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Ich habe meine Zeit auf Instagram, Tiktok und Co. begrenzt - das ist mit mir passiert

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Eine Karikatur, in der ein Handy mit der Aufschrift „Hey you should really try to sleep“ ein Bett mit einer schlafenden Person hinter sich herzieht.
Manchmal ist es gar nicht so einfach, sich abends vom Bildschirm zu trennen. © Graham Roumieu /for BuzzFeed News

Apps wie TikTok und Instagram bieten Einstellungen für „digitales Wohlbefinden“ an, die verhindern sollen, dass ihr vor dem Zubettgehen noch weiter surft. Aber hilft das wirklich?

Vielleicht kennst du das Gefühl: Du legst dich nach einem langen Arbeitstag, nach der Schule oder nach der Kinderbetreuung ins Bett und beschließt, „nur fünf Minuten“ zu schauen, was es Neues auf Social Media gibt. 30 Minuten - oder sogar Stunden- später bist du immer noch am Scrollen. Obwohl es so falsch ist, fühlt es sich auch gut an - obwohl du genau weißt, dass du am nächsten Morgen wegen des fehlenden Schlafes echt schlechte Laune haben wirst.
Dieser Trend ist im digitalen Zeitalter besonders besorgniserregend, wenn man bedenkt, dass allein in den USA mehr als 70 Millionen Menschen bereits unter chronischen Schlafproblemen leiden.

Ein Mangel an ausreichendem Schlaf kann sich auf das emotionale Wohlbefinden auswirken und ist langfristig mit einem höheren Risiko für Gesundheitsprobleme wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen und Typ-2-Diabetes verbunden.
Das soll nicht heißen, dass die nächtliche Nutzung deines Handys zwingend gesundheitliche Probleme verursacht. Aber wenn du das Gefühl hast, dass du zu viel Zeit vor dem Bildschirm verbringst und dadurch deinen Schlaf oder deine mentale Gesundheit beeinträchtigst, gibt es ein paar gute Gründe, damit aufzuhören - und einige technische Funktionen, die du nutzen kannst, um dir diese Gewohnheit leichter abzugewöhnen.

Instagram, Tiktok und Co.: Darum kannst du nicht aufhören, zu scrollen

Ob Social Media, das Durchstöbern von Nachrichten, das Streamen von Fernsehsendungen oder das Kommunizieren mit Freunden und Familie - dein Smartphone bietet dir Millionen verlockende Gründe, um das Schlafengehen hinauszuzögern. Prokrastination vor dem Schlafengehen bedeutet im Grunde, dass man später ins Bett geht als geplant, obwohl es überhaupt keinen guten Grund dafür gibt, lange aufzubleiben. Das ist ein weit verbreitetes Problem, von dem bis zu 53 Prozent der jungen Erwachsenen in den USA betroffen sind.
Auf manchen Smartphone-Bildschirmen kann man bei der Nutzung einer App nicht einmal die Uhrzeit sehen, sodass man einfach weiter scrollt und dabei die Zeit vergisst. Ähnlich wie Casinos, in denen es keine Uhren oder Fenster gibt, um Besucher bis in die frühen Morgenstunden vor den Spielautomaten zu fesseln.

"Social-Media-Plattformen laden geradezu dazu ein, auf ihnen zu bleiben, mit dem selbstverständlich bewussten Ziel, sie so lange wie möglich zu nutzen. Die Inhalte sind in der Regel so lustig oder unterhaltsam, dass man gar nicht mehr aufhören möchte", sagt Lauren Hale, Professorin für Familien-, Bevölkerungs- und Präventivmedizin an der Stony Brook University in New York. "Die Realität ist härter als eine Scheinwelt. Und die meisten von uns würden, wenn sie die Wahl hätten, den Weg des geringsten Widerstands wählen".

Diese ganze mentale Stimulation „hindert uns letztlich daran, zur Ruhe zu kommen und uns auf den Übergang in den Schlaf vorzubereiten“, sagt Michael Jaffee, Direktor der Neurology Sleep Clinic an der University of Florida. „Eine Herausforderung besteht darin, dass der Teil unseres Gehirns, der Verhaltensweisen stärkt, durch Neues stimuliert wird; das Scrollen in Social Media verspricht immer etwas Neues, wenn man nur weiterscrollt.“
Eine Gruppe von Forschern macht FOMO, „Fear of missing out“ (dt. „die Angst, etwas zu verpassen“) für diese nächtliche Besessenheit von Social Media verantwortlich. Die derzeitige Pandemie, eine durch den Klimawandel bedingten Klimakatastrophe oder Krieg, könnten Gründe dafür sein, warum es so schwierig ist, mit dem nächtlichen Scrollen aufzuhören. Durch das ständige Überprüfen des Smartphones, hat man vielleicht ein Gefühl der Kontrolle, oft aber auf Kosten von erhöhten Depressionen, Angst-und Schlafstörungen.

Zu viel Zeit am Smartphone kann deiner Gesundheit schaden

Oder einfacher gesagt - nutzen wir Smartphones oder andere technischen Geräte, egal zu welcher Tageszeit, übermäßig oft, verbringen wir einen Großteil unserer Zeit im Sitzen, was die Weltgesundheitsorganisation als „eines der ernsthaftesten, aber noch nicht ausreichend behandelten Probleme der öffentlichen Gesundheit unserer Zeit“ bezeichnet hat. (Und das war im Jahr 2002, bevor Geräte mit Bildschirmen für die Eigennutzung leichter zugänglich wurden!)
Nicht nur, dass Bildschirmzeit zur Folge hat, dass man sich weniger bewegt. Zu viel Zeit am Handy kann andere, wichtigere Dinge im Leben in den Hintergrund rücken, wie zum Beispiel den Schlaf.

Instagram, Tiktok und Co.: „Wenn man vor dem Bildschirm sitzt, entstehen Opportunitätskosten.“

Eine 2019 in der Fachzeitschrift Sleep veröffentlichte Studie mit 106 gesunden Teilnehmer:innen, von denen ein Großteil in ihren 20-ern war, ergab, dass diejenigen, die auf der Skala der Prokrastination vor dem Schlafengehen einen hohen Wert erreichten, vor dem Schlafengehen etwa 61 Minuten mehr am Smartphone verbrachten als diejenigen, die seltener vor dem Schlafengehen prokrastinierten. In der Studie wiesen die Prokrastinierer:innen mehr Depressionen, Angstzustände und Schlaflosigkeit auf, gingen im Durchschnitt 50 Minuten später ins Bett und wachten 46 Minuten später auf als die nicht-prokrastinierenden Teilnehmer:innen. (Alle Teilnehmer:innen beantworteten Fragebögen, führten ein siebentägiges Schlaftagebuch und füllten Umfragen zur Zeiteinteilung aus; die Forscher:innen wiesen jedoch darauf hin, dass diese Stichprobe möglicherweise nicht repräsentativ für die Allgemeinbevölkerung ist).

Hale und ein Koautor veröffentlichten eine Auswertung von 67 Studien, die zwischen 1999 und 2014 durchgeführt wurden. Sie fanden heraus, dass in 90 Prozent der Studien die Bildschirmnutzung mit weniger Schlaf und einem verspäteten Zubettgehen von Jugendlichen und Kindern verbunden war. Doch es gibt noch einen weiteren Faktor zu berücksichtigen: Digitale Bildschirme strahlen blaues Licht aus, eine der kürzeren, aber energiereicheren Wellenlängen des sichtbaren Lichtspektrums. Untersuchungen zeigen, dass blaues Licht die Produktion des schlaffördernden Hormons Melatonin unterdrücken kann.

Was kannst du also tun, um deine Bildschirmzeit zu reduzieren?

App-Entwickler:innen wollen zwar, dass wir so lange wie möglich vor dem Bildschirm bleiben, aber die meisten von ihnen bieten auch Tools zur Begrenzung der Bildschirmnutzung an. Ich habe also das getan, was (anekdotisch gesehen) nicht viele Menschen tun - ich habe Zeitlimits für meine Social-Media-Apps wie Facebook, Instagram und TikTok eingerichtet, um meine Bildschirmnutzung vor dem Schlafengehen zu kontrollieren, in der Hoffnung, mehr Schlaf abzubekommen.

Bei TikTok können Nutzer:innen über den Abschnitt "Digitales Wellbeing" in den Einstellungen der App tägliche Bildschirmzeitlimits von 40, 60, 90 und 120 Minuten festlegen. Hast du dein Limit erreicht, wird der Bildschirm schwarz und du musst einen vierstelligen Passcode eingeben, um die App weiter nutzen zu können.

Ich habe mich für 40 Minuten entschieden, weil mir das mehr als genug Zeit schien, um gedankenlos DIY- und Hundewelpenvideos anzuschauen, aber falscher hätte ich wohl nicht liegen können. Fast jede Benachrichtigung, die ich im Laufe einer Woche bekommen habe, hat mich total überrascht; mir war gar nicht bewusst, dass ich schon so lange am Scrollen war (meistens sind es nächtliche Benachrichtigungen gewesen, da ich TikTok tagsüber selten benutze). Um ehrlich zu sein, haben mich die Unterbrechungen genervt, aber sie haben mich tatsächlich dazu gebracht, auf die Uhrzeit zu achten, was in mir einen Pro und Contra Dialog ausgelöst hat: entweder weitere 5 Minuten auf TikTok verbringen oder Schlafen gehen.

Manchmal hat es geklappt und ich habe mein Handy auf den Nachttisch gelegt, genervt, aber auch dankbar für das angenehme Gefühl der Dunkelheit als ich endlich meine Augen zugemacht habe. Manchmal habe ich aber auch den Code eingegeben und das Gefühl des Bedauerns, das mir im Magen lag, und das Wissen, dass mein zukünftiges Ich am Morgen wütend - und müde - sein würde, ignoriert. Immerhin hat mich TikTok bei meiner sofortigen Rückkehr mit einer "Willkommen zurück"-Nachricht begrüßt.

Als weiteren vermeintlichen Schutz für mein digitales Wohlbefinden, zeigt TikTok Videos von Top-Creatorn "in echtem TikTok-Stil", um Appnutzer:innen zu ermutigen, eine Pause einzulegen und etwas in der realen Welt zu tun, zum Beispiel einen Spaziergang zu machen oder einen Snack zu essen. Es ist jedoch unklar, ob diese Videos, die 2020 eingeführt wurden, tatsächlich das bewirken, was sie bezwecken sollen. Ein Sprecher von TikTok sagte gegenüber BuzzFeed News US, dass das Unternehmen keine Daten darüber preisgibt, wie viele Nutzer:innen die App verlassen, wenn sie auf diese Videos stoßen. Das Unternehmen wollte mir auch nicht sagen, wie viel Zeit vergehen muss, bis man eines dieser Videos auf seiner "For You Page" (FYP) sieht.

Andere Websites wie Instagram und Facebook bieten ebenfalls tägliche Bildschirmzeitlimits an, die du über die App selber festlegen kannst.

Hier zeigen wir dir, wie du auf Instagram einen Timer für deine Bildschirmnutzung einrichten kannst:

Auf Facebook setzt du den Timer für die Bildschirmnutzung folgendermaßen:

iPhone- und Android-Besitzer:innen können in den allgemeinen Einstellungen ihres Telefons Timer für jede beliebige App einstellen, und auch Google und YouTube bieten Kontrollmöglichkeiten für die Appnutzung.
Und so kontra-intuitiv es auch klingen mag, gibt es auch Apps zur Kontrolle der Bildschirmzeit, darunter Flipd, Space, Flora und Offtime. Indem sie das sinnlose Scrollen auf deinem Smartphone einschränken, versprechen diese Apps deine Lebensqualität zu verbessern.

Tipps für einen gesunden Schlaf und eine gesunde Smartphone Nutzung vor dem Schlafengehen

Wenn du das Gefühl hast, zu viel Zeit am Smartphone zu verbringen, solltest du dir bewusst machen, dass das total in Ordnung ist, so Raj Dasgupta, Lungen- und Schlafmediziner an der Keck School of Medicine der University of Southern California. Allerdings gibt es für alles eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort, vor allem, wenn man unter chronischer Schlaflosigkeit leidet", so Dasgupta, der betont, dass Menschen mit Schlafstörungen möglicherweise mehr Unterstützung benötigen, als nur nachts auf ihr Handy zu verzichten.

Dennoch: „Wenn man tagsüber besser funktionieren und in besserer Stimmung sein will, muss man alle Geräte weglegen. Es geht vor allem darum, Schlaf zu priorisieren.“ Letztendlich geht es bei der Frage, wie viel und wie gut man schläft, um mehr als nur die Gerätenutzung vor dem Schlafengehen. Wichtige Aspekte sind auch, was man isst, ob und wann man Sport treibt, und sogar, ob man das Bett mit jemandem teilt. Ich persönlich halte es für besser, mein Schlafzimmer smartphone-frei zu machen und mich mit meiner Uhr oder einem herkömmlichen Wecker zur Arbeit zu wecken. Aber es gibt noch andere gesunde Schlafgewohnheiten, die man befolgen kann, bevor man den nächtlichen Bildschirmkonsum ganz aufgibt.

Wie Dasgupta ist auch Hale der Meinung, dass Smartphones nachts im Schlafzimmer nichts zu suchen haben. Bei ihr zu Hause sind Bildschirme weder am Esstisch noch im Schlafzimmer erlaubt; sie und ihre Familie benutzen ihre Handys eine Stunde vor dem Schlafengehen nicht mehr und laden sie in einem vom Schlafbereich getrennten Raum auf. Dieser Tipp ist besonders für Teenager nützlich. Eine US-weite repräsentative Umfrage unter 500 Eltern und 500 Kindern ergab, dass 68 Prozent der Teenager ihre Geräte mit ins Bett nehmen, darunter fast ein Drittel, das sogar neben ihnen einschläft (Mädchen häufiger als Jungen).

Die Eltern sind nicht besser: 62 Prozent der Teilnehmer:innen gaben an, dass sie ihre Geräte in Reichweite des Bettes aufbewahren, so die Umfrage von Common Sense, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für das digitale Wohlbefinden von Kindern einsetzt.

Eine weitere gesunde Schlafgewohnheit besteht darin, Nickerchen am Tag zu vermeiden oder nur mit Vorsicht zu halten. Der ASA zufolge kann ein Nickerchen dazu führen, dass wir nachts weniger schläfrig sind, Schwierigkeiten beim Einschlafen haben und mehrmals mitten im Halbschlaf aufwachen.

Hier gibt‘s noch weitere Tipps für einen gesunden Schlaf:

„Jeder hat mal lange, anstrengende Tage. Wenn man also nach Hause geht und sich entspannen und etwas für sich selbst tun möchte, ist das nicht falsch. Man ist schließlich auch nur ein Mensch“, so Dasgupta über die Bildschirmnutzung vor dem Schlafengehen. „ Alles in Maßen, ist die Devise.“

Und Kompromisse sind entscheidend, fügt er hinzu. Wer eine Nachteule ist, sollte sich etwas suchen, das einen weniger einnimmt als das Smartphone. Wer weiß, vielleicht bist du ja disziplinierter als ich, und die Begrenzung deiner Bildschirmnutzung bringt dich tatsächlich dazu, nachts alle technischen Geräte wegzulegen. Zumindest kann ich sagen, dass ich es versucht habe.

Autorin dieses Textes ist Katie Camero. Der Artikel erschien am 13. März 2022 auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Aranza Maier.

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