Gender-Pay-Gap wächst mit Berufserfahrung – besonders in Beratung, Pflege und Pharmabranche
Frauen verdienen weniger als Männer. Je mehr Berufserfahrung beide haben, desto größer sind die Gehaltsunterschiede, zeigt eine Studie.
Frauen verdienen weniger als Männer – das ist mittlerweile wohl jedem und jeder bekannt. Bitter ist allerdings, dass beispielsweise Abiturientinnen die zukünftige Lohnlücke im Vergleich mit ihren Mitschülern kleiner einschätzen, als sie dann später ist.
Laut Statistischem Bundesamt verdienten Arbeitnehmerinnen im vergangenen Jahr pro Stunde 18 Prozent weniger als Arbeitnehmer. Hier wird auch mit eingerechnet, dass Frauen in schlechter bezahlten Branchen arbeiten und öfter in Teilzeit arbeiten. Der bereinigte Gender-Pay-Gap, bei dem diese Dinge nicht hinein zählen, lag im Jahr 2022 bei durchschnittlich sieben Prozent.
Besonders stark wächst der Gender-Pay-Gap momentan in den Branchen Beratung, Pflege und Pharma. Das zeigt eine Kununu-Auswertung von über 360.000 Gehaltsdaten von Januar 2020 bis Dezember 2022 unter Vollzeitbeschäftigten. Sie wollte untersuchen, wie die Gehaltsschere zwischen Frauen und Männern mit zunehmender Berufserfahrung auseinander geht.

Gender-Pay-Gap: Im Laufe des Berufslebens vergrößert sich die Lohnlücke
Am 7. März 2023 ist Equal Pay Day. Die Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu nimmt das zum Anlass und veröffentlicht eine Woche im Voraus eine Datenanalyse zur Entwicklung des Gender-Pay-Gaps im Laufe des Berufslebens. In einigen Branchen vergrößert sich die Lohnlücke mit zunehmender Berufserfahrung besonders stark: in der Beratung, der Pflege und der Pharmaindustrie.
- In der Beratung steigen Frauen im Durchschnitt mit einem um 13 Prozent geringerem Durchschnittsgehalt ein. Der Gender-Pay-Gap entwickelt sich in dieser Branche sehr steil – nach sechs bis zehn Jahren Berufserfahrung wächst er durchschnittlich um 14 Prozentpunkte auf 27 Prozent an. Mit sechs bis zehn Jahren Berufserfahrung in der Beratung kommen Frauen durchschnittlich auf ein Bruttojahresgehalt von 53.943 Euro, Männer auf 68.684 Euro, zeigt die Kununu-Analyse.
- Auch in der Gesundheitsbranche, die ja eigentlich weiblich geprägt ist (das liegt auch am Gender-Care-Gap, denn Frauen übernehmen beruflich und privat mehr Care-Arbeit) zeigen sich deutliche Verdienstunterschiede. Liegt der Gehaltsunterschied beim Berufseinstieg bei zwölf Prozent, so wächst er um elf Prozentpunkte auf 23 Prozent bei einer Berufserfahrung von sechs bis zehn Jahren an. Frauen mit dieser Berufserfahrung kommen im Durchschnitt auf ein Gehalt von 38.955 Euro brutto im Jahr, Männer mit der gleichen Erfahrung erhalten 47.861 Euro.
- In der Pharma- und Medizinbranche wächst der Gender-Pay-Gap bei einer sechs bis zehnjährigen Berufserfahrung um zehn Prozentpunkte – von zwölf Prozent Lohnlücke auf 22 Prozent. Frauen verdienen dann durchschnittlich 51.459 Euro, Männer 62.731 Euro.
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Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen – Verhandlungsgeschick?
Oft sind solche Gehaltsunterschiede Verhandlungsgeschick oder werden vom Arbeitgeber zumindest damit begründet. Damit könnte jedoch bald Schluss sein, denn das Bundesarbeitsgericht entschied in einem Grundsatzurteil, dass gleicher Lohn nicht verhandelbar ist.
Nina Zimmermann, CEO von Kununu sieht im steigenden Gender-Pay-Gap jedoch noch einen anderen Grund: „Mit sechs bis zehn Jahren im Beruf beginnt häufig die Lebensphase, in der Familien gegründet werden. Dass der Gender-Pay-Gap
in dieser Zeit noch weiter steigt, ist ein Indikator dafür, dass die Familiengründung für Frauen noch
immer eine Karrierebremse ist“, sagt sie. Hier müssten Politik und Arbeitgeber gegensteuern und noch mehr darauf achten, dass auch Väter in Deutschland zu „gerechter Arbeitsteilung“ gezwungen werden.
Besonders bitter an den Gehaltsunterschieden: Frauen, die mehr verdienen als ihre Männer, arbeiten oft auch noch im Haushalt mehr, zeigt eine Studie.