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Bei der Integration von ukrainischen Schüler:innen „lügt sich die Politik in die Tasche“

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Von: Jana Stäbener

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2022 lernten über 200.000 ukrainische Schüler:innen an Deutschlands Schulen. Für sie fehlen rund 14.000 Lehrer:innen, so der Deutsche Lehrerverband.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums (BMI) kamen bis Ende November 2022 seit Beginn des Ukraine-Kriegs mehr als eine Million Geflüchtete aus der Ukraine nach Deutschland. In vielen Kommunen fehlt nun der Platz, um Geflüchtete aufzunehmen. Denn auch aus anderen Länder kommen Geflüchtete. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, erklärt Innenministerin Nancy Faeser (SPD) das damit, dass im Sommer und Herbst allgemein Menschen nach Deutschland kämen.

Unter den Menschen, die aufgrund des Ukraine-Kriegs fliehen mussten, sind dabei laut BMI rund ein Drittel Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Mehr als 200.000 dieser ukrainischen Kinder und Jugendlichen sind laut dpa aktuell an Schulen in Deutschland angemeldet. Das wird für die deutschen Schulen und Lehrer:innen organisatorisch und sprachlich zur Herausforderung, sagt Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands (DL) zu BuzzFeed News DE.

Ukrainische Schüler:innen in deutschen Schulen.
Aus der Ukraine geflüchtete Schüler sitzen beim Deutschunterricht in einem rheinland-pfälzischen Gymnasium. © Frank Rumpenhorst/dpa

Schüler:innen aus der Ukraine: Für alle Länder „eine große Herausforderung“

Der Umgang mit ukrainischen Schüler:innen und auch Lehrkräften an deutschen Schulen ist am Dienstag, 6. Dezember 2022, Thema einer Pressekonferenz von verschiedenen Migrationsorganisationen. Eine der Ukrainer:innen, die in Deutschland als Lehrkräfte aushelfen, ist Ksenia (28), die in Deutschland nun an zwei Schulen als Klavierlehrerin unterrichtet und ukrainischen Kindern dabei, hilft, gut in Deutschland anzukommen. Die ukrainische Geflüchtete musste im Juni mit einem zerkratztem Auto fertigwerden.

Ksenia hilft dabei, den Lehrkräftemangel zu überbrücken, der laut dpa für alle Länder „eine große Herausforderung“ sei. Die Bundesländer gehen mit den ukrainischen Schüler:innen unterschiedlich um. In Ländern wie Brandenburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und dem Saarland lernen die Kinder und Jugendlichen im Schuljahr 22/23 in Regelklassen, berichtete der Mediendienst Integration.

In einigen Bundesländern würden Schüler:innen aus der Ukraine zunächst getrennt in Willkommens- oder Vorbereitungsklassen unterrichtet. Gemeinsames Lernen gebe es dann in Musik, Sport oder Englisch. In Ländern wie Bayern, Berlin oder Nordrhein-Westfalen gebe es verschiedene Modelle.

Ukrainischen Schüler:innen erleben in Deutschland „Doppelbelastung“

Am Donnerstag, 8. Dezember, folgt eine erneute Kultusministerkonferenz (KMK), in der es unter anderem auch um den Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen auf den Schul- und Hochschulbereich gehen soll. Beschlossen hatte die KMK, dass staatliche Schulen keinen Unterricht nach ukrainischem Lehrplan anbieten. Viele Schüler:innen aus der Ukraine nehmen deswegen zusätzlich an Online-Angeboten aus der Ukraine teil – und sind damit doppelt belastet.

Diese Doppelbelastung sei ein Problem, denn sie führe auch dazu, dass ukrainische Schüler:innen häufiger fehlen würden, sagt Meidinger gegenüber BuzzFeed News DE. „Ukrainische Schüler:innen spüren allgemein eine Gesamtbelastung, sich alle Optionen offenzuhalten“, vermutet er. „Wir haben uns da ein bisschen auf die Schulter geklopft, dass es gelungen ist, so viele ukrainische Schüler:innen aufzunehmen, aber ob die Integration mit erfolgreichen Schulabschlüssen gelingt – das ist in keinster Weise sicher. Da lügt sich die Politik auch ein wenig in die Tasche.“

Das Ziel sollte sein, dass Schüler:innen nach einem Jahr auf den Schulen sind, auf denen sie erfolgreich abschließen können. „Aber das ist in höchstem Maße gefährdet, weil ukrainische Schüler:innen in manchen Bundesländern einfach nur Quoten erfüllen müssen und nicht auf die Schule geschickt werden, die gut für sie wäre.“

„Für die 200.000 Schüler:innen aus der Ukraine bräuchten wir 14.000 Lehrkräfte mehr“

Neben der Doppelbelastung der Schüler:innen sei das Hauptproblem der Fachkräftemangel. „Für die 200.000 Schüler:innen aus der Ukraine bräuchten wir zusätzlich 14.000 Lehrkräfte“, sagt Meidinger. Man sehe, dass Lehrer:innen aus der Ukraine aktuell zwar ihr Bestes tun, jedoch auch nicht die Sprachkenntnisse hätten, um Schüler:innen wirklich bei der Integration in Deutschland zu helfen.

„Man braucht jede Lehrkraft, einfach, um den Unterricht abzudecken. Da bleibt nicht viel Zeit für Fortbildungen oder Sprachkurse“, sagt Meidinger. Das sei auch bei Quereinsteiger:innen nicht anders. „Die Länder sorgen nicht für die notwendigen Nachqualifikationen, weil sie die Lehrer:innen sofort im Unterricht brauchen. Deswegen sollte die Politik auf Bundesebene hier ansetzen.“

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