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Auto fährt in Menschenmenge in Berlin: Was wir wissen und was nicht

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Von: Pia Seitler

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Ein Auto fährt in Berlin in eine Menschenmenge. Franziska Giffey (links) äußert sich am Donnerstag zu dem tödlichen Vorfall.
Ein Auto fährt in Berlin in eine Menschenmenge. Franziska Giffey (links) äußert sich am Donnerstag zu dem tödlichen Vorfall. © Christoph Soeder/Fabian Sommer/dpa

Ein 29-Jähriger fährt in Berlin in eine Menschenmenge. Eine Frau stirbt. Was wir über den Vorfall, den mutmaßlichen Täter und die Hintergründe wissen und was nicht.

Am Mittwochvormittag fährt ein Auto am Kurfürstendamm in Berlin in eine Menschenmenge. Eine Frau stirbt, 14 Menschen werden verletzt. Medien berichten über den Vorfall, Informationen überschlagen sich, Hintergründe sind unklar. Wir fassen zusammen, was wir zum Vorfall bisher wissen – und was nicht.

Was wir über die Todesfahrt des Autos in Berlin bisher wissen

Der tödliche Vorfall spielte sich nach bisherigem Kenntnisstand der Deutschen Presse-Agentur (dpa) so ab: Ein 29-Jähriger ist am Mittwochvormittag, 8. Juni 2022, mit einem Kleinwagen der Marke Renault an der Straßenecke Ku‘damm und Rankestraße in Berlin auf den Bürgersteig des Ku‘damms und in eine Menschengruppe gefahren.

Dann fuhr er auf die Kreuzung und knapp 200 Meter weiter auf der Tauentzienstraße Richtung Osten. Kurz vor der Ecke Marburger Straße lenkte er den Wagen erneut von der Straße auf den Bürgersteig, touchierte ein anderes Auto, überquerte die Marburger Straße und landete im Schaufenster einer Parfümerie.

Wie viele Menschen wurden am Ku‘damm in Berlin verletzt?

Eine Frau starb und 14 Menschen wurden nach Kenntnisstand der Polizei am Mittwochabend verletzt, mehrere von ihnen lebensbedrohlich. Die Frau war Lehrerin in Hessen und mit 24 Schüler:innen einer 10. Klasse aus Bad Arolsen zu Besuch in Berlin. Bei den Verletzten handle es sich ausschließlich um Menschen aus der Schüler:innengruppe, mit der die Lehrerin in Berlin unterwegs gewesen war, sagte laut dpa eine Polizeisprecherin.

Von den 24 Schüler:innen lägen sieben im Krankenhaus, sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey am Donnerstagmorgen, wie die dpa berichtet. Insgesamt seien sechs Menschen lebensgefährlich und drei weitere schwer verletzt worden. Darunter ist auch ein Lehrer. Die unverletzten Jugendlichen seien in ihrem Hotel von Berliner Schulpsychologen betreut worden. Noch am Mittwoch seien Eltern der Jugendlichen zusammen mit Schulpsychologen aus Hessen mit einem Bus angereist.

Bundes- und Landesregierung stuft tödlichen Vorfall in Berlin als „Amoktat“ ein

Nach Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich auch Giffey (beide SPD) am Donnerstagmorgen und stufte den Vorall als „Amoktat“ ein, wie die dpa berichtet: „Das hat sich gestern Abend verdichtet“, sagte Giffey im RBB-Inforadio. Durch die Ermittlungen der Polizei sei klar geworden, „dass es sich um die Amoktat eines psychisch schwer beeinträchtigten Menschen handelt“.

Die Berliner Polizei nutzte den Begriff „Amoktat“ hingegen zunächst bewusst nicht. Ein Polizeisprecher sagte am Donnerstag dazu: „Es gibt Tendenzen in diese Richtung, wir legen uns da aber noch nicht fest. Ermittelt wird weiterhin in alle Richtungen.“ Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte sich am Mittwochabend ähnlich geäußert.

Im Berliner Landeskriminalamt (LKA) sei laut dpa eine Mordkommission für den Fall zuständig, nicht der Staatsschutz, der sich um politisch motivierte Kriminalität von Extremisten kümmert. Dies gibt einen Hinweis darauf, wie die Polizei den Fall nach den ersten Erkenntnissen einstuft.

Was wissen wir über den mutmaßlichen Täter?

Der Fahrer des Autos ist 29 Jahre alt und habe laut SPIEGEL-Informationen einen deutschen und einen armenischen Pass und war nach dpa-Informationen mit einem Auto unterwegs, das seiner älteren Schwester gehört. Er wurde gefasst und in ein Krankenhaus gebracht. Bereits am Mittwoch wurde unter anderem auch die Wohnung des Fahrers in Charlottenburg von der Polizei durchsucht. Der Mann soll der Polizei wegen mehrerer Delikte bekannt gewesen sein, jedoch nicht in Zusammenhang mit Extremismus, wie die dpa berichtet.

Die Schwester des Verdächtigen sagte einem Bild-Reporter: „Er hat schwerwiegende Probleme“ Nachbarn äußerten sich der Zeitung zufolge erstaunt, „dass er zu so einer Tat fähig ist.“ Giffey sagte am Donnerstagmorgen über den Täter, mithilfe eines Dolmetschers werde versucht, mehr „aus den teilweise wirren Äußerungen, die er tätigt, herauszufinden“.

Für die Beamten sei inzwischen sicher, dass eine psychische Erkrankung des Autofahrers dazu führte, dass der 29-Jährige am Mittwoch über Gehwege des Ku‘damms und der Tauentzienstraße in Menschengruppen gerast ist. Der Mann komme in eine psychiatrische Einrichtung, berichtete die dpa am Freitagmorgen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord in einem Fall und versuchten Mord in 17 Fällen vor. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass der festgenommene Mann an einer paranoiden Schizophrenie leide, sagte am Donnerstag der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Sebastian Büchner laut dpa. Bei der Durchsuchung der Wohnung des 29-Jährigen seien Medikamente gefunden worden. Der Beschuldigte habe seine Ärzte von der Schweigepflicht entbunden.

Laut RBB-Informationen soll der Tatverdächtige nach einem Vorfall im Jahr 2020 schon einmal an eine psychiatrische Klinik überstellt worden sein, wo demnach eine Einweisung geprüft werden sollte.

Was wir über die Hintergründe des tödlichen Vorfalls in Berlin noch nicht wissen

Im Wagen wurden neben Schriftstücken auch Plakate mit Aufschriften gefunden. „Ein richtiges Bekennerschreiben gibt es nicht“, sagte Berliner Innensenatorin Spranger, wie die dpa am Donnerstag berichtet. Zuvor hatte es aus Polizeikreisen geheißen, es sei ein Bekennerschreiben gefunden worden. Spranger sprach von „Plakaten“, auf denen Äußerungen zur Türkei stünden. Ob die Plakate mit Bezug zur Türkei, die in dem Tatfahrzeug des Deutsch-Armeniers lagen, eine Rolle gespielt hätten, werde noch ermittelt, so Giffey am Donnerstag.

Für einen terroristischen Hintergrund der aktuellen Tat gebe es weiterhin keine Hinweise – auch ein Unfall lässt sich laut Staatsanwaltschaft derzeit ausschließen, wie die dpa am Freitagmorgen berichtet.

Unfallort nahe Breitscheidplatz weckt Erinnerungen

Die Trauer und Anteilnahme aus ganz Deutschland waren enorm. Der Unfallort befindet sich in der Nähe der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz in Berlin-Charlottenburg. Dort war im Dezember 2016 ein islamistischer Attentäter in einen Weihnachtsmarkt gefahren. Dabei und an den Spätfolgen starben 13 Menschen, mehr als 70 wurden verletzt. Der Fall vom Mittwoch weckte in Berlin auch Erinnerung an eine Amokfahrt auf der Stadtautobahn A100 im August 2020, als ein Autofahrer gezielt drei Motorradfahrer rammte, wie die dpa berichtet. Er wurde vom Gericht in die Psychiatrie eingewiesen.

Zu möglichen Schutzmaßnahmen durch Poller an Straßen sagte Giffey laut dpa auch, zu Wahrheit gehöre auch, „dass wir nicht die ganze Stadt abpollern können und auch nicht den ganzen Ku‘damm abpollern können“. Es werde aber von den Behörden untersucht, was zur Sicherheit zusätzlich möglich sei.

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