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Hass auf Homosexuelle in Kinderbüchern – „im höchsten Maße kinder- und jugendgefährdend“

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Von: Michael Schmucker

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Der Lesben- und Schwulenverband kämpft gegen homofeindliche Thesen in Kinderbüchern.
Der Lesben- und Schwulenverband kämpft gegen homofeindliche Thesen in Kinderbüchern. © Westend61/Imago/Collage/BuzzFeed

Zwei Bücher, in denen Homosexualität als Krankheit bezeichnet wird, wurden auf die Liste der jugendgefährdenden Medien gesetzt, doch der Kampf gegen homofeindliche Bücher geht weiter.

In Büchern finden Kinder Bildung, Wissen, Freude und eine unendliche Welt der Fantasie – es gibt kaum Eltern, die es nicht als Vorteil ansehen, wenn ihre Kinder zu einem Buch greifen. Doch manche davon bergen massive Gefahren für Kinder, Jugendliche und auch Eltern in sich.

Sie sind vollgestopft mit Hass auf Homosexuelle sowie trans*-Menschen, hübsch verpackt als Sach- oder Aufklärungswerke. Dabei werden diese Schriften nicht heimlich unter dem Ladentisch weitergereicht, nein, die meisten von ihnen kann man scheinbar ganz selbstverständlich bei Online-Händlern bestellen oder sie liegen frei verkäuflich in Buchhandlungen auf. Von der drohenden Gefahr ahnt kaum jemand etwas.

Bücher und Anleitungen zur Selbsttherapie bei Homosexualität sind „kinder- und jugendgefährdend“

Einer, der seit 15 Jahren den Kampf gegen diese Homohass-Propaganda durch die Hintertür aufgenommen hat, ist Hartmut Rus, Koordinator des Netzwerkes „Mission Aufklärung“ beim Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) . Er sagt gegenüber BuzzFeed News von IPPEN.MEDIA: „Der genaue Umfang ist schwer einzuschätzen, weil sich alles in einem relativ verborgenen, konservativ-religiösen Milieu abspielt. Es geht um eine Minderheit, die vom Rest der Gesellschaft entkoppelt ist.“

Diese Minderheit versucht allerdings mit allen Mitteln, den Hass auf die LGBTQIA+-Community weiter anzustacheln, so Rus: „LSBT-Jugendliche werden in homophoben und transfeindlichen Milieus häufig mit Büchern, Schriften und Anleitungen zur Selbsttherapie unter Druck gesetzt. Einige auflagenstarke Materialien werden bereits viele Jahre auf dem Markt und auf christlichen Veranstaltungen, in Buchhandlungen oder auch in vielen Online-Shops vertrieben. Diese Materialien sind im höchsten Maße kinder- und jugendgefährdend!“

Niederländer verbreitet homofeindliche Thesen in Büchern, die regulär auch auf Amazon verkauft werden

Einer der schlimmsten Hass-Autoren aktuell ist der Niederländer Gerard van den Aardweg, der in zwei Büchern ganz offen vor allem gegen Homosexuelle hetzt, die zumeist im Zentrum vieler literarischer Angriffe stehen. Eines dieser Bücher trägt den Titel „Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen“ und wird seit rund zwanzig Jahren im regulären Buchbetrieb verkauft – erst dieses Jahr landete es auch auf diversen Empfehlungsseiten für Bücherfreund:innen.

Das Buch ist ein Sammelsurium von beleidigenden Thesen, in denen Homosexualität eine Störung, eine Fehlentwicklung, ja sogar eine Krankheit ist. Schwule und Lesben seien psychologisch und biologisch unreife Menschen, natürlich zudem faul und unbeherrscht und vieles mehr – die Aufzählung mag absurd klingen angesichts des heute eigentlich allgegenwärtig vorhandenen Wissensstandes über homosexuelle Menschen, doch noch immer greifen Eltern und christliche Vertreter:innen von Kirchen zu diesen und ähnlichen Büchern.

Auch das andere Hass-Pamphlet des Niederländers mit dem Titel „Die Wissenschaft sagt Nein – der Betrug der Homo-Ehe“ wird noch heute in christlichen Kreisen als Ratgeber gerade auch für Eltern von homosexuellen Kindern gereicht. Inklusive „praktischen“ Tipps, wie mit gleichgeschlechtlich liebenden Jugendlichen umzugehen wäre – Aardweg beschreibt es als „Durchprügeln“.

Bücher mit Hass auf Homosexuelle auch für Kinder und Jugendliche eine Gefahr

Doch auch für die Jugendlichen selbst sind diese Bücher bis heute eine große Gefahr, wie Rus weiter betont: „Die Praxis zeigt, dass allein die Titel dieser angeblichen Fachbücher schon dazu verleiten können, sich auf diese sehr fragwürdigen und gefährlichen Methoden einzulassen. Dies gilt besonders für Kinder und Jugendliche, die in ihrer jeweiligen Persönlichkeitsentwicklung nicht gefestigt sind.“

Der LSVD konnte in diesen Tagen nun endlich einen Erfolg feiern und erreichte nach einem mehrjährigen Kampf, dass die beiden größten Schundbücher des Niederländers auf die Liste der jugendgefährdenden Medien der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz gesetzt worden sind. Damit sollten diese Werke bei vielen Händlern verschwinden, auch und gerade bei Online-Giganten wie Amazon. Hinzu kommt, dass auch weitere Werke mit zweifelhaften und hasserfüllten Texten seit dem Verbot von Konversionstherapien bei Minderjährigen im Jahr 2020 verschwunden sind.

Bücher werben für menschenverachtende Konversionstherapie bei jungen Menschen

Allein, das reicht nicht aus. Diese „Heilungs-Therapien“, bei denen mit zum Teil mittelalterlichen Methoden von Beten über Elektroschocks bis hin zu Eisbädern Schwule und Lesben von ihrer Homosexualität „geheilt“ werden sollen, finden in gewissen Kreisen noch immer ihre Anwendung. Zudem ist das Verbot in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wie Frankreich lückenhaft – in der Bundesrepublik kann eine Konversionstherapie bei jungen Menschen ab 18 Jahren weiterhin straffrei durchgeführt werden.

So wird in vielen dieser Werke bis heute ganz offen für die menschenverachtenden Behandlungsmethoden geworben. „Leider gibt es kaum Informationen, inwieweit religiöse Buchhändler und Antiquariate sowie homophobe Kreise solche jugendgefährdenden Schriften weiterhin verbreiten. Wir beobachten aber, dass auch heute noch die Bücher von Aardweg in einschlägigen Kreisen explizit empfohlen werden.“ So kämpft Rus aktuell weiter und macht sich abermals auf die Suche nach Hetzschriften – ein Kampf gegen Windmühlen vielleicht, doch einer, der enorm wichtig ist.

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