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Krankenkassenbeiträge steigen: „Starke Belastung“ für Menschen mit geringem Einkommen

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Von: Jana Stäbener

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Die Krankenkassenbeiträge sollen auf ein Rekordhoch steigen. Dies sei zwar die „einzige Option“, aber löse nicht das Grundproblem, findet die deutsche Patientenberatung.

Nächstes Jahr steigen die Krankenkassenbeiträge um 0,3 Prozentpunkte auf durchschnittlich 16,2 Prozent. So soll das für 2023 erwartete Defizit von 17 Milliarden Euro gedeckt werden. Bereits im Juni schlug Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen höheren Zusatzbeitrag für Krankenkassen vor, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete.

Schon damals stieß die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge auf Kritik, unter anderem von Markus Jerger, Vorsitzender des Bundesverbandes „Der Mittelstand“ (BVMW). „Eine weitere Erhöhung der Krankenkassenbeiträge kann sich Deutschland nicht mehr leisten“, sagte er der dpa. Schon jetzt habe man die größte Abgaben- und Steuerlast in Europa – steht also vor einer „historischen Herausforderung“, wie es Scholz formulierte.

Auch die unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) steht der Beitragserhöhung kritisch gegenüber – sie sei jedoch die einzige Option für den Gesundheitsminister gewesen, sagt Marcel Weigand, der Leiter für Kooperationen und digitale Transformation bei der UPD gegenüber BuzzFeed News DE. Das Grundproblem liege in der Struktur des deutschen Gesundheitssystems.

Krankenkassenkarten und Pflegekräfte in einem Krankenhaus.
Die Krankenkassenbeiträge steigen um 0,3 Prozent. Laut unabhängiger Patientenberatung Deutschland (UPD) liegt die Ursache in der Struktur des Gesundheitssystems. © epd/Panthermedia/IMAGO

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Erhöhung der Krankenkassenbeiträge 2023 ist „die einzige Option“

Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) lagen Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen zum Spargesetz von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor, aus denen die steigenden Krankenkassenbeiträge hervorgehen. Erst vergangene Woche wurde noch eine Erhöhung um 0,2 Prozent in Aussicht gestellt, die aber laut Änderungsanträgen nicht ausreicht, um die fehlenden 17 Milliarden Euro der Krankenkassen auszugleichen.

„Es gibt zwei Stellschrauben, wenn das Gesundheitssystem immer höhere Kosten verursacht: entweder man kürzt Leistungen oder man muss die Krankenkassenbeiträge anheben. Das Kürzen von Leistungen hat Minister Lauterbach ausgeschlossen, also ist die Steigerung der Beiträge die einzige Option“, sagt Weigand gegenüber BuzzFeed News DE.

„Die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge, die jetzt beschlossen wurde, ist eine starke zusätzliche Belastung – gerade für geringere Einkommen.“ Sie sei jedoch unvermeidlich gewesen, denn einzelne Krankenkassen seien wirtschaftlich stark gefährdet. Den Grund dafür sieht die UPD im System. „Die Beitragserhöhung ist das Ergebnis von nicht erfolgten Strukturreformen im Krankenhausbereich“, sagt Weigand.

Pflegenotstand in deutschen Kliniken: Zu viele Betten und unnötige Behandlungen

Seit Jahren kritisiere der Sachverständigenrat des Gesundheitswesens, dass es in Deutschland zu viele Kliniken und Betten sowie zu viele unnötige Behandlungen und Operationen gebe, sagt Weigand. „Dass sich da bisher trotzdem niemand herangewagt hat, fällt uns jetzt auf die Füße“, so Weigand. Deutschland stecke so viel Geld in das Gesundheitswesen, wie fast kein anderes Land in der EU. „Wir bekommen es aber nicht hin, dass das Geld ausreicht und die Krankenkassenbeiträge nicht ständig ansteigen müssen.“

Der Pflegenotstand, von dem viele Pfleger:innen berichten, sei teilweise hausgemacht, sagt Weigand. „Die Leopoldina schlägt schon lange vor, dass man mit einem Viertel der Kliniken und einem Drittel weniger Betten im deutschen Gesundheitssystem auskommen würden. Dies würde auch den Pflegenotstand etwas reduzieren“, glaubt Weigand. „Es war ein Fehler, dass wir uns immer dann, wenn eigentlich genügend Geld da war, vor einer Strukturreform gedrückt haben.“

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