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„Ehrlich jetzt?“: Sascha Lobo zum „Sexist Man Alive 2022“ gekürt

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Von: Jana Stäbener

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Sascha Lobo soll laut Zeitschrift Emma der „Sexist Man Alive 2022“ sein. Auf Twitter sorgt der Preis für Wirbel und viele Reaktionen.

Die Redaktion der feministischen Zeitschrift Emma hat den Spiegel-Kolumnisten und Podcaster Sascha Lobo zum „Sexist Man Alive 2022“ gekürt. Damit sagt sie konkret: Sascha Lobo ist der frauenfeindlichste Mann des Jahres. Begründet wird dies laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) damit, dass Lobo in der Sendung „deep und deutlich“ die Ausbeutung von Frauen durch Prostitution verharmlost habe. Viele fragen sich nun, ob sich die Emma eigentlich mal umgeschaut habe und ob sie „keinen ärgeren Sexisten ausmachen“ konnte.

Sascha Lobo diskutiert mit Huschke Mau in Talkshow und wird „Sexist Man Alive 2022“

Ende April 2022 sendet das Funk-Format „deep und deutlich“ von NDR eine Folge mit dem Titel „Prostitution in Deutschland: Sollte man Sex kaufen dürfen?“ Wie der Name des Formats vermuten lässt, diskutieren hier Prominente, Influencer:innen und Aktivist:innen über ein oder mehrere Themen. Im Fall dieser Sendung sind es die Ex-Prostituierte Huschke Mau, die Podcaster:innen und Journalist:innen Jule Lobo und Sascha Lobo, YouTuberin Alicia Joe sowie Moderator:innen Aminata Belli und Michel Abdollahi.

Konkret geht es um die Frage, wie man Menschenhandel und Zwangsprostitution in Zukunft verhindern kann. Laut Huschke Mau ist das nordische Modell hier die einzige Lösung. Es ist ein sogenanntes „Sexkaufverbot“ und wird beispielsweise in Schweden umgesetzt. Dort ist Sexkauf illegal – Freier und Zuhälter machen sich also strafbar. An diesem Modell gibt es Kritik. So schreibt beispielsweise die Aidshilfe, dass ein solches Verbot Prostituierte nur noch weiter stigmatisiere und ihr Risiko erhöhe, Opfer von Straftaten zu werden. Sie schlägt stattdessen weitere Maßnahmen gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel vor.

Hitzige Diskussion über freiwillige Sexarbeit bei „deep und deutlich“

In der „deep und deutlich“-Sendung wird hitzig diskutiert. Journalist Sascha Lobo, Jule Lobo und Aminata Belli fragen Huschke Mau, (sie hat das Buch „Entmenschlicht – Warum wir Prostitution abschaffen müssen“ geschrieben), ob für sie freiwillige Sexarbeit denn keine Daseinsberechtigung habe. Moderatorin Belli erzählt beispielsweise von einem Escortgirl, mit dem sie erst kürzlich ein Interview führte, und das sich für eine Entkriminalisierung von Sexarbeit einsetzt. So wie diese Frau, die Sexarbeit als Job auf LinkedIn angibt.

Als YouTuberin Alicia Joe in den Raum wirft, ob nicht etwa ein psychologisches Gutachten Sinn ergebe, um Zwangsprostitution zu verhindern, reicht es Huschke Mau. Sie selbst musste Zwangsprostitution erleben und arbeitete über zehn Jahre als Prostituierte. „Ich habe schon viel in Diskussionen erlebt, aber mir hier von so vielen privilegierten Menschen so‘ ne Scheiße anzuhören…“, sagt Huschke Mau und verlässt das Studio nach 38 Minuten Talkrunde. Auch die GNTM-Kandidatin Alex brach eine ZDF-Sendung ab – es ging um das Selbstbestimmungsgesetz.

Sascha Lobo „Sexist Man Alive“ – „WTF?!“

Dass die Zeitschrift Emma sich nun nur Sascha Lobo rauspickt und ihm wegen dieser Talkshow den „Sexist Man Alive“-Titel verleiht, finden einige User:innen auf Twitter absurd. „Wer hat heute noch ganz kurz gedacht, @saschalobo sei „Sexi-E-st Man Alive“ und sich gedacht: WTF?! – Und dann erkannt, dass in Wahrheit ein Sexist sein soll & sich dann gedacht: WTF?!“, twittert ein User am 24. Oktober.

Die Begründung der Emma für die Preisvergabe lautet: „Lobo (...) raubt der einzig kundigen Frau der Runde damit jeden Raum, um über das verheerende System Prostitution, an dem sie selbst fast zugrunde gegangen wäre, zu reden.“ Einige Menschen geben der Kritik sogar recht und schreiben, sie verstehen vollkommen, warum man Sascha Lobos Position zu Prostitution ablehne. „Nur: Ehrlich, jetzt, @EMMA_Magazin, ihr habt euch umgeschaut und konntet im weiten Weltenrund keinen ärgeren Sexisten ausmachen?“

Wir haben 11 Reaktionen auf Sascha Lobos Wahl zum „Sexist Man Alive“ gesammelt.

1. „Bin mir nicht sicher, ob euer Blick da nicht etwas verengt ist“, fragt dieser User die Emma-Redaktion.

2. „Also wenn die Emma-Redaktion niemand sexistischeren als Sascha Lobo gefunden hat, dann würde ich ihr den Preis der inkompetentesten Preisjury verleihen.“

3. Einfach nur „WTF?!“

4. Das Regime im Iran wäre natürlich keine Option gewesen...

Du willst mehr zur Situation im Iran wissen? Hier 5 Gründe, warum Frauen das iranische Regime besiegen könnten.

5. Der Autor Peter Wittkamp findet die Preisverleihung „leicht irre“. Sie sei aber ein gutes Beispiel dafür, dass man Fehler immer bei denen suche, die auf der richtigen Seite stehen.

6. Dass Sascha Lobo Alice Schwarzer und ihren offenen Ukraine-Brief kritisierte, habe mit der Preisverleihung natürlich überhaupt nichts zu tun, spekuliert dieser User.

7. Auch Sascha Lobo selbst nimmt Bezug auf Alice Schwarzer und twittert sarkastisch: „Ohne besonderen oder aktuellen Grund möchte ich hier nochmal eine hörenswerte Podcast-Folge aus dem Mai dieses Jahres teilen.“ In der Folge redet er mit Ehefrau Jule Lobo über den Brief, den Alice Schwarzer und andere Menschen unterzeichneten und erklärt, was „Lumpen-Pazifismus“ für ihn ist.

8. Diese:r User:in merkt an, dass es doch eigentlich darum gehen würde, den „Pluralismus von Meinungen zu tolerieren“. Sie findet es gut, „dass Lobo sich so stark gemacht hat.“

9. „Dass man Betroffenen argumentativ nicht widersprechen („belehren“) darf, wenn man selbst nicht betroffen ist“ sei eine Logik, die Emma eigentlich immer bekämpft habe. Das findet dieser User absurd.

10. „Emma hat also Sascha Lobo zum ‚sexist man alive‘ gewählt. War gerade keine trans Frau zur Hand?“, fragt dieser User hier sarkastisch. Er spielt damit auf die Transfeindlichkeit an, die gerade radikalfeministischen Gruppierungen immer wieder vorgeworfen wird. So auch bei der Debatte um Marie-Luise Vollbrecht und ihre Aussagen zu „Zwei Geschlechtern in der Biologie“.

„Nur zwei biologische Geschlechter“ ist eine Aussage, die auch radikalfeministische Akteurinnen vertreten. Hier schreiben wir darüber, warum Marie-Luise Vollbrechts Vortrag über „Zwei Geschlechter in der Biologie“ Hass in unserer Gesellschaft befeuert.

11. Und noch ein kleiner Witz zum Schluss: Als Wolfgang Kubicki gehört hat, dass Sascha Lobo der „Sexist Man Alive“ sein „ist vor Lachen beinahe die Hand aus dem Dekolleté von Silvana Koch-Mehrin gerutscht“, twittert Marie von den Benken, Journalistin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).

[Anm. der Red.: Silvana Koch-Mehrin ist eine FDP-Politikerin, die sowohl in ihrem Buch als auch beim Stern im Interview von sexueller Belästigungen in der FDP berichtete. Wolfgang Kubicki sagte daraufhin in einer Talkshow bei „Maischberger“ er habe nur einvernehmlich geflirtet – obwohl bei einem Gespräch in Brüssel, so erzählt es Koch-Mehrin beim WDR, extra ihr Mann dabei sein musste, damit es eben nicht zu einem übergriffigen Flirten kommt. „Weil ich schon vermutete, da ist mehr im Spiel“, sagte die 51-Jährige in der Sendung „Aktuelle Stunde“, so berichtet der Spiegel.]

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