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Vorschlag für „Containern“ ohne Strafe erzeugt „leider den falschen Eindruck“

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Von: Jana Stäbener

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Özdemir und Buschmann wollen das Containern erleichtern, um Lebensmittel zu retten. Diese Theorie geht nicht auf, kritisiert der Handelsverband Lebensmittel.

Um Lebensmittelverschwendung zu reduzieren, will der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), dass das Containern von Lebensmitteln straffrei bleibt. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) schließt sich ihm an. Nun werben beide laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) dafür, einen Vorschlag des Landes Hamburg von 2021 zu unterstützen. Der sieht eine Änderung der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren vor, die von den Ländern beschlossen werden könnte.

Mit der Änderung würde „Containern“ nur noch bestraft, wenn damit auch Hausfriedensbruch „der über die Überwindung eines physischen Hindernisses ohne Entfaltung eines wesentlichen Aufwands hinausgeht oder gleichzeitig den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllt“. BuzzFeed News DE hat Supermarkt-Ketten und den Handelsverband Lebensmittel (BVLH) gefragt, was solch eine Änderung für sie bedeuten würde. Ihre Antworten klingen nicht gerade vielversprechend.

Marco Buschmann und Cem Özdemir bei einer Bundestagssitzung.
Marco Buschmann und Cem Özdemir wollen das Containern erleichtern. © Frederic Kern via IMAGO

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Sollte Containern straffrei werden?

„Wenn sich Menschen weggeworfene Lebensmittel mit nach Hause nehmen, ohne dabei eine Sachbeschädigung oder einen Hausfriedensbruch zu begehen, dann muss das nach meiner Meinung nicht weiter strafrechtlich verfolgt werden“, sagte Buschmann laut dpa. Özdemir schlug vor, die Änderungen bei den Richtlinien zum Verfahrensrecht könnten Bausteine im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung sein – „hier können auch die Bundesländer einen konkreten Beitrag leisten“.

Der BVLH hält nicht viel von den Ideen der beiden Minister für straffreies Containern. „Der Vorschlag erzeugt leider den falschen Eindruck, wenn man das Containern rechtlich erleichtern würde, wäre das ein wichtiger Beitrag, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Das stimmt nicht“, sagt Pressesprecher Christian Böttcher gegenüber BuzzFeed News DE.

Er verweist darauf, dass der Anteil des Lebensmittelhandels an den jährlich anfallenden Lebensmittelabfällen von elf Millionen Tonnen gerade einmal bei sieben Prozent liege, wie das Bundesministerium für Landwirtschaft zeigt. Fast 60 Prozent der Lebensmittelabfälle entstehen in Privathaushalten. „Auf die Idee, dafür die Erlaubnis zu erteilen, private Abfalltonnen für Mülltaucher freizugeben, kommt verständlicherweise niemand“, ärgert sich Böttcher.

Ein Mitarbeiter des Supermarktes Lestra bringt Obst zu einem Müllcontainer. Das „Containern“ ist hier erlaubt
Wer Nahrung aus Supermarkt-Mülltonnen nimmt, muss möglicherweise mit Strafe rechnen. Das wollen Özdemir (Grüne) und Buschmann (FDP) nun ändern und ziehen dafür die Länder in Verantwortung. © Carmen Jaspersen/dpa

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Container werden auch weiterhin in verschlossenen Bereichen stehen

Außerdem landeten in den Abfalltonnen des Handels auch Nahrungsmittel, die zur Entsorgung bestimmt seien, weil sie zum Beispiel zurückgerufen wurden. „Die sind gesundheitlich nicht mehr unbedenklich“, so Böttcher. Auch Aldi Nord könne „nicht zuletzt auch aus haftungsrechtlichen Gründen das sogenannte ‚Containern‘ nicht tolerieren“, da in den Abfällen auch für den menschlichen Verzehr ungeeignete Lebensmittel landeten. „Auch aus diesem Grund sind unsere Abfallbehälter in der Regel nicht zugänglich“, so ein Aldi-Sprecher zu BuzzFeed News DE.

Der Handelsverband Lebensmittel bestätigt, dass Abfallcontainer von Supermärkten in der Regel verschlossen in sogenannten „umfriedeten Bereichen“ stehen. „Um also an diese Container zu gelangen, begehen Mülltaucher automatisch Sachbeschädigung und oder Hausfriedensbruch“, sagt Böttcher. Er wisse also nicht wirklich, was der Vorschlag von Özdemir und Buschmann ändern würde.

Straffreies Containern: Supermärkte erleichtern dann trotzdem nicht den Zugang

Wir fragen Böttcher, ob er sich vorstellen könne, dass Supermärkte wegen der Änderung den Zugang zu Müllcontainern erleichtern, um das Containern zu ermöglichen. „Nein, das können wir uns nicht vorstellen. Das wäre auch der falsche Weg. Verkehrsfähige Lebensmittel, die Händler nicht mehr verkaufen können, werden in der Regel an gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln gespendet“, sagt der BVLH-Sprecher.

Auf Anfrage von BuzzFeed News DE sagt auch Aldi Nord, dass man „alle nicht mehr verkaufs-, aber noch verzehrfähigen Lebensmittel“ in der Regel spende. Hierfür kooperiere man seit vielen Jahren mit regionalen gemeinnützigen Organisationen und Tafeln. Die unterstützt auch Markus Söder und postet Fotos, wie er bei einer Tafel hilft – dafür erntet er viel Kritik. Außerdem nutze man ein „intelligentes Bestellvorschlagssystem, das automatisch die benötigte Ware erfasst und entsprechend bestellt“. So werde weniger weggeworfen.

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