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Der Klimawandel ist ein deprimierendes Thema - lasst uns anders darüber reden!

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Earth Day 2022: Über Klimawandel sollte nicht zu negativ berichtet werden.
Der Earth Day 2022 ist ein guter Anlass, um zu sagen: Berichterstattung zum Klimawandel muss lösungsorientierter werden. © ZUMA Press/IMAGO

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Heute ist Earth Day 2022 und wir reden wieder über Klimawandel. Aber muss das deprimierend sein? Lasst uns in Zukunft lösungsorientierter sprechen!

Um den Klimawandel zu bewältigen, wobei die nächsten drei Jahre entscheidend sind, müssen wir sofort sinnvolle Maßnahmen ergreifen. Auch wenn es natürlich einige Fortschritte gab, haben sich viele Menschen aus der Klima-Diskussion aber schon ausgeklinkt und fühlen sich apathisch oder hilflos, wenn es darum geht, etwas zu verändern. In vielen Ländern fehlt der politische Wille, auf Bequemlichkeit und Komfort zu verzichten, um die Emissionen fossiler Brennstoffe zu minimieren. Das wirft die Frage auf: Wie können wir so über den Klimawandel sprechen, dass wir uns engagieren, statt uns zu distanzieren?

Forschende wissen seit mehr als einem Jahrhundert, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe Treibhausgase in die Atmosphäre freisetzt. Doch Lobbyarbeit und Verschleierung durch die Öl- und Gaskonzerne haben dazu beigetragen, dass die weltweite Reaktion eher verhalten war. Laut einer internationalen Studie von Ipsos, die letztes Jahr veröffentlicht wurde, glauben 20 Prozent der Menschen unter 35 Jahren, dass es „zu spät“ sei, den Klimawandel aufzuhalten.

Earth Day 2022: Journalist:innen müssen bei Klima-Themen die richtige Sprache verwenden

Der Skandal-Aspekt des Journalismus – ausführliche Berichterstattung über Themen, die bei den Leser:innen Angst oder Wut auslösen, und dadurch höhere Leser:innen-Zahlen garantieren – spielt wahrscheinlich eine Rolle beim weit verbreiteten Fatalismus in der Gesellschaft. Auf der anderen Seite ist es jedoch wenig hilfreich, wenn Reporter Hitzewellen, Waldbrände, Wirbelstürme und Überschwemmungen ignorieren würden, die sich Jahr für Jahr verschlimmern. Die Menschen müssen wissen, welche Entwicklungen es in ihrer Gegend bezogen auf das Klima gibt, damit sie sich angemessen vorbereiten können.

Bei BuzzFeed News schreiben wir oft über neue Temperaturrekorde oder das Schmelzen der Pole in der Antarktis, über das Forschende rätseln. Wir schreiben auch über die Auswirkungen des Klimawandels auf unseren Alltag, wie beispielsweise, dass Zugfahren durch den Klimawandel immer gefährlicher wird. Die Sprache, die Journalist:innen verwenden, um über Klima-Themen zu schreiben, wurde im Laufe der Jahre mehrfach überarbeitet, um die Genauigkeit der Berichterstattung und das Verständnis bei den lesenden Personen zu verbessern.

„Klimawandel“ statt „globaler Erwärmung“ – was ist besser?

Die Tatsache, dass wir in der Regel von „Klimawandel“ und nicht von „globaler Erwärmung“ sprechen, spiegelt eine Entwicklung wider, die laut Nasa erstmals 1979 von Wissenschaftlern vorangetrieben wurde. Es dauerte dann noch einige Jahrzehnte, bis sie sich durchgesetzt hatte. Einige Laien, insbesondere Skeptiker des Klimawandels, glauben, dass der Mensch den Planeten unmöglich erwärmen kann, vor allem wenn es in einigen Regionen immer noch regelmäßig zu Schneestürmen und Minusgraden kommt. Die Auswirkungen auf Niederschläge und den Meeresspiegel wurden von der Öffentlichkeit bis vor kurzem komplett ignoriert.

Zwar hat sich der Planet in den letzten 200 Jahren tatsächlich erwärmt, wie Carbonbrief berichtete – laut Ippc um etwa ein Grad Celsius – doch die Auswirkungen dieser Erwärmung erscheinen manchmal so, als ob sie mit der Erderwärmung in keinem Zusammenhang stehen. Das zu realisieren, hat einen großen Effekt darauf, wie die Öffentlichkeit informiert wird. In einer Studie wurde beispielsweise festgestellt, dass Republikaner:innen den „Klimawandel“ tendenziell als ernster einstufen als die „globale Erwärmung“, während bei Demokrat:innen das Gegenteil der Fall ist.

An diesem Earth-Day dreht sich alles um die genaue Formulierung von Klima-Wörtern

Vor Kurzem haben einige Medien damit begonnen, die aktuelle Situation als „Klimakrise“ zu bezeichnen, um die Ernsthaftigkeit der Bedrohung hervorzuheben und die Menschen zum Handeln aufzufordern. Aber auch dies ist keine unproblematische Entscheidung. Eine Studie aus dem Jahr 2021, die in der Fachzeitschrift Climate Change veröffentlicht wurde, ergab, dass die Bezeichnung „Krise“ oder „Notfall“ das Engagement in der Öffentlichkeit nicht steigern würde. Die Bezeichnung „Notfall“ wirke sich sogar negativ aus, da die Menschen die Nachrichtenagentur eher als unglaubwürdig einstuften, möglicherweise weil die Formulierung ihnen unnötig alarmierend erscheint. Auch wir von BuzzFeed haben das Wort „Klimakrise“ schon verwendet: zum Beispiel hier geht es um sieben Gesundheitsrisiken, die auf die Klimakrise zurückzuführen sind.

Es ist auch wichtig, dass wir uns bewusst machen, wie die Lobbyarbeit von Unternehmen die Art und Weise beeinflusst hat, wie wir Klimaziele kommunizieren. Laut Mashable wurde das Konzept des „CO2-Fußabdrucks“ von British Petroleum (BP) in den frühen achtziger Jahren entwickelt und ist seitdem Teil des allgemeinen Vokabulars, wenn es darum geht, weitere Erwärmung zu verhindern. Der CO2-Fußabdruck macht in erster Linie die Einzelnen für ihren Verbrauch an fossilen Brennstoffen verantwortlich, während gasfressende Branchen wie die Energie-, Bau-, Transport- und Agrarindustrie aus der Verantwortung genommen werden.

Individuelle Handlungen wirken sich sicherlich auf die Umwelt aus, aber eine obdachlose Person in den Vereinigten Staaten, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, hat nach einer Studie des Massachusetts Institute of Technology immer noch einen doppelt so großen CO2-Fußabdruck wie der weltweite Durchschnitt. Persönliche Entscheidungen sind nicht alles, wie die weltweiten Corona-Lockdowns gezeigt haben: Diese haben die weltweiten Emissionen nur geringfügig reduziert.

Earth Day 2022: Flut aus schlechten Nachrichten verursacht Burnout

Dieses Ungleichgewicht zwischen dem, was von vielen Menschen an vernünftigem Verhalten verlangt wird und den nur geringen Auswirkungen, die dieses umgestellte Verhalten auf den Klimawandel haben, kann bei vielen zu Burnout führen. Und Burnout verschwendet Zeit, was wir uns nicht leisten können.

In einer Ipsos-Studie von 2021 heißt es: „Mehr als die Hälfte der Welt glaubt zwar immer noch, dass wir etwas gegen den Klimawandel tun können (58 Prozent), aber der Fatalismus, der in dieser Studie aufgezeigt wird, wird täglich durch eine Flut an schlechten Nachrichten bestätigt. Die Bürger:innen weltweit sind sich einig (62 Prozent), dass sie viel mehr über die negativen Auswirkungen des Klimawandels hören, als über die Fortschritte bei der Eindämmung des Klimawandels, was zu einer großen Lösungs-Lücke führt.“

Wenn Journalismus sich auf Lösungen fokussiert, bringt das mehr Engagement

Aus diesem Grund sind die Begriffe, die wir zur Beschreibung des Phänomens verwenden („Klimawandel“ gegenüber „globaler Erwärmung“; „Klimakrise“ oder „Klimanotstand“), nicht annähernd so wichtig wie die Art, wie wir die Geschichte um sie herum aufbauen. In der Studie Climate Change von 2021 wurde festgestellt, dass die Fokussierung auf Lösungen oft mehr Engagement nach sich zieht als der Versuch, die Menschen durch Abschreckung zum Handeln bringen. „Nachrichten, die das Handeln betonen, stimmen die Menschen hoffnungsvoll“, berichtete Grist.

Tatsächlich hat solch ein „Lösungsjournalismus“ in den letzten zehn Jahren langsam Gestalt angenommen, unter anderem dank des 2013 gegründeten gemeinnützigen Solutions Journalism Network. Das Ziel des Netzwerkes ist es, „bis 2025 sicherzustellen, dass die Mehrheit der US-Nachrichtenkonsument:innen, aber auch immer mehr Menschen weltweit Zugang zum lösungsorientiertem Journalismus haben, unabhängig davon, wo und wie sie ihre Nachrichten beziehen“.

Wie der Name schon andeutet, konzentriert sich der Lösungsjournalismus darauf, Antworten auf soziale Probleme zu finden, und stellt die Erkenntnisse, Beweise und Einschränkungen, die aus der journalistischen Arbeit gewonnen wurden, in den Mittelpunkt. Nach Angaben der Non-Profit-Organisation wurden in neun Jahren fast 13.000 Berichte von 6.000 Journalisten bei 1.600 Partnerorganisationen produziert.

Klimagerechtigkeit durch guten Klima-Journalismus

Ein Beispiel für lösungsorientierten Klima-Journalismus ist Nina Ignaczaks Bericht (2021) darüber, wie Schwarze Bewohner:innen mit niedrigem Einkommen in Detroit Zugang zu Solarenergie erhalten. Eine der Hauptauswirkungen des Klimawandels ist die Vertiefung der seit langem bestehenden und durch Rassismus verursachten Ungleichheit, die es für People of Color (POC) schwierig, wenn nicht gar unmöglich macht, sich dem Klimawandel anzupassen.

Indem aufgezeigt wird, wie dieses Ungleichgewicht überwunden werden kann, können immer mehr Menschen eine Idee davon bekommen, wie Klimagerechtigkeit aussehen könnte. „Die Leser:innen sind ziemlich anspruchsvoll und wissen, wann ihnen etwas aufgedrängt wird“, sagt Claudia Rowe, Reporterin bei Education Lab gegenüber niemanreports. „Es geht um Nuancen. Es geht nicht darum, Meinungen zu ändern, sondern Möglichkeiten aufzuzeigen.“

Positives Beispiel für Klima-Berichterstattung: Das Wort „Petrichor“ passt gut zum Earth-Day

Petrichor (peh-tri-kor) (n.): der anhaltende Duft des ersten Regens nach einer langen Trockenperiode. Etymologisch gesehen stammt das Wort aus dem altgriechischen petra (Fels) oder petros (Stein) und ichor, was so viel bedeutet wie „ätherische Flüssigkeit, die als Blut in den Adern der Götter fließt“. Das Phänomen wurde 1964 in einem Bericht in der Zeitschrift Nature benannt, in welchem die australischen Forscher:innen geschrieben haben: „Die Verschiedenartigkeit der Materialien, die als Wirt dienten, hat uns dazu veranlasst, den Namen ‚Petrichor‘ für diesen scheinbar einzigartigen Geruch vorzuschlagen, der als ein ‚ichor‘ oder eine ‚zähe Essenz‘ aus Fels oder Stein betrachtet werden kann.“

Um es einfach zu beschreiben, wenn auch in reduzierter Form: Während Trockenperioden setzen einige Pflanzen Öle frei, die dann von lehmhaltigen Böden absorbiert werden. Nach einem leichten Regen werden die Öle und die chemische Verbindung Geosmin in die Luft freigesetzt. Die menschliche Nase reagiert empfindlich auf Geosmin und der Mensch empfindet den Petroleumgeruch als angenehm, so die Wissenschaftler:innen, weil unsere „Vorfahren für ihr Überleben auf Regenwetter angewiesen waren“. Deshalb riecht es auch so verdammt gut.

Wenn du die Bedeutung oder Etymologie von petrichor noch nicht kennst, warst du wahrscheinlich noch nie auf Tumblr unterwegs.

Autorin ist Sydnee Thompson. Der Artikel erschien am 18. März 2022 auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Leon Lobenberg.

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