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5 Gründe, warum wir Sanna Marin als finnische Ministerpräsidentin vermissen werden

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Von: Jana Stäbener

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Die Ministerpräsidentin verliert bei der Parlamentswahl in Finnland und wird das Land bald nicht mehr regieren. Mit ihr geht eine moderne Politikerin, die Feminismus lebte.

In Finnland konnten die Sozialdemokraten der 37 Jahre alten Ministerpräsidentin Sanna Marin bei der Parlamentswahl am Sonntag, 2. April 2023, zwar Zugewinne verzeichnen – die Position als stärkste Parlamentskraft verloren sie aber an die konservative Nationale Sammlungspartei von Ex-Finanzminister Petteri Orpo. Auch die rechtspopulistische Partei „Die Finnen“ zog an den Sozialdemokraten vorbei.

Finnland-Wahl 2023: Sanna Marin von den Sozialdemokraten keine Ministerpräsidentin mehr

„Die Demokratie hat gesprochen“, sagte Marin am späten Sonntagabend vor Parteianhänger:innen, als bereits fast alle Wähler:innenstimmen ausgezählt waren. Sie betonte zugleich, dass die Partei an der Regierungsspitze erstmals seit langer Zeit mehr Unterstützung als bei der vorherigen Wahl bekommen habe. Tatsächlich legten die Sozialdemokraten von 17,7 Prozent bei der Wahl vor vier Jahren auf nun 19,9 Prozent zu – die beiden anderen großen Parteien schnitten aber noch besser ab und kamen auf 20,8 beziehungsweise 20,1 Prozent der Stimmen.

Sanna Marin
Ministerpräsidentin Sanna Marin muss um ihr Amt bangen. © Sergei Grits/AP/dpa

Sanna Marin wird also bald nicht mehr Ministerpräsidentin von Finnland sein. Und das, obwohl ihre Regierung Finnland durch die Corona-Pandemie und dann gemeinsam mit Präsident Sauli Niinistö durch den in Kürze abgeschlossenen Nato-Beitrittsprozess führte. Marins Gegner:innen werfen ihr unter anderem vor, die Staatsschulden in die Höhe getrieben zu haben, ein Thema, das den Wahlkampf beherrschte.

Ihrer Anhänger:innen sahen in Marin eine „moderne und schlagkräftige Regierungschefin“. Genau die werden viele vermissen. Hier fünf Gründe, die wir an der amtierenden finnische Ministerpräsidentin vermissen werden.

1. Sanna Marin machte Frauen in der Politik sichtbar – und zwar so richtig.

Das am 15.03.2020 veröffentlichte Foto zeigt Li Andersson (l-r), Bildungsministerin von Finnland, Katri Kulmuni, Finanzministerin von Finnland, Sanna Marin, Ministerpräsidentin von Finnland, Anna-Maja Henriksson, Justizministerin von Finnland, und Maria Ohisalo, Innenministerin von Finnland, die an einem Fototermin für Finnlands Regierungsmitglieder teilnehmen.
Das am 15.03.2020 veröffentlichte Foto zeigt Li Andersson (l-r), Bildungsministerin von Finnland, Katri Kulmuni, Finanzministerin von Finnland, Sanna Marin, Ministerpräsidentin von Finnland, Anna-Maja Henriksson, Justizministerin von Finnland, und Maria Ohisalo, Innenministerin von Finnland, die an einem Fototermin für Finnlands Regierungsmitglieder teilnehmen. © Markku Ulander/dpa

Marin führt eine aus fünf Parteien bestehende Mitte-links-Koalition an. In ihrem Kabinett gab es zwölf Frauen und nur sieben Männer, was unter dem Verweis auf „Gleichberechtigung“ sogar kritisiert wurde. Für uns ist das jedoch ein starkes Zeichen, denn es macht Frauen in der Politik sichtbar. Im finnischen Parlament waren unter Marin immerhin 47 Prozent der 200 Abgeordneten Frauen – so wie diese finnische Abgeordnete, die sich auf TikTok als Alleinerziehende zeigt

2. Mit Sanna Marin geht die jüngste Regierungschefin, die es jemals gab.

Marin ist seit Ende 2019 finnische Ministerpräsidentin und trat ihr Amt mit nur 34 Jahren an. Damit löste sie die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern, die wir nach ihrem Rücktritt auch vermissen, als jüngste Regierungschefin jemals ab. Sie setzte damit ein Zeichen für alle jungen Frauen, die oft nicht für voll genommen werden. Ihr Nachfolger wird voraussichtlich Petteri Orpo werden, der Ex-Finanzminister von der konservativen Nationale Sammlungspartei. Ein weiterer Regierungschef, den du in unserem Quiz wohl kaum von weißen, männlichen Stockfoto-Typen unterscheiden kannst.

3. Marin machte immer wieder klar, dass es in der Politik nicht ums Alter gehen sollte.

Weil Marin die jüngste Regierungschefin war, brachte dies natürlich auch Fragen mit sich. Der finnischen Ministerpräsidentin war das jedoch immer ein Dorn im Auge. Sie habe ihren Job, weil sie demokratisch gewählt wurde, nicht weil sie „erst“ 34 sei, betonte Marin immer wieder. Außerdem habe dies ja keinen Einfluss auf ihre Politik und sei am Ende nur Altersdiskriminierung, die auch deutsche Politikerinnen erleben. In einem Interview beim World Economic Forum sagte ein Moderator zu ihr: „Ich weiß, Sie wollen nicht über ihre Rolle als junge Frau in einer führenden Position der Weltpolitik reden...“ Marin entgegnet: „Ja, und wir müssen das auch nicht machen, wissen Sie“.

4. Sanna Marin stellte immer wieder ihre Schlagfertigkeit unter Beweis.

Immer wieder zeigt sie diese Art der Schlagfertigkeit. So auch, als ein Reporter Sanna Marin und die neuseeländische Regierungschefin Jacinda Ardern fragt, ob sie sich nur treffen, weil sie so viel gemeinsam haben. Eine Aussage, die nach Sexismus riecht. Hier haben wir neun weniger sexistische Dinge gesammelt, die der Reporter lieber hätte fragen sollen. Auf die Frage reagiert nicht nur Ardern schlagfertig, sondern auch die damalige finnische Ministerpräsidentin. „Wir treffen uns, weil wir Ministerpräsidentinnen sind – natürlich“, schleudert Sanna Marin dem Journalisten entgegen.

5. Ihr Umgang mit dem Partyvideo war einfach menschlich gut.

Marin musste sich während ihrer Amtszeit vor allem mit einem Skandal herumschlagen: Ihr geleaktes Partyvideo, in dem sie so ausgelassen tanzte, dass ihr der Konsum von Drogen vorgeworfen wurde. Daraufhin machte Marin einen Drogentest, der negativ ausfiel. Sie rechtfertigte das Video im August 2022: „Ich bin ein Mensch, und ich vermisse auch manchmal Freude, Licht und Spaß inmitten dieser dunklen Wolken.“

Die vergangenen Tage seien nicht leicht für sie gewesen. Sie vertraue jedoch darauf, dass die Menschen darauf achten, was Politiker:innen beruflich tun und nicht privat. „Ich habe keinen einzigen Arbeitstag versäumt und keine Aufgabe unerledigt gelassen“, sagte sie und trifft damit einen wunden Punkt: Politiker:innen sollten nicht dafür verurteilt werden, ein Privatleben zu haben. Genauso wie auch Anne Spiegel, die wegen ihres Urlaubs sogar vom Amt als Familienministerin zurücktrat.

(Mit Material der dpa)

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