Was ist PFAS eigentlich? 10 Dinge, die du über den mysteriösen Stoff wissen musst
PFAS verseuchen in Deutschland viel mehr Orte als gedacht. Aber was steckt hinter dem „Jahrhundertgift“ und wo ist es drin? BuzzFeed News klärt auf.
Momentan flutet eine Recherche der Süddeutschen Zeitung (SZ), NDR und WDR das Internet. Sie beschäftigt sich mit vier Buchstaben: PFAS. „Ein Jahrhundergift“, titelt die SZ. Bisher seien nur weniger Hotspots bekannt gewesen, an denen sich die Stoffe ansammeln. Das Rechercheteam deckt jedoch auf, dass mehr al 1500 Orte in ganz Deutschland mit PFAS verseucht sind.
Doch was ist PFAS eigentlich genau, wo ist es drin und welche Gefahr geht von PFAS aus? BuzzFeed News DE fasst zehn Dinge zusammen, die du über den mysteriösen Stoff wissen solltest.
1. PFAS: Was ist das eigentlich?
Die Abkürzung PFAS steht für „per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen“. Bei denen handelt es sich jedoch nicht um eine spezielle chemische Verbindung, sondern um eine Gruppe von Industriechemikalien, die nach neusten Schätzungen im Januar 2023, so das Bundesumweltministerium, etwa 10.000 Substanzen umfasst. PFAS kommen in der Natur nicht vor. Sie sind „Kunststoffe“ und werden erst seit den 1940er-Jahren hergestellt.
2. Warum werden PFAS so oft verwendet?
Wie die SZ schreibt, sorgen viele PFAS für glatte Oberflächen, an denen weder Schmutz, Fett noch Wasser hängen bleiben. Sie sind äußerst stabil, halten hohen und tiefen Temperaturen stand. Auch viele aggressive Chemikalien können ihnen nichts anhaben – alles Gründe, warum sie in der Industrie so oft eingesetzt werden.
Apropos wenig erfreuliche Stoffe in Produkten: Wusstest du, dass in vielen Weichspülern Fett aus der Fleischproduktion steckt?
3. Sind PFAS gefährlich?
Das Hauptproblem der per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) ist laut Europäischer Umweltagentur, dass sie sich im Laufe der Zeit nicht nur in der Umwelt, sondern auch im Menschen anreichern können. Deswegen würden sie auch als „langlebige“ Chemikalien bezeichnet.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) untersuchte 2020 vier verschiedene PFAS. Sie stellte fest, dass Kleinkinder die höchsten PFAS-Spiegel aufwiesen. Sie fand heraus, dass PFAS das menschliche Immunsystem negativ beeinflussen könnten. Auch ein Zusammenhang mit der Fruchtbarkeit, dem Fettstoffwechsel, Leber-, Nierenschäden, Hodenkrebs und der Gehirnentwicklung wird den Stoffen laut SZ nachgesagt.
4. Welche Gebiete sind mit PFAS verseucht?
In ihrer Recherche zeigt die SZ mit interaktiven Karten, welche Orte in Deutschland mit PFAS verseucht sind. 1500 Funde seien vermutlich nur ein Teil der tatsächlichen Verwendung, schreiben die Reporter:innen. Besonders oft kämen PFAS in Gewässern und Böden in der Nähe von Textil- und Plastikindustrie, bei der Metallveredelung, rund um Flughäfen, Deponien und Kläranlagen vor.
Außerdem gebe es in Deutschland sechs Fabriken, die PFAS produzieren oder bis vor kurzem produziert haben. Hier bestehe die größte Gefahr, dass die Umwelt verseucht werde. Diese Fabriken stehen in Bad Wimpfen, in Frankfurt, in Leverkusen und im bayerischen Chemiepark Gendorf bei Burgkirchen an der Alz.

5. Sind PFAS im Trinkwasser?
Mittlerweile wurden PFAS laut SZ in Trinkwasser, Fisch, Fleisch und Eiern gefunden, aber auch in Orangensaft und Tampons. Die Stoffe seien aber auch in der Luft und im Hausstaub. Deswegen sei anzunehmen, dass wir Menschen PFAS auf vielen Wegen – vor allem aber über Getränke und Lebensmittel aufnehmen.
In Lebensmitteln sind immer mal Stoffe, die dort nicht hingehören: So bei den Viva Chips und elf weitere schädliche Produkte, die du kaufen konntest.
6. Wie viel PFAS nehmen wir auf?
Laut Umweltbundesamt (UBA) stecken PFAS im Blut fast aller Menschen. In einem bundesweiten Monitoring zeigten sich hohe PFOA-Belastungswerte in Blutproben von Kindern und Jugendlichen. In einem Fünftel der untersuchten Proben lag die Konzentration für Perfluoroktansäure (PFOA) über dem von der Kommission Human-Biomonitoring festgelegten HBM-I-Wert. Nach aktuellen Kenntnisstand ist bei diesen Werten eine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht auszuschließen.
7. Wie viel PFAS ist zu viel?
Laut EFSA ist die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) 4,4 Nanogramm (ng) pro Kilogramm (kg) Körpergewicht pro Woche für die Summe von den vier untersuchten PFAS (PFOA, PFNA, PFHxS und PFOS). Die HBM-Kommission hat für PFOA und PFOS HBM-I-Werte in Höhe von 2 Mikrogramm pro Liter (µg/l) Blutplasma für PFOA und 5 µg/l Blutplasma für PFOS festgelegt.
Auch Mikroplastik wird eine Gefahr für den menschlichen Körper nachgesagt. Deswegen braucht es jedoch „Anreize, damit Kund:innen die Mehrwegoption wählen“, sagt eine Verpackungsexpertin.
8. Wo sind PFAS überall enthalten?
Aufgrund ihrer vorteilhaften Eigenschaften kommen PFAS in vielen Bereichen zum Einsatz. Von Textilien, Haushaltswaren, Brandbekämpfung, Autoindustrie, Lebensmittelverarbeitung, Bauwesen zu Elektronik – dem Einsatz von PFAS sind industriell fast keine Grenzen gesetzt.
Liste mit Produkten, in denen PFAS laut SZ enthalten sind:
- Beschichtung für Pfannen und Backformen
- Kabelummantelungen
- Dichtungen
- Medizinische Schläuche
- Wetterjacken
- Hightech-Wasserfilter
- Batterien
- Imprägnation von Teppichen und Sofas
- Fahrradkettenfett
- Skiwachs
- Klebstoffe
- Farben
- Pestizide
- Bauteile für Handys und Computer
- Als Kältemittel in Kühltheken
- In Wärmepumpen
- In Autoklimaanlagen
- Als Narkosegas
9. Sind PFAS in Pfannen besonders bedenklich?
Laut SZ sind Fluorkunststoffe, wie sie in Bratpfannen oder medizinischen Implantaten stecken, „weniger bedenklich“. Eine direkte Gesundheitsgefahr gehe in der Regel nicht von ihnen aus – vorausgesetzt, sie enthalten keine schädlichen Verunreinigungen aus der Produktion und würden nicht überhitzt.
ABER: Bei der Produktion von Pfannen werden auch andere gesundheitsschädliche PFAS verwendet. Die Rede ist von „zerfallen Fluorpolymeren“. Die kommen in winzigen Mikro- oder Nanopartikeln vor und können dann durchaus in biologische Zellen eindringen. Gesundheitliche Auswirkungen davon seien derzeit schlicht unbekannt, so die SZ.
10. Warum sind PFAS nicht verboten?
Fünf europäische Staaten, darunter auch Deutschland, hätten laut SZ Anfang Februar 2023 vorgeschlagen, die PFAS-Chemikalien nach einer Übergangsfrist ganz überwiegend zu verbieten. Doch der Widerstand sei groß, denn PFAS ist in der Industrie mehr als beliebt. Deswegen sträube sich die PFAS-Lobby, unter anderem auch große Konzerne wie BASF und Bayer gegen ein umfassendes Verbot. In Brüssel seien es mehr als 100 Organisationen, darunter gut 40 Industrieverbände und 30 Unternehmen.
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