Hanf-Experte kritisiert Lauterbachs Cannabis-Clubs: „Absurd“
Statt Fachgeschäften soll es nun Cannabis-Clubs geben, in denen nicht konsumiert werden darf. Keine gute Idee, denn „die soziale Komponente hat auch eine Schutzfunktion“.
Die neuen Eckpunkte zur Cannabis-Legalisierung sehen vor, dass der Besitz von maximal 25 Gramm Cannabis und der Eigenanbau von höchstens drei Pflanzen straffrei sein sollen. Der Erwerb der Droge soll zumindest über Umwege legal möglich werden – nämlich über sogenannte Cannabis-Clubs. Eigentlich ein guter Ansatz, aber an der Umsetzung hapere es noch, kritisiert Georg Wurth, Sprecher des Deutschen Hanfverbands (DHV) im Gespräch mit BuzzFeed News DE.
Cannabis-Legalisierung: Clubs statt Fachgeschäfte
Am Mittwoch, 12. April 2023, stellten Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) die neuen Eckpunkte zur Cannabis-Legalisierung in einer Bundespressekonferenz vor. Es sei ein guter Kompromiss zu den im Oktober vorgestellten Cannabis-Eckpunkten, die bei Apotheken auf Kritik stießen, so Lauterbach. Die Abgabe in Fachgeschäften sei erst einmal nur als Modellprojekt geplant.
Dafür dürfen den Eckpunkten zufolge „nicht-gewinnorientierte“ Vereine mit maximal 500 Mitgliedern gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. Das Mindestalter ist 18. Die Clubs müssen Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürfen nicht für sich Werbung machen. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten. Mitgliedsbeiträge sollen dort die Selbstkosten decken – gestaffelt nach Abgabemenge.
Schon in der Pressekonferenz am Mittwoch prognostizierte Lauterbach, dass durch die Cannabis-Clubs, die, wie er betont, „keine Social-Clubs wie in den Niederlanden seien“ der Schwarzmarkt „sehr stark zurückgehen oder sogar einbrechen werde“. Mehr noch als bei den ursprünglich versprochenen Fachgeschäften, die in der Umsetzung viel komplizierter seien, so seine Vermutung.

Mehr zu Karl Lauterbach: Vor kurzem sorgte er mit dem LSD-Gate für Spott – „wer hätte gedacht, dass LSD vor Cannabis legalisiert wird“.
Cannabis-Clubs: „Wie ein Fußballverein, in dem Bälle verboten sind“
„So schnell, wie Herr Lauterbach sich das vorstellt, wird das nicht gehen“, entgegnet Georg Wurth, Sprecher des Deutschen Hanfverbands (DHV) bei BuzzFeed News DE. Weil es die Fachgeschäfte nicht gebe, müssten rund vier Millionen Gelegenheitskonsument:innen in Vereine – und die dürften ja nur maximal 500 Mitglieder aufnehmen. „Da kann man sich ausrechnen, wie lange es dauert, bis Vereine eine echte Alternative zum Schwarzmarkt sind.“
Auch die Begrenzung des THC-Gehalts im alten Entwurf zur Cannabis-Legalisierung erntete Kritik, weil sie Konsument:innen auf den Schwarzmarkt treibe.
Solche Cannabis-Clubs seien etwas für Leute, die viel konsumieren. „Wer nur ab und an kifft, wird für wenige Gramm im Jahr keine Mitgliedsgebühr zahlen wollen.“ Dass in den Cannabis-Clubs nicht konsumiert werden dürfe (daher der Unterschied zu den Social-Clubs in den Niederlanden), sei „absurd“, so Wurth. „Das bedeutet, man schickt Konsument:innen in die eigenen vier Wände, wo sie allein konsumieren – eine ganz schräge Idee.“
„Die soziale Komponente hat schließlich auch eine Schutzfunktion“, denn wer nur im Beisein anderer konsumiere, habe ein geringeres Suchtpotential. „Man hat Cannabis-Vereinsräume, in denen die Mitglieder kein Cannabis konsumieren dürfen. Wie ein Fußballverein, in dem Bälle verboten sind“, sagt Wurth. „Das ist zum Glück noch nicht ausdiskutiert. Vor allem von den Bundestagsabgeordneten erhoffen wir uns da noch einmal eine Nachbesserung.“
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Führerschein-Grenzwert „zwischen fünf und zehn Nanogramm wäre angemessen“
Dass der Gesetzesentwurf für die erste Säule der Cannabis-Legalisierung noch im April kommen soll, bezweifelt Wurth im Gespräch mit BuzzFeed News DE. Er hofft jedenfalls, dass die Bundesregierung aus der Cannabis-Politik in Malta lernt. „Da hat es ewig gedauert, die Detailregelungen auf den Tisch zu legen und nun sind die Anforderungen so hoch, dass sie kein Verein umsetzen kann.“ Zum Beispiel sei dort verboten, im selben Gebäude anzubauen, in dem sich der Verein trifft und Cannabis dürfe nur in Sicherheitslastern transportiert werden.
Der Hanfverband erwarte vom Gesetzesentwurf außerdem, dass sich die Regierung endlich auf einen „konkreten Grenzwert“ für das Fahren mit Cannabis im Blut einigt. „Ein Wert zwischen fünf und zehn Nanogramm wäre hier angemessen“, so Wurth. Der bisherige Wert liege bei einem Nanogramm, was aufgrund der Halbwertszeit von Cannabis viel zu wenig sei. Viele Cannabiskonsument:innen verlören so ihre Führerscheine, obwohl sie nüchtern unterwegs waren. „Hier muss Volker Wissing endlich mal seiner Verantwortung als Verkehrsminister nachkommen und einen gerechten Grenzwert einführen.“
Mehr zum Thema: Noch im Juli 2022 unterstützte der Hanfverband Lauterbachs Position „Safety First“ bei der Cannabis-Legalisierung.
(Mit Material der dpa)