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Warum die Deutschen weniger Fleisch essen und ein Problem bei veganen Ersatzprodukten haben

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Von: Felicitas Breschendorf

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Der Fleischkonsum nimmt ab. Steckt der Ernährungstrend oder die Inflation dahinter? Eine Verbraucherschützerin klärt auf.

Die Menschen in Deutschland essen immer weniger Fleisch. Pro Person seien 2022 noch 52 Kilogramm Fleisch verzehrt worden, rund 4,2 Kilogramm weniger als im Vorjahr, berichtet das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) gestützt auf vorläufige Zahlen. Dies sei der niedrigste Stand seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1989.

Laut BZL aßen die Menschen rund 2,8 Kilogramm weniger Schweinefleisch, 900 Gramm weniger Rind- und Kalbfleisch sowie 400 Gramm weniger Geflügelfleisch. Für Branchenkenner ist weniger der seit Jahren zu beobachtende Trend bemerkenswert, als vielmehr die Höhe des Rückgangs. Er war doppelt so hoch wie im Vorjahr.

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Igitt Fleisch? Vegane Ersatzprodukte sind womöglich nicht die Lösung, wenn man günstig auf Fleisch verzichten möchte. © Imago/ Cavan Images

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Verband der Fleischwirtschaft: Inflation führt zu Fleischverzicht

Der Verband der Fleischwirtschaft sieht den Hauptgrund dafür in den dramatisch gestiegenen Preisen für Fleisch und Fleischprodukte. „Die Inflation führt zu Kaufzurückrückhaltung und zu vermindertem Konsum“, sagt Hauptgeschäftsführerin Heike Harstick. Auch eine frühere Untersuchung von Monitor Deloitte, der Unternehmensberatung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, zeigt, dass Menschen durch die Inflation weniger Geld für nachhaltige Produkte ausgeben.

Rind-, Kalb- und Schweinefleisch war nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus dem Dezember 2022 rund 20 Prozent teurer als ein Jahr zuvor, Geflügel hatte sich sogar um mehr als 30 Prozent verteuert. „Dass sich eine solche Inflation auf das Einkaufsverhalten auswirkt, ist ganz klar“, sagte Harstick.

Verbraucherzentrale: Fleischverzicht nahm schon vor Ukraine-Krieg und Inflation zu

Doch der Bundesverband der Verbraucherzentrale widerspricht im Gespräch mit BuzzFeed News DE, dass die Deutschen aufgrund der Inflation weniger Fleisch essen. Bei der Verbraucherzentrale meldeten sich, wie sie erzählt, zwar immer mehr Menschen, die sich am Ende des Monats keine Lebensmittel mehr leisten könnten – mit Fleischverzicht habe das aber wenig zu tun. „Schon vor dem Ukraine-Krieg und der steigenden Inflation hatte der Fleischverzicht eine hohe Priorität“, erklärt Verbraucherschützerin Christiane Seidel.

Stattdessen sind sich laut der Verbraucherschützerin mittlerweile mehr Deutsche darüber bewusst, dass sich ihre Ernährung auf die Umwelt auswirkt. „Viele Menschen wollen sich nachhaltiger ernähren.“ Das sei aber nicht der einzige Grund: „Der Rückgang von Rind-, Kalb- und Schweinefleisch spricht dafür, dass sich einige auch gesünder ernähren wollen.“ Rotes Fleisch, zu dem die drei Fleischsorten gehören, gelte schließlich als ungesünder.

Nach einer Analyse aus der Schweiz weisen 97 Prozent der Legehennen Knochenbrüche auf. „Dass weniger Konsument:innen Fleisch essen, kann daran liegen, dass sie mehr auf Tierhaltung achten“, so Seidel. Bilder, die die katastrophalen Zustände von Tieren in Schlachthöfen zeigen, seien mittlerweile stark verbreitet. In diesem Aspekt sind sich Verbraucherzentrale und Fleischwirtschaft-Verband einig. Letzterer gibt an, die Branche leide aufgrund negativer Berichterstattung in den Medien unter einem Imageproblem.

Vegane Ernährung mit Fleischersatzprodukten ist teurer als ohne

„In Deutschland wird mehr Fleisch gegessen als die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt. Wir begrüßen also die Entwicklung hin zu einem bewussteren Konsum“, sagt Lebensmittel-Expertin Seidel BuzzFeed News. Nur weil aber weniger Fleisch gegessen wird, heiße das nicht, dass sich jeder Mensch vegan ernähren könne.

„Vegane Ersatzprodukte sind weiterhin oftmals teurer als Fleisch. Vegane Ernährung sollte keine Frage des Geldbeutels sein“, sagt Seidel mit Hinblick auf Ersatzprodukte, die auch immer wieder in der Kritik stehen, ungesund zu sein. Vegane Ernährung ohne Ersatzprodukte sei dagegen womöglich günstiger als eine Ernährung mit Fleisch, merkt sie an. Eine Oxford-Studie aus dem Jahr 2021 zeigt, dass der Umstieg auf eine vegane Ernährung ohne viel Ersatzprodukte die Lebensmittelrechnung um rund ein Drittel senken kann.

(Mit Material der dpa)

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