Twitter-Analyse zeigt: Stimmung der Menschen war während Corona-Lockdown besser als gedacht

Die Lockdowns waren offenbar nicht so schlimm wie gedacht: Das stellten Wissenschaftler:innen fest, nachdem sie weltweite Tweets aus der Corona-Zeit ausgewertet hatten.
Wie es den meisten Menschen während der Corona-Pandemie ging, lässt sich wohl auch ohne wissenschaftliche Studien beantworten: nicht gerade gut. Forschende haben sich mit dieser Thematik während der ersten Covid-19-Welle jedoch genauer beschäftigt. Mithilfe von Computerlinguistik werteten sie aus, was Menschen in der Pandemie auf Twitter posteten und stellten fest: So schlecht war die weltweite Stimmung während der Lockdowns überhaupt nicht.
Covid-19 beeinflusste Stimmung stärker als extreme Wetterereignisse
Urheber dieser Daten ist das Projekt „Global Sentiment“, das sich vorgenommen hat, das subjektive Wohlbefinden nach Katastrophen zu messen. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) hatte am Dienstag (19. April 2022) bereits über diese Studie berichtet. Besonders interessant ist die Forschungsmethode, die diese Studie nutzt: Sie wertet menschliche Sprache aus und verwendet dazu eine Version von Googles künstlicher Intelligenz „BERT“, mit der sie insgesamt 654 Millionen Posts analysierte, die von Januar bis Juli 2020 auf Twitter und Weibo (chinesisches Twitter) geteilt worden waren.
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Ausgewertet wurden innerhalb der Posts sogenannte „Sentiments“, also Worte, denen eine künstliche Intelligenz eine bestimmte Bedeutung zuspricht. Die Intelligenz bewertet so Worte wie „Angst“ als negativ oder Worte wie „gut“ als positiv. Allein durch die Auszählung und dem Vergleich dieser negativen und positiven „Sentiments“, fanden die Forschenden heraus, dass Covid-19 stärker auf die globale Stimmung schlug als extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen oder Hurrikane.
Lock-Down-Blues? Von wegen: Die Stimmung im Lockdown war besser als gedacht
Das wohl interessanteste Ergebnis der Studie: Die von den Regierungen weltweit angeordneten Lockdowns führten nicht nur zu negativen Gefühlen und lösten beispielsweise Einsamkeit aus – sie vermittelten den Menschen, die auf Twitter oder Weibo aktiv waren, auch ein Gefühl von Sicherheit. Erkenntlich wird das daran, dass das Befinden der Weltbevölkerung sich wieder verbesserte, als Corona-Maßnahmen wie die Maskenpflicht oder die Lockdowns in Kraft traten. Weil in Deutschland mittlerweile an vielen Orten keine Maskenpflicht mehr herrscht, können Angehörige der Risikogruppe kaum mehr das Haus verlassen.
Außerdem fanden die Forschenden des Projekts „Global Sentiment“ heraus, dass die Stimmung in einem Land schlechter war, je mehr Covid-Fälle dort gemeldet wurden. In Staaten wie Australien, Spanien oder Großbritannien, in denen liberale Werte dominieren, herrschte zudem eine schlechtere Stimmung als in den Ländern, in denen Menschen bei Nichtbeachtung der Corona-Maßnahmen mit Strafen zu rechnen hatten. Ein Beispiel hierfür ist China, das momentan mit der Omikron-Welle zu kämpfen hat.
Wie repräsentativ sind die Ergebnisse der Studie? Computerlinguistik hat noch Schwachstellen
Gegenüber der SZ erklärt Nils Reimers, der früher an der TU Darmstadt zum maschinellen Lernen forscht, dass „BERT“ und andere Programme für Computerlinguistik noch Schwachstellen hätten. Es gebe so das Problem, dass Tweets neutral sein könnten, oder dass Twitter-Nutzer mehrere Meinungen äußern könnten – auch in einem Post. Solche Ambiguitäten oder auch Witz und Ironie erkenne ein System wie „BERT“ nicht gut, obwohl es für die Suchmaschine Google täglich Höchstleistungen erbringe. „Ich verliere alles, was dazwischen, was facettenreich ist“, sagte Reimers der SZ.
Außerdem stellt er infrage, wie repräsentativ es ist, dass die Studie Tweets auswertet. Es seien schließlich nicht alle Bevölkerungsgruppen auf Twitter vertreten, geschweige denn würden alle Nutzer:innen regelmäßig auf Social-Media posten. Besonders ältere Menschen seien in der Studie „Global Sentiment“ komplett außen vor gelassen worden, so die Meinung des Computer-Linguisten.
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