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Ziel beim Hyperloop ist es, „Geschwindigkeit vom Fliegen auf den Boden zu bringen“

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Von: Jana Stäbener

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In 30 Minuten von Berlin nach München, ohne zu fliegen? Gabriele Semino von Hyperloop an der Technischen Universität München erklärt BuzzFeed News, wie das gehen kann.

Sie grinsen zufrieden, während sie für den Fotografen mit einem Spaten Erde in die Lust werfen: Die Rede ist vom bayrischen Ministerpräsident Markus Söder, dem bayrischen Wirtschaftsminister Markus Blume und Gabriele Semino. Letzterer ist Projektleiter des Forschungsprojekts „Hyperloop“ an der Technischen Universität München (TUM). Er und sein Forschungsteam wollen mit dem Hyperloop irgendwann Geschwindigkeiten wie beim Fliegen erreichen – und das ganz ohne abzuheben. BuzzFeed News DE verrät er, wann das Realität werden könnte und was beim Hyperloop die größten Herausforderungen sind.

Spatenstich für die TUM Hyperloop Teststrecke in Ottobrunn
Spatenstich für die TUM Hyperloop Teststrecke in Ottobrunn. v.l.n.r.: Raphaela Schiburr - TUM Hyperloop, Markus Blume - Bayerischer Wissenschaftsminister, Dr. Markus Söder - Bayerischer Ministerpräsident; Prof. Gerhard Kramer - Vizepräsident TUM; Gabriele Semino - TUM Hyperloop © Andreas Heddergott/TUM

Hyperloop-Projekt der TUM passt gut in Markus Söders Hightech Agenda

Am 30. September war der Spatenstich für die erste TUM Hyperloop Teststrecke in Europa. Und zwar nicht in Berlin, sondern in Ottobrunn (Bayern). Mit von der Partie natürlich auch der Bayerischer Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der die Hightech Agenda ins Leben gerufen hat. Bayern investiert rund 3,5 Milliarden Euro jährlich in Künstliche Intelligenz und andere Zukunftstechnologien. „Aus Science-Fiction wird Realität“, sagt er Ende September zum Bau der Hyperloop-Teststrecke, die 24 Meter lang werden soll.

Söder sei schon vor Jahren auf das Projekt „Hyperloop“ der TUM aufmerksam geworden, sagt Semino zu BuzzFeed News DE. Er leitet das Forschungsprojekt mittlerweile, ist aber schon seit 2016 dabei. Damals haben sie vor allem an Wettbewerben mitgemacht. Zum Beispiel an den jährlichen „Hyperloop Kapsel Wettbewerben“, die das Unternehmen „SpaceX“ (gegründet von Elon Musk, der Twitter nun übernimmt) bis 2019 veranstaltete. „Markus Söder ist Science Fiktion- und Technik-begeistert. Da passt Hyperloop ganz gut rein in seine Hightech Agenda Bayern“, so der 26-Jährige.

Hyperloop und Projektleiter Gabriele Semino von der TUM.
Gabriele Semino (rechts) ist Projektleiter bei der Forschung zum „Hyperloop“. Links ist zu sehen, wie der Hyperloop einmal aussehen könnte. © TUM / A. Heddergott / TUM/ Collage

Was steckt hinter der Hyperloop-Technologie?

Aber was steckt eigentlich hinter der Hyperloop-Technologie, die ursprünglich einmal Elon Musks Idee war. „Ziel beim Hyperloop ist es, die Geschwindigkeit vom Fliegen auf den Boden zu bringen“, sagt Semino. Bis zu 900 Kilometer pro Stunde soll die Kapsel dann im Idealfall erreichen. „Normalerweise ist es so, dass der Energieverbrauch bei höheren Geschwindigkeiten zunimmt. Nicht so beim Hyperloop, denn der fährt in einer Röhre mit Teilvakuum, was hilft, den Luftwiderstand zu überwinden“, erklärt Semino.

Ziel beim Hyperloop ist es, die Geschwindigkeit vom Fliegen auf den Boden zu bringen.

Gabriele Semino, Projektleiter „Hyperloop“ TUM

Weil er dabei komplett elektrisch betrieben werde – im Idealfall mit erneuerbarem Strom – fahre der Hyperloop potenziell 100 Prozent klimaneutral und könne so die Luftqualität verbessern, genauso wie es beim 9-Euro-Ticket der Fall war. Dass am 4. Oktober jetzt endlich die Bagger anrücken, um die Teststrecke zu bauen, sei „extrem wichtig“. Wenn man bei der Strecke nicht mitbaue, sei man in der Entwicklung eben zu einem gewissen Teil eingeschränkt, sagt Semino. So wäre es bei den Wettbewerben gewesen, bei denen die TUM-Studierenden nur die Kapsel entwickelten.

Teststrecke für den Hyperloop in Ottobrunn (Animation).
So soll die Teststrecke für den Hyperloop in Ottobrunn aussehen, wenn sie fertig ist. (Animation) © TUM

Gäbe es irgendwann überall Hyperloops, bräuchte es auch die Privatflüge von Taylor Swift & Co. nicht mehr.

„So langsam erreichen wir in der Hyperloop-Forschung eine neue Ebene“

Semino studierte Physik an der TUM und schloss 2019 seinen Master ab. Seitdem arbeitet er gemeinsam mit acht anderen wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen beim Hyperloop-Projekt – genauso wie etwa 80 Studierende. Immer wieder scheitern Projekte, die zum Hyperloop forschen: SpaceX hat die Technik hinten angestellt und konzentriert sich nun auf Raketen. Tesla-Chef Musk eröffnete außerdem die Gigafactory bei Berlin, was Umweltschützer aufregte.

Die Firma „Virgin Hyperloop“ hatte eine 500 Meter lange Teststrecke für Passagiere in Nevada, die mittlerweile nicht mehr genutzt wird. Den 26-jährigen Physiker beunruhigt das nicht. Hyperloops seien so neu, dass es keine definierte Technik gebe – wie beispielsweise beim Auto. Verschiedene Teams würden hier noch in unterschiedliche Richtungen forschen. „Selbst wenn Forschungsprojekte scheitern, profitiert am Ende aber die komplette Hyperloop-Forschung davon“, so Semino.

Eine Herausforderung sieht er eher in der Infrastruktur, also dem Röhrensystem, das auch bestimmte Sicherheitsstandards erfüllen muss. „So langsam erreichen wir in der Hyperloop-Forschung eine neue Ebene. Auf der wird es notwendig sein, dass wir europaweit denken. Die verschiedenen Länder müssen sich absprechen und sich auf europäische Normen und kompatible Systeme einigen.“
Deswegen forsche das Hyperloop-Team an der TUM auch nicht nur an der Technologie, sondern auch parallel an der wirtschaftlichen Umsetzbarkeit.

Hyperloop: In den nächsten 20 Jahren sollte man funktionierende Strecken sehen

Wann in Ottobrunn dann die ersten Menschen „Test-fahren“ dürfen, hänge davon ab, wie die ersten Tests verlaufen. Man arbeite mit dem TÜV zusammen und wolle die 24 Meter lange Teststrecke, wenn möglich, bis Frühjahr 2023 fertigstellen. Vielleicht könnte dann schon im Sommer 2023 der Passagierbetrieb starten. Wir fragen Semino, ob er manchmal davon träumt, endlich Hyperloop zu fahren. Er grinst. „Ich freue mich massiv darauf, das erste Mal in einer Hyperloop-Kapsel zu sitzen. Wenn man so lange an einem Thema arbeitet, dann möchte man das auch umgesetzt sehen.“

Ich freue mich massiv darauf, das erste Mal in einer Hyperloop-Kapsel zu sitzen.

Gabriele Semino, Projektleiter „Hyperloop“ TUM

Natürlich stellen wir dem jungen Wissenschaftler auch die Frage, wann es für Normalos möglich wird, in einem Hyperloop in 30 Minuten von Berlin nach München zu fahren. Mit einer Antwort tut er sich nicht ganz leicht. Ein bis zwei Jahre würden es wohl nicht werden. „Aber ich bin jetzt mal realistisch und sage, wir sollten spätestens in den nächsten 20 Jahren schon mehrere funktionierende Strecken sehen.“

Er und sein Team hätten übrigens einmal ausgerechnet, dass eine Hyperloop-Strecke etwa gleich teuer wie eine ICE-Strecke sei. „Das sind gute Nachrichten für den Bau der Infrastruktur – aber am Ende liegt es nicht nur in unserer Hand, ob wir irgendwann in Hyperloops fahren. Die finale Entscheidung liegt in der Politik“, so Semino. Er könne sich nur wünschen, dass Politiker:innen auf dem Laufenden bleiben und sich irgendwann für diese Technologie entscheiden.

Mehr über spannende Zukunftstechnologien? Der „Lamda“ Google Chatbot wirkt fast wie ein echter Mensch.

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