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Streit um Cannabis-Legalisierung: Jugendärzt:innen fordern bei THC-Obergrenze „Staffelung nach Alter“

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Von: Robert Wagner

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Frau raucht einen Joint.
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte warnt vor dem beschlossenen Fahrplan zur Legalisierung von Cannabis. (Symbolbild) © Paul Zinken/dpa

Die Diskussion über die Pläne zur Cannabis-Legalisierung reißt nicht ab. Der Jugendärzteverband warnt vor „dramatischen Folgen“, die Polizei sieht noch Klärungsbedarf.

Die Bundesregierung hat sich am 26. Oktober auf einen Entwurf zur Cannabis-Legalisierung geeinigt. Der Entwurf sieht unter anderem die Freigabe von bis zu 30 Gramm „Genusscannabis“ an Personen ab 18 Jahren ohne Begrenzung des berauschenden Wirkstoffs THC (Tetrahydrocannabinol) bei Konsument:innen über 21 Jahren vor und erlaubt auch den Eigenanbau von bis zu drei Hanfpflanzen. Cannabis soll grundsätzlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte die beschlossenen Pläne am Abend desselben Tages. „Die Legalisierung ist der Königsweg, den Schwarzmarkt auszutrocknen“, sagte er laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) im Interview der Tagesthemen in der ARD. „Es geht uns ja darum, die Gesundheitsgefährdungen durch Cannabis zu reduzieren.“ Die Legalisierung sei eine Möglichkeit, den Konsum zu beschränken und den Jugendschutz zu verbessern, argumentierte Lauterbach.

Die Kritik an den Plänen zur Cannabis-Legalisierung reißt allerdings nicht ab. Bereits im Vorfeld der Beratungen des Bundeskabinetts meldeten die Apotheken Bedenken zur Cannabis-Legalisierung an. Sie sollen möglicherweise Teil der Kette werden, über die das legalisierte Cannabis vertrieben werden soll, und befürchten einen „heilberuflichen Konflikt“. Nun wird auch von medizinischer Seite Kritik an den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) laut.

„Uns als Kinder- und Jugendärzten wäre es lieber, wenn die Cannabis-Legalisierung nicht kommt“

Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, warnt vor dem beschlossenen Fahrplan zur Legalisierung von Cannabis. „Uns als Kinder- und Jugendärzten wäre es lieber, wenn die Cannabis-Legalisierung nicht kommt“, sagte er der Rheinischen Post. Insbesondere den möglichen Wegfall einer THC-Obergrenze bereits ab 18 Jahren sieht Fischbach kritisch. Die ursprünglich vorgesehene Begrenzung des THC-Gehalts auf maximal 15 Prozent für alle Altersgruppen hatte im Vorfeld für Kritik aus der Politik gesorgt. Mittlerweile wird nur noch eine THC-Obergrenze für Produkte erwogen, die zukünftig an 18- bis 21-Jährige verkauft werden.

„Regelmäßiger Cannabiskonsum kann bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen irreparable Hirnschäden verursachen, bis hin zu einer dauerhaften Einschränkung der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der sozialen Kompetenz.“ Die Beschränkungen für unter 21-Jährige müssten daher deutlich strenger sein als für ältere Erwachsene, so Fischbach. „Die vorgesehene Prüfung einer solchen Obergrenze käme hoffentlich zu dem Ergebnis, dass es eine Staffelung nach Alter braucht.“

Arzt warnt vor Cannabis-Legalisierung: „dramatischen Folgen für die Gesundheit der Jugendlichen“

Zudem bestünde die Gefahr, dass legal erworbenes Cannabis an unter 18-Jährige weitergegeben werde. „Mit einer Legalisierung würde das viel häufiger passieren, mit dramatischen Folgen für die Gesundheit der Jugendlichen“, warnt Fischbach. Sollte die Bundesregierung auf dem Weg zur Cannabis-Legalisierung die noch bestehenden europarechtlichen Hürden überwinden, brauche es „zwingend Nachbesserungen der vorgelegten Pläne.“ Ein Gesetz will Lauterbach nur auf den Weg bringen, wenn die Pläne einer europa- und völkerrechtlichen Prüfung in Brüssel standhalten.

Auch der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, äußerte in der Rheinischen Post grundsätzliche Kritik an der geplanten Cannabis-Legalisierung. Gassen betont: „Aus ärztlicher Sicht ist Cannabis, genauso wie Tabak und Alkohol, nicht harmlos. Man darf dem Cannabiskonsum nicht das Mäntelchen der Ungefährlichkeit umhängen.“ Das gelte insbesondere für die neuen Cannabis-Produkte, die in ihrer Wirkung „deutlich stärker“ seien. „Gerade bei Heranwachsenden kann es bei regelmäßigem Konsum zu bleibenden Schäden kommen. Das darf man nicht vergessen“, warnte der KBV-Chef. „Es ist eine Droge, und sie kann gesundheitsschädlich sein.“

Polizei begrüßt Cannabis-Legalisierung, sieht aber „Dinge, die geklärt werden müssen“

Gassen habe Zweifel, „ob die geplante Legalisierung am Ende dazu nützt, die Drogenkriminalität einzudämmen und die Umstiege auf härtere Drogen zu verhindern.“ Etwas optimistischer in dieser Hinsicht äußerte sich der Bund Deutscher Kriminalbeamter. Dessen Vorsitzender Dirk Peglow begrüßt grundsätzlich eine „Entkriminalisierung von Konsumentinnen und Konsumenten aller Betäubungsmittel“, wie er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe laut der dpa sagte. Unter anderem führt er an, dass Personalressourcen frei würden, wenn die Polizei weniger Kontrollen durchführen muss.

Peglow gibt aber zu bedenken, dass es bei den beschlossenen Eckpunkten zur Cannabis-Legalisierung aber noch viele Fragen zu klären gebe. „Wenn Kolleginnen und Kollegen zum Beispiel bei einer Kontrolle Cannabis finden, woher wissen sie, ob das legal gekauft wurde?“, fragte Peglow. „Was ist, wenn Eltern Cannabis-Pflanzen im Haus haben – wie wird sichergestellt, dass Kinder und Jugendliche dazu keinen Zugang haben? Wie wird generell Jugendschutz garantiert?“ Drogendealer würden sich zunehmend auf Jugendliche als Kunden konzentrieren, wenn Erwachsene legal kaufen könnten, warnte der BDK-Vorsitzende. „Das sind Dinge, die geklärt werden müssen, bevor ein Gesetz verabschiedet wird.“

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