Energiekrise und Inflation: Menschen geben weniger für nachhaltige Produkte aus

Energiekrise und Inflation haben scheinbar Auswirkungen auf das Einkaufsverhalten. Besonders hart trifft es Bio-Supermärkte, Reformhäuser und Naturkostläden.
2020 war ein Bio-Rekordjahr: Um 22,3 Prozent legten Bio-Lebensmittel damals zu, hieß es vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Auch 2021 gaben die Deutschen wieder mehr Geld für Bio-Produkte aus, nämlich rund 16 Milliarden Euro. Bio schien auf einem Erfolgskurs, eroberte Discounter-Regale und Bio-Supermärkte boomten. BuzzFeed News Autor Mika, erzählt hier, von seinem Vorsatz nur noch bio und unverpackt zu kaufen.
Doch Energiekrise und hohe Inflation lassen die Kund:innen zurückhaltender werden. Sie wollen Strom und Gas sparen und beim Lebensmitteleinkauf wird auf den Preis geschaut: „Deutsche Verbraucher kaufen weiter nachhaltig ein, aber eben günstiger“, sagt Robert Kecskes vom Marktforschungsinstitut GfK gegenüber dem Handelsblatt.
Deutlich weniger Verbraucher:innen akzeptieren höhere Kosten für nachhaltige Produkte
Innerhalb eines Jahres hat sich der Anteil der Verbraucher:innen, die höhere Kosten für nachhaltige Produkte akzeptieren, mehr als halbiert, wie Monitor Deloitte, die Unternehmensberatung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, mitteilte und die Deutsche Presse-Agentur berichtet. 2021 hätten das im Schnitt 67 Prozent der Befragten gesagt, mittlerweile nur noch 30 Prozent.
Das Unternehmen befragte im August 2022 rund 1.500 Verbraucher:innen ab 18 Jahren. „Diese Zahlen deuten zumindest für den Moment eine Umkehrung der Verhältnisse an“, sagte Thorsten Zierlein, Fachmann für den Einzelhandel bei Deloitte. Allerdings gehen die Unternehmensberater davon aus, dass sich dies bei einer Verbesserung der Konjunktur wieder ändern wird
Dabei hat sich an der grundsätzlichen Einstellung eher wenig geändert: So sagten beispielsweise 50 Prozent, dass ihnen nachhaltige Erzeugung bei Lebensmitteln wichtig sei. Vor einem Jahr waren es 53 Prozent gewesen. Doch sagten gleichzeitig 41 Prozent, dass nachhaltige Produkte entweder billiger sein oder sie selbst mehr verdienen müssten, damit sie diese auch tatsächlich kaufen würden.
Bio-Supermärkte gehören zu den Verlierern der (Energie)Krise
Bio-Lebensmittel und nachhaltige Produkte vom Discounter und Handelsmarken haben deutlich zulegt, „während Herstellermarken kräftig verloren haben“, heißt es beim Handelsblatt. Beispielweise neun Prozent Umsatz bei verpackten Bio-Nahrungsmittel. BuzzFeed News hat hier nachgefragt, wie gut die Bio-Produkte bei Aldi, Lidl und Co. wirklich sind.
Auch bei anderen Lebensmitteln werden die Eigenmarken, wie „Ja“ oder „Gut&Günstig“ immer beliebter. Sie liegen zwar meist preislich unter den Angeboten der bekannten Markenhersteller, aber wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, hat die Sache einen Haken: Auch die Eigenmarken der Handelsketten werden teurer – und die Preissteigerungen waren hier zuletzt sogar höher als bei den Markenprodukten.
Reformhauskette Bacher, Superbiomarkt und „Original Unverpackt“ müssen Insolvenz anmelden
Die Verschiebung hin zu günstigerem Konsum betrifft allerdings nicht nur die Hersteller der nachhaltigen Produkte, sondern auch die Fachmärkte für diese Produkte. Der Umsatz in Bio-Supermärkten brach laut GfK im ersten Halbjahr um 16,5 Prozent ein. Naturkostläden und Reformhäuser verloren sogar 39,1 Prozent.
Einige trifft es so hart, dass sie Insolvenz anmelden mussten. Die Reformhauskette Bacher zum Beispiel, wie das Handelsblatt berichtet und die Handelskette Superbiomarkt, die auf Insolvenz in Eigenverwaltung stellte. Weniger Umsatz aufgrund des veränderten Kaufverhaltens der Kund:innen und die enorm gestiegenen Kosten wegen der Energiekrise waren zu viel.
Bereits im Juni verkündete das 2014 gegründete Berliner Unternehmen „Original Unverpackt“, das verpackungsfreie Lebensmittel verkauft, dass es offiziell Insolvenz angemeldet habe. Dass es dazu gekommen ist, liege auch hier an den äußeren Umständen. „Die aktuellen Krisen sind einfach zu viel“, sagt Geschäftsführerin Milena Glimbovski im Gespräch mit Buzzfeed News Deutschland.