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„Hölle ist nichts für mich“: Hitze war für Menschen in Großbritannien eine Katastrophe

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18. Juli 2022: Vier Mädchen sitzen am Trafalgar Square Brunnen in London
Im Vereinigten Königreich wurden Rekordtemperaturen gemessen. © ZUMA Wire/IMAGO

Unsere Hitzewelle in Europa hat in den USA für eine Mischung aus Sorge und Belustigung gesorgt. Aber was bedeuten die Temperatur-Rekorde in England für den Klimawandel?

Der Dienstag, 19. Juli, war der heißeste Tag in der Geschichte Großbritanniens. Nach einer schweißtreibenden Nacht, in der laut dem Met Office Klimarekorde gebrochen wurden, wurden erstmals 40 Grad Celsius auf der „Insel“ gemessen. Die Kinos im Land griffen zu ungewöhnlichen Maßnahmen – rothaarigen Briten wurde wegen der Hitze sogar kostenloser Kino-Eintritt gewährt.

BBC berichtete, dass in dieser Woche tödliche Waldbrände in Frankreich, Portugal, Spanien und Griechenland wüteten – nach Berichten von Abc News hatten texanische Behörden die Einwohner:innen aufgefordert, wegen der Dürre und der drohenden Hitzewelle Wasser zu sparen, New York City hat nach Berichten von Gothamist bei brütender Hitze mit Unwettern zu kämpfen. Falls es nicht schon vorher klar war: Die Auswirkungen des Klimawandels sind schon jetzt spürbar. Und besonders die jungen Menschen der Gen Z fürchten ihn – sogar mehr als den Ukraine-Krieg.

Im Vereinigten Königreich sind die Google-Suchanfragen nach „air conditioner“ in Erwartung des 48 Stunden andauernden Hitzerekordes, in die Höhe geschnellt, die Reaktionen auf Twitter reichten von lächerlich bis erfreulich. Die krassen Temperaturen sind auch für dich einfach zu viel – immer noch? Dann haben wir hier ein paar Dinge für dich, die du bei der Hitze tun kannst, wenn der Sommer dein Erzfeind ist.

Hitzwelle ist Folge der Klimakrise: Wir werden uns daran gewöhnen müssen

Wissenschaftler:innen weisen jedoch darauf hin, dass es Zeit ist, sich daran zu gewöhnen, dass die Sommer immer häufiger so aussehen werden. Brenda Ekwurzel, Direktorin für Klimawissenschaften bei der Union of Concerned Scientists, erklärte gegenüber BuzzFeed News US, dass die derzeitig extremen Wetterbedingungen, sinnbildlich für die Klimakrise stehen. Dieser Sommer sei „eines dieser zuvor extrem seltenen Ereignisse, das sich nun zu den häufigeren seltenen Ereignissen für Europa und Großbritannien entwickelt.“

Hitzewelle in Europa: Im Vereinigten Königreich wurden Temperatur-Rekorde gebrochen

Das Met Office gab im Vereinigten Königreich zum ersten Mal eine Hitzewarnung der Kategorie „rote Extreme“ heraus, da die Temperaturen in Teilen des Landes auf bis zu 40 Grad Celsius angestiegen. Mindestens 34 Orte brachen die bisherigen nationalen Rekorde – und es kam zu spontane Waldbränden am Rande von Hauptverkehrsstraßen.

In seiner Warnung sagte Klimaforscher Dr. Nikos Christidis, dass ein Sommer mit 40 Grad Celsius im Vereinigten Königreich jetzt bis zu zehnmal wahrscheinlicher sei als „unter einem natürlichen, vom Menschen unbeeinflussten Klima“. Vor dem 19. Juli lag die höchste Temperatur im Vereinigten Königreich bei 38,7 Grad Celsius, die 2019 im Botanischen Garten der Universität Cambridge gemessen wurde. Ekwurzel äußerte die Befürchtung, dass die derzeitigen Bedingungen die verheerende Hitzewelle von 2003 widerspiegeln, bei der Studien (hier und hier) zufolge bis zu 70.000 Menschen in ganz Europa starben, darunter schätzungsweise 2.000 in Großbritannien.

Maßnahmen, die angesichts der europaweiten Hitzewelle ergriffen werden

„Ich hoffe, dass die Anpassungen, die Europa vorgenommen hat, und die Maßnahmen, die ergriffen wurden, dazu beitragen können, die Menschen in diesem schrecklichen Sommer mit der wiederholten Hitzewelle besser zu schützen“, so Ekwurzel. In Deutschland hat die Deutsche Bahn aufgrund der Hitze beispielsweise Sonderregeln für flexible Tickets eingeführt.

Eine wichtige Rolle spiele dabei auch die Architektur: Das Vereinigte Königreich baue seine Häuser nicht für heißes Wetter. Stattdessen wurden die Gebäude so konstruiert, dass sie die Wärme halten, da das in der Vergangenheit das größte Temperaturproblem darstellte.

Kylie Jenners drei-minütiger Flug im Privatjet sorgte auf Social Media für viel Kritik

Angesichts der steigenden Temperaturen sind Prominente wie Kylie Jenner stärker in die Kritik geraten. Flugaufzeichnungen zeigten, dass Kylie Jenner kürzlich einen dreiminütigen Flug für eine Reise unternahm, die eine 40-minütige Fahrt beansprucht hätte. Am Wochenende postete sie auf Instagram, wie sie und ihr Partner Travis Scott zwischen zwei Privatjets kuschelten, mit der Bildunterschrift „Willst du meinen oder deinen nehmen?“. Jenner wurde infolgedessen auf Twitter als „Vollzeit-Klimakriminelle“ betitelt. Ekwurzel nannte die emotionale Reaktion auf Jenner „gerechtfertigt“.

„Dieser Notstand – diese Hitzewellen und zukünftigen Wetterkatastrophen – sind aufgrund eines Systems entstanden, in dem die Reichsten unter uns, wie Kylie Jenner, in einem unvorstellbaren Ausmaß konsumieren können. Die Politik wurde zu ihren Gunsten verzerrt, um ihre Kohorte weiter zu befähigen“, so auch Noga Levy-Rapoport, eine britische Klimaaktivistin und Studentin, die an der Spitze der von Greta Thunberg inspirierten #FridaysForFuture-Proteste stand. Sie warnte, dass Leben auf dem Spiel stünden, sollten die Regierungen nicht handeln. Auch in Deutschland fordert Fridays for Future mehr klimafreundliche Entscheidungen der Ampel-Regierung.

Noga Levy-Rapoport über die krasse Hitzewelle in Europa: „Die Hitzewelle ist gefährlich und erschreckend“

Die 20-jährige Aktivistin wies die Behauptung zurück, dass die individuellen Gewohnheiten oder die Änderung des Lebensstils des Durchschnittsbürgers das Ruder herumreißen könnten, da der Beitrag im Vergleich zum „Ausmaß der Ressourcengewinnung und -ausbeutung“ durch die Unternehmen, die fossile Brennstoffe herstellen, wesentlich geringer sei. „Die Klimakrise ist eine systematische Krise“, sagte sie. „Die Hitzewelle ist gefährlich und erschreckend und sollte ein weiterer entscheidender Weckruf für unsere Politiker:innen sein, endlich Verantwortung für das Klima zu übernehmen.“

Erst in der Woche vom 11. bis zum 15. Juli brachte Senator Joe Manchin, ein Demokrat aus West Virginia und Ölbaron, den Versuch der Regierung Biden, ein Klimaabkommen auszuhandeln, nach monatelangen Verhandlungen endgültig zu Fall, wie die New York Times berichtete. Sein Kollege Senator Ed Markey, der sich stark für eine Klimagesetzgebung eingesetzt hat, twitterte danach: „Wut hält mich von den Tränen ab.“

Präsident Joe Biden hielt am 20. Juli 2022 eine Klimarede. Reuters berichtete davor jedoch, dass er nicht den „nationalen Notstand“ wegen des Klimawandels ausrufen werde, der Maßnahmen der Exekutive ermöglichen würde.

Klima-Aktivistin Levy-Rapoport: „Wir haben noch einen langen Weg vor uns“

Levy-Rapoport sagte, dass die Unterstützung für diese Angelegenheit und die Besorgnis über die Krise stark zugenommen hätten, seit sie 2019 begann, den Schulunterricht zu schwänzen, um Proteste anzuführen und dringende Klimaschutzmaßnahmen zu fordern. „Wir haben einen immensen Anstieg der Klimakompetenz und des Klimabewusstseins erlebt, vor allem in Bezug auf die Medienberichterstattung und die breitere öffentliche Besorgnis, wie die Betonung der Klimapolitik bei Wahlen und wichtigen internationalen Gipfeltreffen zeigt“, sagte sie.

„Aber wir haben noch einen langen Weg vor uns. Die Unterstützung muss in Aktionen und Proteste kanalisiert werden, um größeren politischen Druck auszuüben. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Besorgnis in eine lähmende Öko-Angst umschlägt, während die Konzerne weiterhin mit dem planetarischen Schaden davonkommen, den sie anrichten.“ Hier schreiben wir darüber, warum es eine optimistischere und konstruktivere Art der Klimawandel-Berichterstattung braucht.

Twitter-Kommentare zur Hitzewelle: „Dieses Wetter hat mir Angst gemacht“

Während die vergangene Woche mit britischem Humor aufgelockert wurde, lässt sich die sehr reale Umweltangst, die Menschen online teilen, kaum übersehen. „Dieses Wetter hat mir Angst gemacht und ich frage mich, wie das Leben meines Sohnes aussehen wird, wenn er älter ist“, schrieb eine Twitter-Nutzerin (siehe unten). „Als ob meine grundlegende Umweltangst nicht schon groß genug wäre, bin ich in Wochen wie diesen auch noch völlig verängstigt“, twitterte die Klimajournalistin Anna Gumbau.

Doch Aktivist:innen wie Levy-Rapoport glauben, dass es noch viel zu erkämpfen gibt. „Umweltangst kann erschreckend sein, aber es ist wichtig, weiterzumachen, um noch mehr Schaden zu verhindern“, sagte sie. „Wir müssen immer noch Leben retten und ganze Gemeinden und Länder an vorderster Front vor den Folgen des Klimawandels bewahren. Es ist nie zu spät, Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen.“

Autorin ist Ade Onibada. Dieser Artikel erschien am 19. Juli 2022 zunächst auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Aranza Maier.

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