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Neuer nicht mit „One Love“-Kapitänsbinde – „mehr als frustrierend“

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Von: Felicitas Breschendorf

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Das WM-Streitthema um die „One Love“-Kapitänsbinde für mehrere europäische Nationen eskaliert. Wegen angedrohter Sanktionen verzichten auch der DFB und Kapitän Manuel Neuer.

Update vom 22.11.2022, 15:00 Uhr: Doha (dpa) – Die „One Love“-Kapitänsbinde der europäischen Kapitäne um Manuel Neuer hat am zweiten WM-Tag zum großen Zerwürfnis mit dem Weltverband FIFA geführt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur setzte die FIFA die an der Kampagne für Menschenrechte und Vielfalt beteiligten UEFA-Teilnehmer stark unter Druck – und drohte mit sportlichen Sanktionen. Der Deutsche Fußball-Bund und die weiteren Verbände verzichten in Katar deshalb nun doch auf das symbolträchtige Stückchen Stoff.

Die Eskalation um die „One Love“-Binde reichte weit über die Grenzen Katars hinaus bis in höchste politische Kreise. Neben der Spitze des Deutschen Fußball-Bundes kritisierten am Montag (21. November) Bundestags- und EU-Abgeordnete die kaum nachvollziehbare scharfe Drohung der FIFA.

„Es handelt sich aus meiner Sicht um eine Machtdemonstration der FIFA“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf am Montag (21. November) am Trainingsplatz der deutschen Nationalmannschaft im Norden Katars. „Das ist aus unserer Sicht mehr als frustrierend und auch ein beispielloser Vorgang der WM-Geschichte.“ DFB-Geschäftsführer Oliver Bierhoff äußerte, es fühle sich „schon stark nach Zensur an“. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schaltete sich aus Paris ein und kritisierte, jedes Kind lerne „in der F-Jugend, dass Fußball nur mit Fair Play und Vielfalt funktioniert. Wenn internationale Sportfunktionäre das wegzensieren – auf dem Rücken der Spieler – dann machen sie den Fußball kaputt.“

Originalmeldung vom 23.09.2022, 14:59 Uhr: Als Zeichen gegen Diskriminierung soll Manuel Neuer bei der Weltmeisterschaft (WM) in Katar eine bunte Kapitänsbinde tragen. Das berichtete die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am 21. September. Die abgebildete Flagge „One Love“ hat der Deutscher Fußball-Bund (DFB) ausgewählt. Mit der Regenbogenflagge, die für die LGBTQIA+-Bewegung steht, hat sie nichts zu tun. Auf Twitter kritisieren Fans die Kapitänsbinde – auch vor dem Hintergrund, dass die WM in Katar stattfindet, wo Homosexualität gesetzlich verboten ist. BuzzFeed News DE hat die wichtigsten Reaktionen gesammelt.

„One Love“: DFB und neun andere Länder wollen die bunte Kapitänsbinde nutzen

Auf der Kapitänsbinde steht „One Love“. Daneben ist ein Herz mit den folgenden Farben abgebildet: Rot, Schwarz, Grün, Pink, Geld, Blau. Die Regenbogenflagge hat andere Farben. Der DFB möchte die Kapitänsbinde gemeinsam mit anderen Verbänden nutzen. Das betrifft laut Tagesschau folgende Länder:

Katar: Menschenrechtsverletzungen und Kriminalisierung von Homosexuellen

Die Weltmeisterschaft in Katar sieht sich schon länger Kritik ausgesetzt. Das Land ist für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen bekannt. Auch bei den Vorbereitungen zur WM soll es welche gegeben haben – die Ausbeutung haben Organisatoren der Fußball-WM bereits zugegeben.

Kritisiert wird auch die Diskriminierung und Kriminalisierung von Homosexuellen in dem arabischen Land. Rund 48 Prozent der Deutschen sind deshalb, laut einer von queer.de durchgeführten Umfrage, für einen Boykott der WM. Besonders als Robert Habeck sich im März vor dem Energieminister Katars Saad Scharida al-Kaabi verbeugte, sorgte das für Spott im Netz. Viele kritisierten, wie freundliche der Wirtschaftsminister mit Politikern umging, die die Rechte von Homosexuellen, Frauen und anderen Gruppen so offen verletzen.

Links: Manuel Neuer vor dem Tor. Bei der EM im vergangenen Jahr trug er noch die Regenbogenflagge. Rechts: Die „One Love“ Kapitänsbinde, die der DFB für die WM plant.
Links: Bei der EM im vergangenen Jahr trug Manuel Neuer noch die Regenbogenflagge. Rechts: Die „One Love“ Kapitänsbinde, die der DFB für die WM plant. © Federico Gambarini/ dpa/ Schüler/ Imago/ Collage/ BuzzFeed News

FIFA verbietet politische Botschaften wie die Regenbogenflagge in Katar

Für das Turnier in Katar verbietet die FIFA politische Botschaften von Spieler:innen, wie die Tagesschau berichtet. Deshalb kann die deutsche Mannschaft auch nicht die Regenbogenflagge zeigen. Gleichzeitig könnte die FIFA aus diesem Grund selbst die „One Love“-Flagge verbannen, heißt es bei der Tagesschau.

Die FIFA dulde außerdem nur Ausrüstung, die auch bei anderen offiziellen Trainings verwendet werden. Auch das würde eine besondere Kapitänsbinde ausschließen. Ob die FIFA „One Love“ wirklich als politische Botschaft betrachtet, ist nicht klar. Die Sportschau, die zu der Frage bei der FIFA nachgefragt hatte, erhielt keine Antwort.

„One Love“ statt Regenbogen bei der WM – der Hintergrund

Die Idee, „One Love“ bei der WM zu benutzen, entstand laut Tagesschau in einer Arbeitsgruppe der Union der Europäischen Fußballverbände (UEFA). Diese beschäftigt sich mit der Lage der Menschenrechte in Katar. Die Kapitänsbinde selbst sei nicht neu. Der niederländische Verband verwende diese seit zwei Jahren gegen Hass und Diskriminierung.

Auslöser war damals, dass der niederländische Spieler Ahmad Mendes Moreira bei einem Spiel rassistisch beleidigt wurde. Fußballer:innen erhalten immer wieder rassistische oder homophobe Hassnachrichten. Georginio Wijnaldum, Kapitän der Niederlande, trug „One Love“ bei der EM 2021 in Budapest. Zuvor hatte die UEFA verboten, ein ungarisches Stadion in den Farben der Regenbogenflagge leuchten zu lassen.

9 Tweets zur „One Love“-Kapitänsbinde des DFB

Doppelmoral oder nicht mit der Regenbogenflagge zu vergleichen? Hier sind neun Tweets darüber, was die „One Love“ Kapitänsbinde über den DFB aussagt:

1. „Pietätlos und ekelhaft“: Um wirklich ein Zeichen gegen Diskriminierung zu setzen, sollte die deutsche Mannschaft „gar nicht teilnehmen“.

Auf eine andere Art hat auch die queere Community bereits über die Regenbogenflagge diskutiert: Repräsentiert die Flagge die LQBTQIA+-Bewegung überhaupt richtig?

2. Homosexualität ist in Katar eine Straftat. „Achja, und wenn ihr schwul seid, bleibt am besten Zuhause“, schreibt der Twitter-User @philipsrck. „Aber hihi One Love und so.“

3. Das Katapult Magazin zeigt in einer ironischen Grafik, was der DFB für Menschenrechte macht:

4. Der Twitter-User @JonofUs kritisiert die Doppelmoral des DFB:

5. „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“, nennt Twitter-User Dirk Poschenrieder das Verhalten der DFB. Mit „One Love“ setze der DFB ein Zeichen, ohne sich selbst zu gefährden.

6. Die Twitter-User:in @tee_kesselschen klärt über die eigentliche Bedeutung von „One Love“ auf. Die Flagge sei kein „verdrehter Regenbogen“.

Die Farben von „One Love“ beziehen sich auf zwei Flaggen: Rot, Schwarz, Grün für Panafrika. Pink, Gelb, Blau für Pansexuell. Panafrika ist ein Begriff für die Einheit aller afrikanischen Menschen. Die pansexuelle Flagge ist in der queeren Community beliebt. Pansexuelle sind Menschen, die sich sexuell von allen möglichen Geschlechtern angezogen fühlen. Diese Bedeutung der Farben aus „One Love“ hat auch der DFB bestätigt.

7. Dieser Twitter-User hat eine andere witzige Idee, was die Farben bedeuten könnten:

8. Der Verein FV PlayFair!, der sich für faires Spielim Fußball einsetzt, steht der Aktion positiv gegenüber. Er bittet die Verbände allerdings, „One Love“ nicht nur „plakativ als PR-Aktion“ zu verwenden:

9. Auf die Armbinde „One Love“ gibt es auf Twitter auch positive Reaktionen – wenn auch nicht so viele.

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