Tatsächlich zeigen Studien, dass man damit rechnen kann, sich mindestens ein bis zweimal pro Jahr mit diesen anderen Coronaviren anzustecken. Es sei denn, du hattest noch nie Corona – hier erklären wir, warum das sein könnte. Aber SARS-CoV-2 ist anders als alle anderen Viren, die wir bisher gesehen haben; es kann fast jedes Organ und System im Körper befallen, sogar noch Monate nach Abklingen einer Infektion. Außerdem hat es eine hohe Mutationsrate, mit dem Potenzial, immun-schwächende Varianten hervorzubringen.
Aufgrund dieser Eigenschaften ist es schwierig zu verstehen, was wiederholte Infektionen für unseren Körper kurz- und langfristig bedeuten. Trotz der Ungewissheit waren sich die meisten Expert:innen, mit denen wir gesprochen haben, in einem Punkt einig: Jede neue Infektion birgt ein gewisses Risiko, und es gibt erste Hinweise darauf, dass sich die negativen Auswirkungen im Laufe der Zeit akkumulieren könnten.
„Beim ersten, zweiten oder sogar dritten Mal kann man [schwerwiegende Folgen] vermeiden, aber beim vierten Mal hat man vielleicht nicht mehr so viel Glück“, sagte Ziyad Al-Aly, Leiter des Forschungs- und Bildungsdienstes am „Veterans Affairs St. Louis Health Care System“. „Jede Infektion ist eine Gelegenheit, ein Problem mit dem Virus zu entwickeln – Man kann es unmöglich für immer vermeiden.“
Bei Pandemiebeginn wusste man wenig darüber, aber jetzt wissen wir, dass man Corona mehr als einmal bekommen kann. Tatsächlich scheint es keine Grenze zu geben, wie oft man sich infizieren kann. Eine Person gilt laut CDC als reinfiziert, wenn sie erneut positiv getestet wird, nachdem sie das erste Mal Corona hatte und sich erholt hat (einschließlich negativer Tests dazwischen).
In einer Studie mit Covid-19-positiven Personen in Kalifornien und New York waren etwa 4,6 Prozent bis 6,3 Prozent zuvor infiziert gewesen. Während der Omikronwelle lag laut einer Studie von Jama aus Island die Reinfektionsrate bei den dort lebenden Personen im Alter von 19 bis 29 Jahren bei 15 Prozent. Bei denjenigen, die geimpft waren, lag die Rate bei 12 Prozent. Bei denjenigen mit zwei Impfungen bei 11 Prozent, heißt es in einem Forschungsbrief, der im August im Journal of the American Medical Association veröffentlicht wurde.
Übrigens: Sogenannte Impfpflaster könnten die Spritze bei einer Corona-Impfung bald überflüssig machen.
Eine Impfung kann zwar das Risiko einer erneuten Infektion, schwerer Symptome, Krankenhausaufenthalte und des Todes verringern, ihre Wirksamkeit hängt jedoch davon ab, wie gut die Impfung mit der zirkulierenden Variante übereinstimmt. (Bundesgesundheitsbehörden vom Weißen Haus haben gerade eine neue Auffrischungsimpfung für die neuesten BA.4- und BA.5-Omikron-Varianten genehmigt und angekündigt, dass sich US-Amerikaner:innen jetzt jedes Jahr im Herbst zusätzlich zu ihrer Grippeimpfung eine Corona-Impfung geben lassen sollten, die jedes Jahr erneuert wird. Falls du dich also fragst, ob du eine vierte Corona-Impfung brauchst, haben wir hier alle wichtigen Informationen für dich.)
Eine frühere Infektion bietet einen gewissen Schutz vor der nächsten Infektion. Eine Studie ergab, dass sie mit einem um 80 Prozent geringeren Risiko für eine nachfolgende Infektion verbunden war. Der Schutz hielt mindestens sechs Monate lang an. Wenn jedoch eine neue Variante auftaucht, die sich deutlich von der letzten Version des Virus unterscheidet, kannst du dich auch schon früher infizieren. Genau das geschah während der Omikronwelle, was erklärt, warum einige Personen im vergangenen Winter innerhalb weniger Monate ein zweites oder drittes Mal positiv getestet wurden.
Jede Infektion – sei sie viraler, bakterieller oder parasitärer Natur – belastet den Körper in gewissem Maße, was von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein kann. Was nach einer Infektion geschieht, hängt von deinem Impfstatus, früheren Infektionen, deinem Immunsystem, deinem Gesundheitszustand und vielen anderen Faktoren ab. Übrigens: Videos von Krankheiten anzuschauen, kann dein Immunsystem aktivieren, finden Forschende heraus.
Eine Corona-Infektion, insbesondere die erste, kann deinen Körper dazu veranlassen, schützende Antikörper und Gedächtniszellen zu bilden. Diese sollen deinem Körper helfen, sich bei der nächsten Exposition gegenüber dem Virus schneller und effizienter zu verteidigen. (Die Impfung regt den Körper dazu an, diesen Schutzschild zu bilden und gleichzeitig gefährliche oder lebensbedrohliche Symptome zu vermeiden). In einigen Fällen hat eine Corona-Infektion sogar Psychosen ausgelöst.
Wir wissen auch, dass dieser Immun-Schutz nach einiger Zeit nachlässt, wie CDC angab. Einige Menschen sind jedoch der Meinung, dass eine Infektion (unabhängig davon, wie leicht oder schwer sie ist) bei bestimmten Menschen Schäden verursachen kann, die ihre Fähigkeit zur Krankheitsabwehr bei der nächsten Coronainfektion schwächen könnten.
Zumindest scheint eine im Juni veröffentlichte Studie, die noch nicht von Fachleuten begutachtet wurde, diese Theorie zu stützen. Forscher:innen analysierten dabei die Gesundheitsdaten von mehr als 5,6 Millionen US-Veteran:innen und fanden heraus, dass wiederholte Coronainfektionen (mit einer Mischung aus den Delta- und Omikron-Varianten) eine kumulative Wirkung haben können, wobei jeder positive Test das Risiko schwerwiegender gesundheitlicher Folgen wie Herz-, Nieren-, Magen-Darm- und neurologischer Störungen erhöhen würde.
Diese Risiken, die unabhängig vom Impfstatus bestanden, blieben auch noch sechs Monate nach einer erneuten Infektion bestehen, sie fallen also in den Long Covid Bereich. Der mittlere Zeitraum zwischen einer ersten und einer zweiten Infektion betrug etwa zweieinhalb Monate, zwischen der zweiten und der dritten Infektion vergingen etwa zwei Monate. (Die Ergebnisse wurden je nach demografischen und gesundheitliche Merkmalen angepasst).
Einfach ausgedrückt: „Einmal mit einem Baseballschläger getroffen zu werden ist besser als fünfmal“, sagte Al-Aly, der Hauptautor der Studie. Dieses Phänomen trete auch nach Reinfektionen mit Dengue-Fieber auf, einer durch Mücken übertragenen Krankheit, die in tropischen Regionen vorkommt, so Al-Aly gegenüber BuzzFeed News US. Jede weitere Infektion erhöht das Risiko einer schweren Erkrankung.
Laut Erin Sanders, einer klinischen Wissenschaftlerin, die am Massachusetts Institute of Technology (MIT) lange Covid-19 und Borreliose erforschte, handele es sich dabei um eine Idee, die als „multiple hit hypothesis“ bezeichnet wird. „Einige Umwelteinflüsse, genetische Prädispositionen und Stressfaktoren können dazu führen, dass jemand anfälliger für Infektionen oder schwere Erkrankungen ist. Und ich glaube, dass genau das bei allem eine Rolle spielt.“
Nicht nur die Corona-Infektionen, sondern auch die Auswirkungen des Virus auf das Sozialleben führen bei einigen zu Stress. Dieser Kinderpsychiater warnt vor den Folgen der Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche.
Shira Doron, Ärztin für Infektionskrankheiten und Krankenhaus-Epidemiologin am „Tufts Medical Center“, empfahl, die Ergebnisse von Al-Aly mit Vorsicht zu genießen. Da in die Studie nur Veteran:innen einbezogen wurden, die in der Regel mehr gesundheitliche Probleme haben als die Allgemeinheit, bezweifelt Doron, dass die Ergebnisse auf alle anderen Menschen übertragbar sind.
„Wir wissen, dass sich chronische Grunderkrankungen über einen bestimmten Zeitraum hinweg verschlimmern können, vor allem zwischen zwei Infektionen. Das ist der natürliche Verlauf“, so Doron. „Ich möchte nicht, dass Leute denken, dass es die Norm sei, nach der ersten Infektion eine chronische Krankheit zu haben, die sich dann mit jeder weiteren Infektion verschlimmert.“
Ein Teil von Dorons Skepsis beruht auf mehreren Forschungsergebnissen, die zeigen, dass Erwachsene und Kinder bei ihrer zweiten Coronainfektion ähnliche oder weniger schwere Symptome aufweisen als bei ihrer ersten und dass das Risiko einer Reinfektion mit der Zeit abnimmt.
Gerardo Chowell, Professor für Epidemiologie und Biostatistik an der Georgia State University School of Public Health, ist nicht überrascht, dass Reinfektionen mit Coronaviren zunehmende Schäden im Körper verursachen können, auch wenn dies nicht für alle gelte. Schon vor der Pandemie, so Chowell, hatte sich der allgemeine Gesundheitszustand der Amerikaner:innen verschlechtert, was die Menschen anfälliger für Infektionen aller Art machen kann.
„Menschen mit einem geschwächten Immunsystem werden es schwerer haben, sich von dem Virus zu erholen, und das ist hier das größte Problem“, sagte Chowell. Er sei hoffnungsvoll, dass SARS-CoV-2 immer milder verlaufen werde. (Aus evolutionärer Sicht profitieren Viren nicht davon, wenn sie Menschen töten – sie vermindern damit ihre Überlebenschancen und ihre Ausbreitung in der Bevölkerung). „Das bedeutet nicht, dass es nicht in der Lage ist, Menschen zu töten, das wird es auf jeden Fall, aber vielleicht nicht auf dem Niveau, das wir in den ersten beiden Jahren der Verbreitung gesehen haben“, erklärte Chowell.
Wie und warum sich wiederholte Infektionen auf den Körper auswirken können, ist noch weitgehend unbekannt. Die Theorien, die es gibt, spiegeln die Theorien, die es rund um Long Covid gibt, das Betroffene verzweifeln lässt, da sie sich nicht ernst genommen fühlen. Eine Erklärung ist, dass eine Erstinfektion irgendwo im Körper eine schwere Schädigung verursachen kann, die zunächst unbemerkt bleibt, bis eine nachfolgende Infektion sie „über die Klinge springen lässt“, so Al-Aly. Dies gilt insbesondere für Menschen, die nicht wissen, dass sie an einer Krankheit wie einer Nierenschädigung oder Herzproblemen leiden.
Eine andere Möglichkeit bestünde laut BMJ darin, dass Coronaviruspartikel in verschiedenen Teilen des Körpers wie dem Gehirn, dem Darm, den Augen und dem Herzen verborgen bleiben können und dort unbemerkt Schäden verursachen, die sich dann mit jeder Infektion häufen. Es gibt auch die Theorie, dass Corona eine Autoimmunreaktion auslöst, die das Immunsystem einer Person auf Hochtouren laufen lässt und eine weitläufige Entzündung hervorruft, die Symptome wie Müdigkeit, Gehirnnebel, Muskelschmerzen und mehr verursachen kann.
Laut Doron von der „Tufts University“, sei das Problem, dass viele dieser Spekulationen wissenschaftlich kaum untermauert seien. „All die Dinge, die auf der Liste der möglichen Ursachen stehen, wurden nicht zuverlässig bei allen untersuchten Personen gefunden, sodass es sehr, sehr schwer ist, etwas zu wissen.“
Es gibt zumindest einige Hinweise darauf, dass eine Impfung das Risiko, nach einer Coronainfektion Symptome zu entwickeln, verringern kann. Eine Überprüfung von 15 Studien ergab, dass bei Personen, die zwei Dosen eines Corona-Impfstoffs erhalten hatten, die Wahrscheinlichkeit, länger als einen Monat anhaltende Corona-Symptome zu entwickeln, etwa halb so hoch war. Dieser Effekt war bei Personen über 60 Jahren am stärksten und bei 19- bis 35-Jährigen am geringsten. Die Ergebnisse sind vielversprechend, da nach Angaben der CDC fast jeder fünfte Erwachsene in den USA, der an Covid-19 erkrankte, unter Long Covid leidet.
Wie jemand auf Covid-19 oder eine Impfung reagiert, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, einschließlich des Gesundheitszustands und der allgemeinen Lebensgewohnheiten sowie der zum jeweiligen Zeitpunkt zirkulierenden Variante und der gesellschaftlichen Präventivmaßnahmen, zum Beispiel der Maskenpflicht.
Der beste Weg, um schlechte Ergebnisse nach jeder Infektion zu vermeiden, besteht derzeit darin, die Infektion ganz zu vermeiden, sich impfen zu lassen. Auch eine Behandlung mit Paxlovid so früh wie möglich nach der Ansteckung mit dem Virus sei eine Option. „Jedes Mal, wenn man sich ansteckt, würfelt man für ein gutes oder schlechtes Ergebnis. Je länger man dieses Spiel spielt, desto höher ist das Risiko“, so Sanders vom MIT. „Selbst wenn man eine Infektion nicht vollständig verhindern kann, spricht einiges dafür, die Virusmenge und die Virusdosis, der man ausgesetzt ist, zu reduzieren.“
Autorin ist Katie Camero. Dieser Artikel erschien am 14. September 2022 zunächst auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Aranza Maier.