Marin führt eine aus fünf Parteien bestehende Mitte-links-Koalition an. In ihrem Kabinett gab es zwölf Frauen und nur sieben Männer, was unter dem Verweis auf „Gleichberechtigung“ sogar kritisiert wurde. Für uns ist das jedoch ein starkes Zeichen, denn es macht Frauen in der Politik sichtbar. Im finnischen Parlament waren unter Marin immerhin 47 Prozent der 200 Abgeordneten Frauen – so wie diese finnische Abgeordnete, die sich auf TikTok als Alleinerziehende zeigt.
Marin ist seit Ende 2019 finnische Ministerpräsidentin und trat ihr Amt mit nur 34 Jahren an. Damit löste sie die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern, die wir nach ihrem Rücktritt auch vermissen, als jüngste Regierungschefin jemals ab. Sie setzte damit ein Zeichen für alle jungen Frauen, die oft nicht für voll genommen werden. Ihr Nachfolger wird voraussichtlich Petteri Orpo werden, der Ex-Finanzminister von der konservativen Nationale Sammlungspartei. Ein weiterer Regierungschef, den du in unserem Quiz wohl kaum von weißen, männlichen Stockfoto-Typen unterscheiden kannst.
Weil Marin die jüngste Regierungschefin war, brachte dies natürlich auch Fragen mit sich. Der finnischen Ministerpräsidentin war das jedoch immer ein Dorn im Auge. Sie habe ihren Job, weil sie demokratisch gewählt wurde, nicht weil sie „erst“ 34 sei, betonte Marin immer wieder. Außerdem habe dies ja keinen Einfluss auf ihre Politik und sei am Ende nur Altersdiskriminierung, die auch deutsche Politikerinnen erleben. In einem Interview beim World Economic Forum sagte ein Moderator zu ihr: „Ich weiß, Sie wollen nicht über ihre Rolle als junge Frau in einer führenden Position der Weltpolitik reden...“ Marin entgegnet: „Ja, und wir müssen das auch nicht machen, wissen Sie“.
Immer wieder zeigt sie diese Art der Schlagfertigkeit. So auch, als ein Reporter Sanna Marin und die neuseeländische Regierungschefin Jacinda Ardern fragt, ob sie sich nur treffen, weil sie so viel gemeinsam haben. Eine Aussage, die nach Sexismus riecht. Hier haben wir neun weniger sexistische Dinge gesammelt, die der Reporter lieber hätte fragen sollen. Auf die Frage reagiert nicht nur Ardern schlagfertig, sondern auch die damalige finnische Ministerpräsidentin. „Wir treffen uns, weil wir Ministerpräsidentinnen sind – natürlich“, schleudert Sanna Marin dem Journalisten entgegen.
Marin musste sich während ihrer Amtszeit vor allem mit einem Skandal herumschlagen: Ihr geleaktes Partyvideo, in dem sie so ausgelassen tanzte, dass ihr der Konsum von Drogen vorgeworfen wurde. Daraufhin machte Marin einen Drogentest, der negativ ausfiel. Sie rechtfertigte das Video im August 2022: „Ich bin ein Mensch, und ich vermisse auch manchmal Freude, Licht und Spaß inmitten dieser dunklen Wolken.“
Die vergangenen Tage seien nicht leicht für sie gewesen. Sie vertraue jedoch darauf, dass die Menschen darauf achten, was Politiker:innen beruflich tun und nicht privat. „Ich habe keinen einzigen Arbeitstag versäumt und keine Aufgabe unerledigt gelassen“, sagte sie und trifft damit einen wunden Punkt: Politiker:innen sollten nicht dafür verurteilt werden, ein Privatleben zu haben. Genauso wie auch Anne Spiegel, die wegen ihres Urlaubs sogar vom Amt als Familienministerin zurücktrat.
(Mit Material der dpa)