1. BuzzFeed
  2. News

Deutscher Gewerkschaftsbund: Für Diskriminierung im Job „kann Homeoffice keine Lösung sein“

Erstellt:

Von: Jana Stäbener

Kommentare

Dass die Homeoffice-Pflicht ausläuft, belastet Personen, die sich am Arbeitsplatz nicht wohlfühlen. Der DGB sieht die Arbeitsschutzbehörden in der Pflicht.

Die Vorgaben zum Schutz vor einer Corona-Ansteckung am Arbeitsplatz endeten am 2. Februar 2023. Begründet wurde der Schritt „mit der stetigen Abnahme der Häufigkeit und Schwere von Infektionen mit dem SARS-CoV-2 Coronavirus“ und den „allgemein günstigen Prognosen hinsichtlich des mittel- und langfristigen Infektionsgeschehens“. Damit ist die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung aufgehoben.

Für einige Unternehmen bedeutet das, ihre Home-Office-Regeln zu überdenken, denn ein Recht auf Homeoffice liegt nicht mehr ausdrücklich vor, weshalb sich das Ende der Corona-Arbeitsschutzverordnung ganz unterschiedlich auf Arbeitnehmer:innen auswirken kann.

Für viele Menschen gehört das Arbeiten im Homeoffice jedoch längst zur Normalität. Rund 25 Prozent will laut einer YouGov-Umfrage nur noch von dort arbeiten. Besonders, wenn sie im Job Diskriminierung erfahren. Anja Piel vom Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) findet das „nachvollziehbar“, plädiert aber für mehr Kontrollen beim Arbeitsschutz, damit Homeoffice keine Notlösung sein muss.

Homeoffice: Manche Menschen empfinden dort „weniger sozialen Druck“

Für den 2023 Recruiting Pulse Check befragte das Forschungsinstitut YouGov im Auftrag von Recruitee 503 berufstätige Personen in arbeitsfähigem Alter. „Mit unserer Studie wollen wir Erkenntnisse darüber gewinnen, wie Arbeitnehmer:innen über Arbeit und ihre Arbeitgebenden denken und was sie sich von ihnen in Bezug auf Arbeitsmodelle, Benefits und Bewerbungsverfahren wünschen“, sagt Femke Huijbers, Director of People and Culture bei Recruitee, über die Studie.

Am traurigsten, sagt Femke der Süddeutschen Zeitung (SZ) sei das Ergebnis gewesen, dass 53 Prozent der Befragten, die am liebsten im Homeoffice arbeiten wollten, bei der Remote Arbeit „weniger sozialen Druck erleben“. Sie empfinden das Homeoffice außerdem als besseres Umfeld für Konzentration und Produktivität – auch, weil es dort weniger Gelegenheiten für Diskriminierung gebe.

„Betriebe dürfen keinesfalls zu Infektionsbeschleunigern werden“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.
DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel kritisiert Probleme beim Arbeitsschutz und fordert mehr Kontrolle durch Behörden. © Friso Gentsch/dpa

Mehr zum Deutschen Gewerkschaftsbund? Hier gibt uns Anja Piel eine Einschätzung zur Pflicht der Arbeitszeiterfassung im Homeoffice.

„Homeoffice kann keine Lösung sein für Gewalt, Mobbing oder sexuelle Belästigung“

Anja Piel vom Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zeigt Verständnis für solch ein Verhalten der Mitarbeiter:innen: „Dass Beschäftigte sich aus für sie belastenden, schwierigen sozialen Arbeitssituationen zurückziehen und lieber von zu Hause aus arbeiten, ist im Einzelfall durchaus nachvollziehbar“, sagt sie zu BuzzFeed News DE. „Homeoffice kann aber keine Lösung sein für strukturelle Probleme wie Gewalt, Mobbing oder sexuelle Belästigung.“

Sich in den privaten Bereich abzukapseln bringe neue Nachteile, sagt Piel. Beförderungen zum Beispiel würden wegen der mangelnden Sichtbarkeit unwahrscheinlicher. Außerdem ist es gerade für arbeitende Eltern schwierig, im Homeoffice gleiche Leistung zu bringen. Bei Diskriminierung im Arbeitsalltag und der Rückzug von Beschäftigten aus der Präsenz seien Arbeitgeber also in der Pflicht, „ein Betriebsklima zu gestalten, in dem sich alle Beschäftigten wohlfühlen und ein respektvoller Umgang herrscht“, sagt die DGB-Vorständin. 

„Der Erhalt der psychischen Gesundheit ist ein wichtiger Bereich des Arbeitsschutzes. Mobbing, Diskriminierung, sexuelle Belästigung und andere Gewalt gehören ganz eindeutig zu Gefährdungspotentialen für die psychische Gesundheit. Wo Arbeitgeber solche Gefährdungen erkennen, müssen sie diese mit geeigneten Mitteln abstellen.“ 

Wer lieber im Home-Office arbeitet, tut das auch, weil er oder sie dort weniger sozialen Druck spürt. Laut dem Deutschem Gewerkschaftsbund ist das aber keine Lösung.
Wer lieber im Home-Office arbeitet, tut das auch, weil er oder sie dort weniger sozialen Druck spürt. Laut dem Deutschem Gewerkschaftsbund ist das aber keine Lösung. © IMAGO/Cavan Images

Viele, gerade jüngere Berufstätige, leiden heute unter dem „Burn-On“-Syndrom, stehen also lange Zeit immer wieder kurz vor dem Burn-out.

Arbeitsschutz: „Zu wenige Arbeitgeber kommen dieser Pflicht nach“

Dass nun die Corona-Arbeitsschutzverordnung auslaufe, dürfe für Unternehmen nicht bedeuten, weniger für die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden zu tun. „Arbeitgeber waren auch schon vor Corona in der Pflicht für regelmäßige, systematische Gefährdungsbeurteilungen, aus denen sie geeignete Instrumente zum Schutz der psychischen und physischen Gesundheit der Beschäftigten ableiten müssen“, so Piel gegenüber BuzzFeed News DE.

„Probleme entstehen dadurch, dass immer noch zu wenige Arbeitgeber dieser Pflicht nachkommen und Arbeitsschutzbehörden wegen anhaltenden Personalmangels die Einhaltung des Arbeitsschutzes viel zu selten kontrollieren“, kritisiert Piel. Beim Arbeitsschutz sei es die „aktuell wichtigste Herausforderung, die Rechtsdurchsetzung zu verbessern, damit die Vorgaben des Arbeitsschutzkontrollgesetzes in den Betrieben auch umgesetzt werden“.

Mehr zu Diskriminierung am Arbeitsplatz: Eine Trans*-Soldatin kämpft für Gleichberechtigung in der Bundeswehr – „meine Welt brach zusammen“.

Auch interessant

Kommentare