So ekelhaft beleidigen Antifeminismus-Influencer: „Eine Frau ist am glücklichsten, wenn...“
Seit März gibt es eine Meldestelle für Antifeminismus. Dass es dafür höchste Zeit wird, beweisen auch kleine Instagram-Accounts, die vor Frauenfeindlichkeit nur so triefen.
Antifeminismus-Influencer gibt es viele. Manche von ihnen haben über 440.000 Follower, so wie Karl Ess, ein deutscher Karriere-Coach und selbsternannter Frauenversteher. „Lerne, wie man mit Frauen gut umgeht, denn sie können dich kaputt machen“, bringt er seiner Community bei. Manche haben etwa 4.500 Follower, so wie Maximilian Pütz, manche sind haben nur mehrere hundert, verbreiten deswegen aber nicht weniger verstörende Inhalte. So wie „Gesetze der Männlichkeit“, den die Anti-Frauenhass-Influencerin Tara-Louise Wittwer in ihrem Format TikToxic vorstellte.
„Im Grunde genommen ist der Account super unoriginell und kopiert einfach alles, was Antifeministen in den USA schon vor über fünf Jahren von sich gegeben haben. Er reproduziert die klassische ‚Red Pill‘-Argumentation, so nach dem Motto: Du musst es nur einmal verstehen und dann liegt dir die jede Frau zu Füßen“, erklärt Veronika Kracher von der Amadeus-Antonio-Stiftung BuzzFeed News DE. . Zum Beispiel dann, wenn er davon spricht, dass Frauen eigentlich viel lieber als #tradwife am Herd stehen würden (siehe Screenshot unten).

Belastende Männer im Internet bei der Antifeminismus-Meldestelle melden
Seine Instagram-Posts sind so voller Frauenverachtung, dass man fast denken könnte, er meint das Gesagte gar nicht ernst. Aber: „Es gibt keine ironische Form von Menschenhass“, sagt Kracher. Sie bezeichnet sich selbst als Expertin für belastende Männer im Internet und betreut das Monitoring bei der neuen Antifeminismus-Meldestelle, die im März 2023 eingerichtet wurde. „Unserer neuen Antifeminismus-Meldestelle kann man genau solche Accounts melden – dafür ist sie da“, sagt sie.
Doch was ist „Antifeminismus“ eigentlich, fragen wir Kracher. „Antifeminismus ist eine Verschwörungstheorie. Nämlich die, dass Frauen Feminismus überhaupt nicht wollen und sich stattdessen lieber weiterhin den Männern unterwerfen würden“, erklärt sie und ordnet ein: „Sexismus“ sei die Abwertung aufgrund des Geschlechts (laut Männlichkeitsforscher überhaupt nicht mit Flirten vergleichbar). „Frauenhass“ (Misogynie) sei, wie die amerikanische Philosophin Kate Manne definierte, ein Strafmechanismus des Patriarchats. Frauen, die den Weiblichkeitsanforderungen nicht entsprächen, würden von Männern angegriffen.

BuzzFeed News kontaktiert Antifeministen auf Instagram
„Antifeministen haben ein binäres Weltbild. Sie sehen Frauen nicht als Individuum, sondern als Gruppe. Ich nenne das immer das ‚Lochkollektiv‘“, sagt Kracher. Das sehe man an der Verallgemeinerung, die der Account nutze. Eine Frau ist wie alle Frauen – und die sind dem Mann in jedem Fall unterlegen. BuzzFeed News DE fragt den Macher des Instagram-Accounts an, was seine Beweggründe sind, solche frauenfeindlichen Posts zu schreiben.
„Was genau interessiert dich?“, schreibt er mir als Autorin auf Instagram. Ich nenne ihm meine Fragen. Keine Reaktion. Nach erneuter Nachfrage dann die Frage: „Warum folgst du meinem Kanal nicht?“ Ich tue ihm den Gefallen, aus gutem Willen zur Recherche. Es bringt nichts. Echtes Interesse, mit mir zu sprechen, hat er nicht, denn er reagiert nicht mehr. Nach einigen Wochen fragt er mich nur noch einmal, wie mir sein Content gefällt. Sehr witzig, denke ich mir. Darauf kennst du doch die Antwort.
Frauenverachtende Inhalte auf Instagram sind „gefährlich“
Weil ich ihm nun jedoch folge, werden mir immer wieder seine frauenverachtenden Inhalte in mein Instagramfeed gespült. In seinen Storys postet er regelmäßig Bilder von seinen Freundinnen. Ja, Plural. Ich habe kein Problem mit polyamoren Lebensentwürfen – wenn sie gleichberechtigt sind. Bei ihm scheint das nicht der Fall zu sein, zumindest wenn man seinen Aussagen auf Instagram Glauben schenkt. Außerdem fotografiert er sie halb-nackt, was eigentlich schon fast eine „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs“ ist (Paragraf 201a).

Er ist damit nicht viel besser als der amerikanische frauenfeindliche Influencer Andrew Tate, der mit seinen Inhalten bis zu elf Millionen Dollar im Monat verdient. „Er spricht darüber, dass Frauen einen sexuellen Marktwert haben, der irgendwann aufgebraucht ist, eine Vorstellung, die aus der Incel-Community stammt“, so Kracher. Im Gegensatz zu Frauen, die also mit dem Alter und ihren sexuellen Erfahrungen immer unattraktiver werden, werden Männer immer attraktiver, je älter sie werden.

„Gefährlich sind solche Aussagen deswegen, weil sie stark in Richtung ‚Grooming‘ deuten, also der gezielten Anbahnung an junge Frauen. Die sind dem Mann dann tatsächlich unterlegen – aber eben nur, weil der Altersunterschied so hoch ist“, erklärt die Frauenhass-Expertin. Die Inhalte vom Instagram-Account „Gesetze der Männlichkeit“ gehen also exakt in die Richtung der gefährlichen Dating-Coaches auf TikTok, die im schlimmsten Fall sogar Vergewaltigung propagieren und so tun, als schuldeten Frauen Männern sexuelle Handlungen.

Antifeminismus: „Leben nach wie vor in einer patriarchalen Gesellschaft“
Und was kann man gegen solche Männer auf Social Media tun, fragen wir Kracher. Die seufzt. „Polizeibehörden sind beim Thema ‚Hass im Netz‘ rund 15 Jahre hinter dem aktuellen Forschungsstand. Sie sind kläglich damit überfordert, soziale Netzwerke zu analysieren.“ Mit der Antifeminismus-Meldestelle wolle man das ändern und Frauenhass sowie Sexismus im Netz endlich großflächig untersuchen. Im besten Fall könnten antifeministische Accounts so irgendwann einfacher gesperrt werden, so wie es bei Andrew Tate passierte. Das sei enorm wichtig, „denn diese Accounts schaden nicht nur Frauen, sondern auch Männern“, so Kracher.
Allgemein werde Frauenfeindlichkeit in Deutschland „nicht als gefährlich“ wahrgenommen. Femizide seien beispielsweise kein eigener Strafbestand, so Kracher. „Als wir die Antifeminismus-Meldestelle Anfang März ins Leben riefen, kamen aus allen Parteien des politischen Spektrums Hassreaktionen. Der Vorwurf: Wir seien ein ‚Denunzierungsportal‘ und würden die ‚Meinungsfreiheit‘ gefährden.‘“
Kracher findet, allein diese Reaktionen zeigten, dass wir „nach wie vor in einer patriarchalen Gesellschaft leben“. Laut Leipziger Autoritarismus Studie hat ein Viertel der Deutschen ein geschlossen antifeministisches Weltbild, so die Frauenhass-Expertin. Im Programm der AfD, ja sogar der CDU/CSU und FDP fänden sich antifeministische Inhalte. „Ein Skandal, denn Antifeminismus ist oft der Türöffner in rechtsextreme Gedanken und antisemitische Verschwörungsideologien.“
Mehr zum Thema: Auf TikTok wird aus Antifeminismus Rechtsextremismus – und zwar mithilfe des harmlosen Sounds „California Dreamin“.