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„Behinderte Menschen sind durch die Klimakatastrophe besonders hart betroffen“

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Von: Jana Stäbener

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Inklusion-Aktivist Raul Krauthausen kritisiert, dass behinderte Menschen vor dem Klimawandel nicht ausreichend geschützt werden.
Inklusion-Aktivist Raul Krauthausen kritisiert, dass behinderte Menschen vor Krisen nicht ausreichend geschützt werden. ©  Soeren Stache/dpa/Collage

Tschüss Klima-Kleber-Diskussion: Wir sollten in Sachen Klima-Krise lieber über Menschen mit Behinderungen sprechen, findet Aktivist Raul Krauthausen.

Um den Klimawandel zu bewältigen, da sind sich viele Expert:innen einig, sind die vor uns liegenden zwei Jahre entscheidend. Während einige Menschen diese ständige negative Krisen-Berichterstattung nicht mehr hören können, und sich aus der Klima-Diskussion ausgeklinkt haben, gehen andere auf die Straße.

Die Protestbewegung Fridays for Future beispielsweise, oder die Letzte Generation. Die forderte nun einen Gesellschaftsrat, um die Klimakatastrophe aufzuhalten. „Wir müssen anerkennen, dass unsere demokratischen Verfahren für den Umgang mit der Klimakatastrophe offenbar nicht demokratisch genug sind“, sagt ein Pressesprecher der Letzten Generation. Deswegen wolle man einen Gesellschaftsrat, in dem jede:r vertreten sein könne.

Behinderte Menschen: Klimawandel „beeinträchtigt sie unverhältnismäßig oft“

An Klima-Entscheidungen beteiligt zu sein, das fordert nicht nur die Letzte Generation. Auch der Inklusion-Aktivist Raul Krauthausen setzt sich dafür ein, dass alle Menschen bei Klimaschutz-Maßnahmen ein Wörtchen mitreden können. Auf Twitter schreibt er Ende Januar 2023: „Der Klimawandel beeinträchtigt behinderte Menschen unverhältnismäßig oft.“ (siehe unten)

BuzzFeed News DE fragt ihn, warum das so ist. Der Gründer von „Sozialheld:innen“, ein Netzwerk für mehr Barrierefreiheit, antwortet: „Behinderte Menschen sind durch die Klimakatastrophe besonders hart betroffen, da wir oft auf spezielle Umgebungen und Dienstleistungen angewiesen sind, die durch den Klimawandel und den damit einhergehenden extremen Wetterereignissen beeinträchtigt werden können.“

Außerdem hätten behinderte Menschen bei Naturkatastrophen ein höheres Risiko, weil sie besondere Evakuierungsmaßnahmen benötigten. Bei der Flut im Ahrtal 2021 kamen zwölf Bewohner:innen eines Behindertenwohnheims ums Leben. Wegen dieses und weiterer Vorfälle bei der Flutkatastrophe wird laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) immer noch ermittelt.

Das Lebenshilfe-Haus LHH in Sinzig
In dem Lebenshilfe-Haus in Sinzig kamen in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli zwölf Menschen ums Leben. © Thomas Frey/dpa/picture alliance

Auch in der Corona-Pandemie waren behinderte Menschen teilweise stärker gefährdet – kein Wunder feierten Menschen mit Behinderung den Promi Bill Hader, weil er bei den Emmys Maske trug.

Behinderte Menschen sind eher auf elektrische Geräte angewiesen

Problematisch seien jedoch nicht nur die durch den Klimawandel ausgelösten Extremwetterereignisse, sondern auch andere Krisen, wie die Energiekrise. „Die erhöhten Energiekosten betreffen behinderte Menschen auch zu ungleichen Teilen.“ In vielen Fällen seien Menschen mit Behinderung zur Alltagsbewältigung auf elektrische Geräte angewiesen (elektrische Rollstühle, Hörgeräte, elektrische Hilfsgegenstände wie Roboterarme, Aufzüge oder Beatmungs-Geräte).

„Diese führen nicht nur zu einem erhöhten Stromverbrauch und damit verbundenen hohen Kosten, sondern bedeuten gleichzeitig existenzielle Einschränkungen bei Stromausfall, die lebensgefährlich sein können“, sagt der Aktivist gegenüber BuzzFeed News DE.

„Bisher sind keine nennenswerten politischen Maßnahmen zum Schutz behinderter Menschen eingeleitet worden“, kritisiert er. „Wie so oft, rührt dies insbesondere daher, dass sich in den Entscheidungsgremien nur selten Menschen mit Behinderung finden. Dementsprechend nachlässig werden die Themen, die uns betreffen, behandelt.“

Mehr zum Thema „Menschen mit Behinderung“: Eine TikTokerin mit Spastik in den Beinen will anderen Mut machen: „Habe mich selbst versteckt“.

Klima-Politik muss „Benachteiligung und Gefahrenfaktoren anerkennen“

„Eine gute Klima-Politik würde diese Benachteiligungen und Gefahrenfaktoren anerkennen und durch finanzielle und praktische Hilfen ausgleichen.“ Als Beispiele nennt er die Finanzierung von Notstromaggregaten für private Haushalte, mehr Geld für gute Evakuierungskonzepte, gesetzliche Pflichten für Barrierefreiheit und ein Ende der finanziellen Diskriminierung von behinderten Menschen. Sie erhielten am Arbeitsmarkt keine fairen Löhne und könnten sich kein Vermögen ansparen, wirft Krauthausen der Inklusionspolitik vor.

Auch barrierefreier, bezahlbarer Wohnraum sollte behinderten Menschen zur Verfügung stehen. Denn für behinderte Menschen gibt es auf der Erde „zahlreiche Hürden“ mehr als auf dem Mond. „Aber Menschen mit Behinderungen müssen befähigt, finanziell abgesichert und mit den nötigen Hilfsmitteln ausgestattet werden, um im Notfall schnell in Sicherheit gelangen zu können und um in diesen schwierigen Zeiten nicht durch finanzielle und praktische Benachteiligungen erdrückt zu werden.“

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