuche genau das: Den Jugendlichen Ausbildungsplätze zu vermitteln, die in diesem System hinten überfallen. Oft kommen diese schon aus prekären Verhältnissen und bräuchten bloß eine Chance abseits von Noten und perfektem Lebenslauf. Hier berichten 13 Betroffene aus Deutschland vom Leben in Armut. Wenn Jugendliche jahrelang keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, erhielten sie bei „Joblinge“ Hilfe, optimierten gemeinsam die Bewerbungsunterlagen und hätten die Chance auf erste Firmenkontakte.

„Image vieler Ausbildungsberufe muss gleichwertig bleiben“

Tas nennt jedoch noch einen weiteren Grund, warum Jugendliche trotz Ausbildungsplätzen Zukunftsangst haben müssen: „Es geht auch um das Image vieler Ausbildungsberufe“, sagt der „Joblinge“-CEO. Das müsste sich verbessern. Die Verdienstmöglichkeiten und Lerninhalte erscheinen jungen Menschen unattraktiv, verglichen mit den Chancen, die ein Studium bietet. „Ausbildung muss also von den Berufsmöglichkeiten und Verdienstchancen her, einem akademischen Abschluss gleichwertig sein und bleiben“, findet Tas.

Doch wie könnte man das lösen? Mit spielerischen Ideen, die schon früh beginnen, schlägt Tas vor. Bei „Joblinge“ versuchten sie das in Camps mit Coworking-Atmosphäre und sogenannten „Peer-Learning-Ansätzen“, bei denen Azubis mit Einzelpersonen aus Unternehmen vernetzt werden. „Das alles könnte man teilweise auch schon in der Schule starten, damit Jugendliche nicht jahrelang auf der Wartebank sitzen müssen, um nach dem Abschluss auch irgendwann den Anschluss zu schaffen“, so Tas gegenüber BuzzFeed News Deutschland.

Mehr zum Thema Ausbildung? Hier spricht die Verdi-Jugend-Chefin davon, dass die geplante Bafög-Erhöhung „auf keinen Fall ausreicht“.

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