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„Emotional spending“: Warum so viele junge Menschen trotz Inflation viel Geld ausgeben

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Von: Felicitas Breschendorf

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Frau, die sich über ihre Einkäufe freut. Shoppen kann glücklich machen – warum ist das so?
Shoppen kann glücklich machen – warum ist das so? (Symbolbild) © Imaginechina-Tuchong/ Imago

Besonders junge Menschen geben gerne Geld aus, um sich emotional zu belohnen. Die Finanzpsychologin Monika Müller erklärt, was du stattdessen tun kannst.

Hattest du schon mal einen schlechten Tag und hast dir etwas Schönes gekauft, um dich aufzumuntern? Dann hast du schon einmal „emotional spending“ erlebt – so nennt man das, wenn wir Geld ausgeben, um uns emotional besser zu fühlen. In Großbritannien nahmen diese emotionalen Einkäufe seit der Pandemie extrem zu. „Emotional spending“ ist laut dem amerikanischen Magazin Dazed besonders bei jungen Menschen beliebt, die für ihre Fast-Fashion-Exzesse bekannt sind.

Eine Studie der Bank Barclaycard zeigt, dass Brit:innen im Juli 2020 allein 40,6 Milliarden Pfund für nicht-lebensnotwendige Dinge ausgaben, also Möbel, Kleidung und so weiter. Wie Dazed berichtet, nahmen diese Zahlen auch nach dem Lockdown nicht ab – trotz Inflation und Energiekrise, also einer Zeit, in der wir eigentlich auf unser Geld achten sollten. Auch die Deutschen sparen laut Handelsblatt im dritten Quartal 2022 weniger als zuvor. Wir haben die Finanzpsychologin Monika Müller gefragt, warum das so ist. Und was wir stattdessen tun können, um uns emotional zu belohnen.

Wie funktioniert „emotional spending“ eigentlich?

Wenn wir uns ärgern oder unwohl fühlen, dann handelt es sich um emotionale Reaktionen. „Ein Kauf kann diese Emotionen reduzieren oder dämpfen“, sagt Müller. Käufe haben also eine ähnliche Wirkung wie Sport oder Freund:innen treffen: sie geben uns ein gutes Gefühl. Bin ich einsam oder habe sonst keine Möglichkeit, meine Emotionen auszugleichen, ist die Wahrscheinlichkeit laut Müller höher, dass ich „emotional spending“ betreibe.

In einer Krise wie der Inflation sparen wir nicht gerne, auch wenn es sinnvoll ist

Eine Vertrauensstudie aus diesem Jahr ergab, dass ein Viertel der Jugendlichen nicht optimistisch in die Zukunft blicken. Diese Unsicherheit in Bezug auf die Zukunft kann laut Müller dazu führen, dass junge Menschen aufhören zu sparen. Die Logik dahinter: „Wenn nicht klar ist, ob es mir morgen noch gut geht, dann soll es mir wenigstens heute gut gehen.“

Der andere Fall, den Müller beschreibt, handelt von einer Person, die schon seit einigen Jahren spart, durch die Krise aber frustriert ist. „Wenn die Inflation oder Miete steigt, dann führt Sparen in der Form, wie ich es in der Vergangenheit gemacht habe, vielleicht nicht mehr dazu, dass ich am Ende des Monats genügend übrig habe.“ Die Folge kann sein, dass ich mich schlecht fühle und wieder etwas kaufe, was dazuführt, dass ich noch weniger Geld zum Sparen habe: Diesen Teufelskreis nennt man laut Müller „erlernte Hilflosigkeit“.

Junge Menschen können schlechter mit Geld umgehen, als alte Menschen

Wenn wir eine Entscheidung treffen, dann findet in unserem Kopf laut Müller immer ein Zusammenspiel aus Rationalität und Emotionen statt. Auch bei der Frage, ob es sinnvoll ist, für eine Sache Geld auszugeben oder eben nicht. Bei jungen Menschen liege hier jedoch ein Ungleichgewicht vor: „Emotionen haben bei jungen Menschen einen größeren Anteil bei Entscheidungen. Sie haben noch nicht so gut wie ältere Menschen gelernt, ihre Emotionen zu steuern und zu managen“, sagt Müller gegenüber BuzzFeed News DE. Aus diesem Grund können junge Menschen laut der Finanzpsychologin in der Regel weniger gut mit Geld umgehen.

Was ist aber überhaupt so schlimm daran, wenn Emotionen beim Kauf im Spiel sind? „In dem Moment, in dem Emotionen meine Entscheidung beeinflussen, kann ich nicht mehr richtig einschätzen, worauf ich achten muss. Also zum Beispiel: Was brauche ich wirklich, wie viel kann ich mir leisten?“, sagt Müller.

Die Gefahr von „emotional spending“

Bei „emotional spending“ besteht laut Müller die Gefahr, sein Konto zu überziehen. Jeder fünfte junge Mensch ist laut einer Studie verschuldet. Hinzukomme ein weiteres Problem: „Wenn ich mein Konto überziehe, brauche ich eigentlich persönliche Stabilität und die Hoffnung, da wieder herauszukommen“, sagt Müller gegenüber BuzzFeed News DE. Habe ich diese Stabilität nicht, könne die Folge sein, dass ich wieder Geld ausgebe, um mich besser zu fühlen – ich bleibe also in einer nie enden wollenden Spirale hängen.

Bei emotionalen Käufen ohne Guthaben auf dem Konto „überwiegt nicht mehr, das, was ich kaufe, sondern dass ich mich selbst dabei nicht mag.“ Im schlimmsten Fall könne das zu einer Depression führen. Auch die kann „emotional spending“ wieder verstärken: „Menschen, die psychische Krankheiten haben, können oft noch schlechter mit Geld umgehen.“

Wie du mit Emotionen beim Einkaufen umgehen kannst

Die meisten von uns haben schon „emotional spending“ erlebt, wird während des Gesprächs mit Müller deutlich. Hin und wieder sei das auch überhaupt nicht schlimm. „Geld löst immer Emotionen aus“, sagt Müller. Wenn wir auf unser Konto schauen, dann fühlen wir etwas dabei: ob das Wut ist, Traurigkeit, oder Freude. Wir müssen, wie die Finanzpsychologin sagt, nur lernen, sie zu kontrollieren.

Wenn du auf dein Konto schaust, sei es wichtig, „die Emotionen wahrzunehmen und in dem Moment zu überlegen: Soll dieser Ärger, Angst oder Freude wirklich meine nächsten Entscheidungen steuern?“ Selbst wenn du dich über die Zahl auf deinem Konto freust, solltest du „wieder in die Neutralität zurückkommen“ – dich also von deinen Emotionen distanzieren.

Was du statt „emotional spending“ tun kannst, um dich gut zu fühlen

Müller empfiehlt seinen Ärger an anderer Stelle Luft zu machen, als mit einem Kauf. Du kannst zum Beispiel „in den Wald gehen und einmal wirklich laut schreien“. Das gute Gefühl, das ein Kauf auslöst, können wir uns laut Müller auch einfach woanders holen. Zum Beispiel durch soziale Kontakte. Die Anerkennung, die man bekommt, weil man ein neues Kleidungsstück trägt, könne man sich auch durch soziales Engagement erarbeiten.

Und was ist, wenn ich mich besser fühle, weil meine Wohnung ein Stück schöner aussieht? Oder wenn ich das Bedürfnis nach Veränderung habe? Die Finanzpsychologin verweist hier auf Tauschbörsen, wie etwa Ebay-Kleinanzeigen. Auch Kleidung kann man günstiger kaufen: Wie die Tagesschau berichtet, nehmen Second-Hand-Käufe zurzeit tatsächlich zu. Wer Lust auf einen Blumenstrauß hat, könnte laut Müller „auf eine Wiese gehen und ein bisschen die Augen aufmachen, auch wenn man im Park die Blumen besser stehen lassen sollte“. Was die Psychologin damit sagen möchte: Oft im Leben gibt es eine kostenfreie Alternative.

Hier sind 21 Tipps, wie du dein Zuhause für wenig Geld komplett verwandeln kannst.

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