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Zweifelhafte Erziehungsmethode: „U-Boot-Eltern“ schaden ihren Kindern mehr als „Helikopter-Eltern“

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Von: Jana Stäbener

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„U-Boot-Eltern“ können den Erfolg ihrer Kinder im Leben beeinträchtigen. Wir erklären, was sich hinter der Erziehungsmethode verbirgt.

Erziehungsmethoden sind wohl so vielfältig, wie es Eltern auf dieser Erde gibt. Trotzdem nutzen Psycholog:innen und Pädagog:innen gerne bildhafte Sprache, um weit verbreitete „Elterntypen“ zu beschreiben. Dafür nutzen sie technische Geräte oder Fahrzeuge, wie beispielsweise beim Begriff „Helikoptereltern“ – dieses Wort kennt wohl jeder. Es hat keinen guten Beigeschmack.

Nicht umsonst machten sich Twitter-Nutzer:innen darüber lustig, dass Christine Lambrecht ihren Sohn im Regierungsflugzeug transportierte und nannten sie ein Paradebeispiel für eine Helikoptermutter. Helikoptereltern schwirren immerzu um ihr Kind herum und überladen es mit Aufmerksamkeit und Fürsorge. Immer noch besser als das, was „U-Boot-Eltern“ tun, findet ein Schulrechtsexperte.

„U-Boot-Eltern schaden ihren Kindern mehr als Helikoptereltern“

Gegenüber dem Focus Online erklärt der Schulrechtler Thomas Böhm, warum „U-Boot-Eltern“ so problematisch sind – vor allem in Bezug auf die Bildung und Karriere der eigenen Kinder. Wie bei den Begriffen „Helikopter“ und „U-Boot“ schon vermutet werden kann, könnten „Helikoptereltern“ und „U-Boot-Eltern“ nicht unterschiedlicher sein. „U-Boot-Eltern schaden ihren Kindern mehr als Helikoptereltern“, sagt der Experte dem Focus Online. Im Gegenteil: Die Kinder von Helikoptereltern sind erfolgreicher als andere, sagen Forschende aus den USA.

Denn während Helikoptereltern zwar intensiv um die Kinder herumschwirren und das für Lehrkräfte auch störend sein könne, hätten sie wenigstens ernsthaftes Interesse am Erfolg ihrer Kinder, so Böhm Gespräch mit Focus Online. U-Boot-Eltern hingegen „tauchen nicht auf, gehen nicht zum Elternsprechtag, sprechen nicht mit den Lehrern – erst wenn Versetzung gefährdet ist, fahren sie schwere Geschütze auf“. Sie ignorieren ihre Kinder und schalten sie aus, was der Kinderarzt Voigt als einen großen Erziehungsfehler bezeichnet.

Damit würden sie den Kindern noch mehr schaden, denn die Eltern bleiben quasi unter der Wasseroberfläche, bis ihr Nachwuchs in Situationen kommt, aus denen er ohne Hilfe nicht mehr herauskommt. Anstatt dann aber aktiv zu werden, erwarteten U-Boot-Eltern häufig von Lehrer:innen, dass sie das Problem lösen. „Diese Haltung kann nicht funktionieren“, warnt Böhm im Interview mit Focus Online.

Mädchen macht Hausaufgaben an einem Laptop – ohne jegliche Hilfe der Eltern.
Was genau sind eigentlich U-Boot-Eltern und warum sind sie besonders für Lehrer:innen ein Problem? © Westend61/IMAGO/Katharina Mikhrin

Erziehungsmethode „U-Boot-Eltern“ ist raus – wie wäre es mit bindungsorientierter Erziehung?

Das U-Boot ist als elterliches Erziehungsfahrzeug also raus. Der Helikopter steht auch nicht gerade gut da – außer bei Anton Hofreiter, der gefeiert wird, weil er seinen kleinen Sohn mit zu Bundestagssitzung nimmt. Bei dem ist das aber ein Männer- und Politiker-Bonus, vermuten User:innen auf Twitter. Doch welche Erziehungsmethode darf es dann sein? Am besten gar keine, findet Nora Imlau, die der Süddeutschen Zeitung (SZ) 2021 ein Interview zu ihrem neuen Ratgeber, dem „Familienkompass“ gab. Sie habe die tiefe Überzeugung, dass Elternschaft nicht bedeutet, Kinder mithilfe bestimmter Methoden zu vernünftigen Erwachsenen zu erziehen.

Imlau setzt bei ihren eigenen vier Kindern auf die „zugewandte Elternschaft“ (auch bindungsorientierte Erziehung genannt). Dieser Ansatz ist individueller und hat laut der Plattform Familie.de die Bedürfnisse aller Familienmitglieder im Blick. Er setzt nicht auf Perfektionismus und versucht Kindern nicht unbedingt Grenzen zu setzen, sondern eher eigene Grenzen zu formulieren. Kommunikation auf Augenhöhe stehe hier im Vordergrund, sagt Pädagogin Eliane Retz Familie.de über die bindungsorientierte Erziehung.

Durch diesen Perspektivwechsel dürften dann auch sowohl die Position von oben (Helikopter) und von unten (U-Boot) wegfallen. Diese Erziehungsmethode sei dann zwar anstrengender – habe aber durchaus Vorteile für die Kinder, da sie eine gute Vertrauensbasis für die Pubertät schaffe und bildungsorientiert erzogene Kinder nachweislich lösungsorientierter, weiter in der Sprachentwicklung und empathischer. Empathie hat jedoch auch negative Seiten und kann Rassismus und Sexismus verstärken.

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