Ich bin bereit, jeden „Knives Out“-Film zu sehen, der jemals gedreht wird

Der neueste Netflix-Krimi ist vollgepackt mit Stars, die den Spaß ihres Lebens haben, was bedeutet, dass auch die Zuschauer:innen ihn haben werden.
MEINUNG
Wie viele Menschen während der Pandemie vermisste auch ich das gemeinsame Kinoerlebnis. Mit dem richtigen Film gibt es nur wenige Dinge, die mehr Spaß machen, als in Echtzeit mit Fremden im Dunkeln auf eine große Leinwand zu schauen.
Seit der Wiedereröffnung der Kinos sind nur wenige Filme herausgekommen, die mich begeistert haben - „Everything Everywhere All At Once“ kommt mir sofort in den Sinn - was vielleicht auch der Grund dafür ist, dass ich mich euphorisch fühlte, als ich im November das Kino nach dem Film „Glass Onion“, die Fortsetzung von „Knives Out“ (2019), verlassen habe.
Warum war „Glass Onion“ nur so kurz in den Kinos?
Dieser von Daniel Craig gespielte Krimi war ein absoluter Kracher. Das Publikum in meinem überfüllten Kino lachte hysterisch über das witzige Drehbuch von Autor und Regisseur Rian Johnson, das voller Wendungen, Zeitsprünge, Überraschungsauftritte und Ablenkungen war. Als alles vorbei war, fühlte ich mich wie auf einem Rummel.
Und dann wurde „Glass Onion“ genauso schnell wie er erschienen war, auch schon aus den Kinos geholt. Er war in den USA nur eine Woche lang auf etwa 600 Leinwänden zu sehen gewesen. Die Zuschauer:innen haben sich darum gerissen, den Film zu sehen, solange sie noch konnten, wie das New York Magazin berichtet. Trotz der großen Nachfrage hielt Netflix weiterhin an seiner Strategie fest, den Film nur kurz in die Kinos zu bringen, um Begeisterung zu wecken und Mundpropaganda zu generieren.
Ich nehme an, dass das für Netflix‘ Ziel, die Leute dazu zu bringen, ihre Plattform zu abonnieren (Variety), durchaus Sinn macht (auch wenn ihnen möglicherweise Hunderte von Millionen Dollar an den Kinokassen entgehen, wie CNBC berichtet). Aber es ist dennoch enttäuschend. „Glass Onion“ ist genau die Art von Film, den man am besten gemeinsam mit einer Gruppe genießt. Ich rate dir den Film mit ganz vielen Freund:innen und Familienmitgliedern gemeinsam anzusehen.
Es ist auch schwer, das nicht zu tun, wenn die Darsteller:innen sich so gut amüsieren. Craig kehrt als Detektiv Benoit Blanc zurück, der eine Einladung zu einer Wochenend-Krimi-Party auf der Privatinsel des Tech-Milliardärs Miles Bron (Edward Norton in seiner besten Elon Musk-Imitation) erhält. Zu Brons Freunden und Gästen gehören die Gouverneurin von Connecticut, Claire Debella (Kathryn Hahn), der flippige Wissenschaftler Lionel Toussaint (Leslie Odom Jr.), der Twitch-Streamer Duke Cody (Dave Bautista) und Birdie Jay (Kate Hudson), ein Supermodel, das sich in eine Athleisure-Designerin verwandelt hat und kürzlich nach einem besonders schlechten Tweet gecancelt wurde. Mit von der Partie ist auch Cassandra „Andi“ Brand (Janelle Monáe), Brons verschmähte ehemalige Geschäftspartnerin, die so ziemlich mit jedem ein Hühnchen zu rupfen hat.

Ensemble-Filme mit großen Stars sind in der Regel ein Riesenspaß, weil wir uns die Interaktion zwischen ihnen hinter den Kulissen vorstellen können. Aber vor allem Krimis sind so unterhaltsam, weil sie sich oft wie Theaterstücke anfühlen. Die Schauspieler:innen werden dazu angehalten sind, ihre Figuren überspitzt darzustellen, damit auch die Zuschauer:innen im hinteren Teil des Kinos alles sehen können. Misstrauische Blicke! Bedrohliche finstere Blicke! Dramatische Ohnmachtsanfälle! Ich liebe das alles.
Worum geht es in dem Film „Glass Onion: A Knives Out Mystery“?
Der Film fängt mitten in der Corona-Pandemie im Jahr 2020 an. Brons Freund:innen sind genauso aufgeregt über die Chance, sich wiederzutreffen, wie ich es war, in einem Kino zu sitzen. Erwarte aber nicht, dass „Glass Onion“ dem gleichen Ablauf folgt wie der erste Knives Out-Film. Der erste Film fing mit einem Todesfall an, welcher dann im weiteren Verlauf des Films untersucht wurde. Hier wird mehr als die Hälfte des Films damit verbracht, die Charaktere kennenzulernen, während wir auf einen scheinbar unvermeidlichen Mord warten. Stattdessen bekommen wir etwas ganz anderes. Nicht alle Figuren sind die, die sie zu sein scheinen, was uns zwingt, uns ständig zu fragen, wer der Bösewicht sein könnte und wer das Opfer.
Das ist nicht der einzige Unterschied zwischen der Fortsetzung und dem Original. „Knives Out“ war kalt und grau, sowohl in seinem herbstlichen Massachusetts-Setting als auch in seinem halb-ernsten Tonfall, aber dennoch ein durch und durch unterhaltsamer Film. Wie könnte es auch anders sein, wenn Chris Evans einen Zopfstrickpullover trägt? „Glass Onion“ hingegen fühlt sich fröhlich und lebendig an, auch wenn wir wissen, dass wir ein oder zwei Morde sehen werden. Der sonnige Schauplatz auf einer griechischen Insel trägt zwar dazu bei, aber vor allem sind es die quirlige Besetzung und Johnsons lebendiges und wirklich überraschendes Drehbuch, dass den Film zu einem Erfolg machen. Es vergeht kaum eine Minute ohne einen Witz, die alle von den Zuschauer:innen verstanden werden - sogar einer über eine Jeremy-Renner-Marke von scharfer Soße, der nur für Online-Fans wirklich Sinn ergibt. Es gibt einen Gastauftritt eines Sportstars, den ich nicht verraten werde, der aber ebenso überraschend wie urkomisch war.
Der Film ist, ich wage es zu sagen, durch und durch amüsant. Das ist bekanntlich ein schwer zu definierendes Wort, aber ich würde behaupten, dass jeder Film, in dem Craig ein gestreiftes nautisches Ensemble und ein gelbes Halstuch trägt, die Definition davon mehr als erfüllt.
„Er war einfach so lustig, hat immer gelächelt und war glücklich und hat viel mehr interagiert.“
Nachdem er 15 Jahre lang in fünf Filmen James Bond gespielt hat, eine Rolle, die er schließlich als körperlich und kreativ anstrengend empfand (USA Today), scheint es wahrscheinlich, dass Craig sich nur deshalb gezwungen fühlte, einen weiteren wiederkehrenden Protagonisten zu spielen, weil diese neue Rolle so spielerisch ist. (Bautista, der mit Craig auch im Bond-Film „Spectre“ von 2015 mitspielte, sagte, die Arbeit mit dem Star in beiden Filmen sei wie Tag und Nacht gewesen. „Bei Bond wirkte er nicht wie ein glücklicher Mensch, aber bei „Glass Onion“ war es das komplette Gegenteil“, sagte Bautista gegenüber Entertainment Weekly. „Er war einfach so lustig, hat immer gelächelt und war glücklich und hat viel mehr mit anderen interagiert.“)
Wie Agatha Christies Hercule Poirot ist Blanc ein verweichlichter und angeberischer Detektiv, der sich mit seinem Genie wohlfühlt, keine Dummheiten duldet und sich nach dem nächsten zu lösenden Rätsel sehnt. Craigs Versuch, einen Südstaatenakzent zu verwenden – von Evans‘ Figur im ersten Film als „Kentucky-fried Foghorn Leghorn drawl“ beschrieben – bleibt lächerlich, aber das ist ja auch der Punkt. In einer Szene beweist Blanc bei einer Dinnerparty Genialität, dass die anderen Darsteller:innen vor Schreck fast von ihren Stühlen rutschen (zugegebenermaßen ich auch).
Auch die übrigen Darsteller:innen laufen zur Höchstform auf, vor allem Monáe, die eine vielschichtige Performance abliefert, die sich in herrlicher Wut entlädt und Hudson, die meiner Meinung nach seit „Almost Famous“ aus dem Jahr 2000 nicht mehr so gut in einer Rolle war, wie in dieser. Als Birdie Jay wirkt sie hoffnungslos ahnungslos, aber auch so herrlich warmherzig, dass man sofort versteht, warum die anderen mit ihr abhängen wollen. Ich hoffe wirklich, dass beide bei der Oscar-Verleihung für die beste Nebendarstellerin im Rennen sind.

Netflix hat bereits die Rechte für einen dritten „Knives Out“-Film (sie haben letztes Jahr erstaunliche 450 Millionen US-Dollar (Variety) für einen zweiten und dritten Film bezahlt), und obwohl die Produktion noch nicht begonnen hat, stehe ich in Gedanken schon Schlange für Tickets. Ich hoffe, dass dies das Netflix-Äquivalent zu HBOs „The White Lotus“ wird, wobei jede Folge uns eine neue Besetzung an einem glamourösen Ort bringt.
Was hat es mit der „Mona Lisa“ auf sich?
Ich möchte zwar nichts verraten, denn ein Teil des Vergnügens dieser Filme besteht darin, so ahnungslos wie möglich zu sein, aber ich werde sagen, dass es eine zentrale Diskussion im Film über die „Mona Lisa“ gibt. Diese wurde dem Milliardär Bron von der französischen Regierung vorübergehend, für eine schwindelerregende Summe geliehen, weil der Louvre wegen der Pandemie geschlossen wurde.
Bron erzählt seinen verblüfften Gästen, wie Da Vinci das Meisterwerk mit bahnbrechenden Pinselstrichen und Techniken schaffen konnte. In seiner Bewunderung für das Genie und die Meisterschaft des Malers sagt er, dass er sich danach sehnt, so in Erinnerung zu bleiben, wie die Menschen über große Kunst sprechen.
„Glass Onion“ ist eine perfekte Erinnerung daran, dass große Kunst nicht ernst sein muss. Manchmal geht es einfach darum, Spaß zu haben. Wenn man genau hinsieht, lächelt sogar die „Mona Lisa“ ein wenig.
Autor ist David Mack. Der Artikel erschien am 23. Dezember 2022 auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Mine Hacibekiroglu.