Gen Z vs. Babyboomer: Generationenberater:innen wollen Konflikte am Arbeitsplatz verhindern

Nachhaltig, Digital, Work-Life-Balance – so stellt sich die Generation Z ihre zukünftigen Jobs vor. Generationenberater:innen helfen, die Erwartungen umzusetzen, ohne die älteren Generationen zu vernachlässigen.
Größere Unternehmen wie die Telekom arbeiten immer öfter mit sogenannten Generationenberater:innen zusammen. Sie vermitteln zwischen der Generation Z und den älteren Generationen. Arbeitgeber:innen erhoffen sich dadurch, für junge Menschen attraktiver zu werden, wie unter anderem die Neue Züricher Zeitung berichtet. Denn die Vorstellungen der Generationen gehen mitunter weit auseinander. Das kann am Arbeitsplatz zu Konflikten führen.
Wir haben mit zwei Generationenberaterinnen über ihren Beruf gesprochen: Angelina Eßer ist 25 Jahre alt (Beginn der Gen Z) und arbeitet als Chief Tommorow Officer, vermittelt also bei der Telekom zwischen den Generationen. Irène Kilubi ist 36 Jahre alt (Gen Y) und Gründerin von Joint Generations. Die Initiative hilft Unternehmen mit Workshops, ihre Generationenkonflikte zu lösen.
Die Generation Z ist auf dem Arbeitsmarkt gefragt
Mehr als die Hälfte aller Familien sind laut der Bundeszentrale für politische Bildung heutzutage Ein-Kind-Familien (Stand: 2019). In den 1930er-Babyboom-Jahren hatte nach Angaben des Statistischen Bundesamts noch jede Mutter durchschnittlich mehr als zwei Kinder. Es gehen viel mehr Menschen in Rente, als jüngere nachkommen. Dieser demografische Wandel ist laut Kilubi ein Grund, warum in Unternehmen eine Ungleichgewicht zwischen den Generationen besteht.
Gleichzeitig gibt es einen Fachkräftemangel. „Je schneller wir technologisch voranschreiten, desto häufiger brauchen wir bestimmte Expertisen – zum Beispiel zu Blockchain oder Künstlicher Intelligenz“, sagt Kilubi. Google ist in seiner technischen Entwicklung sogar so weit, dass es den Chatbot „Lamda“ entwerfen konnte, der sich in verschiedene Persönlichkeiten verwandeln kann. „Der Fortschritt geht schneller vonstatten, als dass Menschen ausgebildet werden können, die diese erforderlichen Kompetenzen besitzen“, so Kilubi. EIne Vielzahl an Unternehmen befinde sich deshalb im Wettkampf um einige wenige, ausgebildete Arbeitnehmer:innen der Generation Z.
Iréne Kilubi: „80 Prozent der Belegschaft werden bald von Gen Y, Gen Z und Gen Alpha besetzt sein“
„Bis Ende der 2030er werden 80 Prozent der Belegschaft nur von den heute jungen Gen Y, Gen Z und den Nachkommen, den sogenannten Gen Alphas, besetzt sein“, erklärt Kilubi. „Wir werden verstärkt die Situation in der Arbeitswelt vorfinden, dass junge Führungskräfte ältere Mitarbeitende managen werden.“ Unternehmen müssten sich deshalb auf die jüngeren Generationen einstellen. Diese haben wie ihre älteren Kolleg:innen auch ihre eigenen Bedürfnisse. Nur weil sie jung sind, heißt es zum Beispiel nicht, dass sie endlos belastbar sind. Junge Menschen der Gen Z leiden schon jetzt immer öfter an Burnout.
Unternehmen könnten dem Wunsch der Gen Z nach Work-Life-Balance nachgehen, so Kilubi. Zum Beispiel könnte die Wochenarbeitszeit um deutlich unter 40 Stunden reduziert werden. Der Europapark-Chef Roland Mark hat kürzlich beklagt, dass die Gen Z sogar nur drei Tage die Woche arbeiten will. Er fände deshalb keine neuen Mitarbeitenden für seinen Freizeitpark.
Weniger Arbeitszeit, mehr Home-Office: Gen Z will „eine Mischung aus Sinn und Sicherheit“
Viele junge Menschen finden es wichtig, dass man flexibel von zu Hause arbeiten kann, so Kulibi. Die offizielle Home-Office-Pflicht ist jedoch ausgelaufen. Neben ihrem Bedürfnis nach Freiheit habe sich durch die Pandemie ein Sicherheitsbedürfnis entwickelt. „Die prägendste Krise, die die Gen Z erlebt hat, ist die Corona-Krise“, sagt sie. In ihrem zukünftigen Job wünschen sich junge Menschen deshalb „eine Mischung aus Sinn und Sicherheit“.
Wenn die Generation Z zu stark im Vordergrund steht, tut sich ein neues Problem auf: „Ältere Menschen fühlen sich von den Jüngeren abgehängt und ausgegrenzt“, so Kilubi. Mit Teambuilding-Events versucht Joint Generations deshalb, die Mitarbeitenden aus den verschiedenen Generationen zusammenzubringen.
Junge Menschen fühlen sich in Unternehmen nicht ernstgenommen
Während die Älteren sich überfahren fühlen, haben die Jüngeren laut Kilubi das gegenteilige Gefühl. Sie haben den Eindruck, dass auf ihre Bedürfnisse und Visionen am Arbeitsplatz gar nicht richtig eingegangen wird. „Viele Menschen der jungen Generation haben das Gefühl, nicht ernstgenommen zu werden“, sagt Eßer, die mit ihren 25 Jahren an der Grenze zwischen Millennials (geboren zwischen 1981 und 1995) und Generation Z (geboren zwischen 1997 und 2012) steht.
Die Generation Z ist von Bewegungen wie „Black Lives Matter“ oder „Fridays for Future“ geprägt. Letzte hat sich nach 200 Tagen der Ampel-Regierung enttäuscht gezeigt. Zu wenig sei für das Klima getan worden. Die Erwartungen junger Menschen unterscheiden sich zu denen der vorangehenden Generationen. In ihrem Job wünschen sie sich mehr Nachhaltigkeit, Mobilität, Digitalisierung oder auch Diversität.
Chief Tomorrow Officer vermitteln bei der Telekom zwischen den Generationen
Die Telekom hat im vergangenen Jahr den Beruf des Chief Tommorow Officers (CTO) eingeführt. Ein CTO wird von einer Person besetzt, die selbst Teil der jungen Generation ist. Er oder sie hilft dabei, dass die Ideen junger Menschen im Unternehmen gehört – und umgesetzt werden. Jede:r CTO kümmert sich um ein bestimmtes Anliegen der Generation Z – und wie dieses im Unternehmen umgesetzt werden könnte. Eßer hat sich für das Thema Nachhaltigkeit entschieden. Sie habe aber auch Kolleg:innen, die sich etwa um die Mobilität der Zukunft kümmern oder darum, wie wir in Zukunft mit bestimmten Krankheiten umgehen werden.
Die Chief Tommorow Officer (CTO) Angelina Eßer setzte sich für Nachhaltigkeit ein – ein wichtiges Anliegen der Gen Z
„Junge Menschen haben den Eindruck, dass Unternehmen mit dem Begriff der Nachhaltigkeit nur ihr Image verbessern wollen. Den Wandel zu einem klimaneutralen Unternehmen scheinen sie nicht als ihre Priorität zu haben“, sagt Eßer. Mit ihrer Tätigkeit als CTO habe sie deshalb Mitarbeitende aus unterschiedlichen Abteilungen überzeugen wollen, dass eine nachhaltige Transformation stattfinden müsse. Das Phänomen Greenwashing wurde auch bei der Masken-Affäre von Fynn Kliemann deutlich.
Als CTO organisierte Eßer ein monatliches Panel, bei dem junge Menschen an Konzepten mitarbeiten – zum Beispiel das Smartphone nachhaltiger gestalten. Ein anderer CTO habe sich dafür eingesetzt, dass Parkplätze im Unternehmen effizienter verteilt werden. Die Rückmeldung der älteren Mitarbeitenden auf ihre Arbeit sei positiv gewesen. „Auch wenn es sein kann, dass einige zu Beginn überrascht waren, habe ich eine große Offenheit gegenüber der Generation Z erlebt“, so Eßer.