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Azubis verraten, wie viele Männer Hebamme werden und was sie verdienen

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Von: Felicitas Breschendorf, Pia Seitler

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Fabiana und Nina werden Hebammen und erzählen von ihrer Ausbildung und dem Studium.
Fabiana und Nina werden Hebammen und erzählen von ihrer Ausbildung und dem Studium. © Westend61/Imago/privat

Heute ist der Internationale Hebammentag. Zwei angehende Hebammen schildern bei BuzzFeed DE News, wen sie nach ihrer ersten Geburt sofort anriefen.

Fabiana war 15 Jahre alt, als sie während eines Praktikums zum ersten Mal in einem Kreißsaal stand. „Damals hatte ich noch keine Ahnung, was eine Hebamme ist und hab mich direkt in den Beruf verliebt“, erzählt sie. Fabiana studiert Hebammenwissenschaft im zweiten Semester in Baden-Württemberg.

Die Hebammenausbildung wird gerade an die Hochschulen überführt. Seit 1. Januar 2020 muss man studieren, wenn man Hebamme werden möchte. Bis 31. Dezember 2022 galten jedoch noch Übergangsregelungen und die Ausbildung kann auch an Schulen begonnen werden. Nina, 23, begann vor etwa vier Jahren ihre Ausbildung zur Hebamme. „Ich wollte etwas Lebensnahes machen, mit Frauen* zusammenarbeiten und vor allem etwas machen, was viel Sinn und Bedeutung hat “, sagt sie.

Mit BuzzFeed DE News haben Janina und Nina im zweiten Teil unserer Serie „Azubis ausgefragt“ über ihre erste Geburt, Sorgen und Herausforderungen, Gehalt und Berufsaussichten und das Windelwechseln gesprochen. Im ersten Teil erzählt Lkw-Fahrerin Janina von ihrer Ausbildung, Übernachten auf der Autobahn und tollen Kollegen. 

Azubis ausgefragt

In unserer Serie sprechen wir mit jungen Menschen über ihre Ausbildung. Was treibt sie an? Was fordert sie heraus? Wie sieht es mit Gehalt und Jobaussichten aus? Wovon träumen sie? Was macht ihnen Angst? Azubis geben Einblicke in ihren Beruf und verraten, was du dich schon immer gefragt hast.

1. Unter Hebammen gibt es fast keine Männer

Bei Nina im Ausbildungslehrgang sind 25 Auszubildende und mit Fabiana haben 28 Studentinnen angefangen, Hebammenwissenschaft zu studieren. Alles weiblich gelesene Personen, kein Mann. Es sei in der Gesellschaft noch nicht angekommen, dass auch ein Mann eine gute Hebamme sein kann, so Fabiana. „Es ist egal, welches Geschlecht du hast, du brauchst Einfühlungsvermögen für den Job als Hebamme.“

2. Das Studium Hebammenwissenschaft beginnt erst einmal mit viel Theorie, bevor es in den Kreißsaal geht

Während Ninas erster Praxiseinsatz in einer Klinik nach zwei Monaten Theorie war, hatte Fabiana vier Monate Vorlesungen an der Hochschule. „Es war sehr viel theoretisches Wissen, dass wir uns angeeignet haben“, sagt Fabiana. Danach kamen die Prüfungen, zwei Wochen Urlaub und dann gings zum ersten Mal in die Praxis.

In der Ausbildung wechseln sich im vier bis sechs Wochenrhythmus Theorie und Praxis ab, während im Studium die Theorie-Blöcke länger sind. „Wenn wir arbeiten, haben wir Schichtdienstzeiten. Früh-, Spät-, Nachtdienst und dann sind wir zwischen 8 und 8,5 Stunden in der Klinik“, sagt Nina.

3. Ausbildung zur Hebamme ist mehr als nur Krankenhaus.

Geburtskliniken, Hausgeburten, Wochenbettbetreuung: Als Azubi oder duale Studentin sei man häufig bei einer Klinik angestellt, aber es gebe auch Wochen, in denen man bei freiberuflichen Hebammen das gesamte Spektrum des Hebammen-Berufs kennenlernen könne, so Nina.

4. „Das Erste, was ich danach gemacht habe, ist meine Mama angerufen und mich bedankt, was sie so Kolossales geschafft hat.“

Die erste Geburt, bei der man als werdende Hebamme dabei ist, vergesse man nicht, so Nina. Bei ihr war es während ihres Vorpraktikums und sie erinnert sich, wie sie direkt danach ihre Mama anrief, und sich bedankte. Ihre Mutter hat auch Fabiana nach ihrer ersten Geburt angerufen. „Es ist eine Naturgewalt. Im Sommer habe ich mit 16 hab nochmal ein Praktikum gemacht und meine erste Geburt gesehen. Es war eine richtige Traumgeburt. Es ging schnell und war richtig schön. Ich weiß noch, dass alle Tränen in den Augen hatten“, erinnert sich die werdende Hebamme.

5. Während der Ausbildung betreuen Azubis Geburten auch als primäre Hebammen

„Ich bin am Anfang mit einer jungen Hebamme mitgelaufen, die viel erklärt hat und gut aufgepasst hat, wie es mir geht. Es ist einfach verrückt, was da passiert und deshalb bin ich sehr dankbar, dass darauf geachtet wurde, wie es mir ging“, erzählt Nina von ihrer ersten Geburt. Nach und nach habe sie mehr Verantwortung übernommen und mache inzwischen die Betreuung meistens alleine und rufe dann erst am Ende jemanden hinzu. Trotzdem glaubt Nina, dass es dann nach der Ausbildung oder dem Studium nochmal ein neues Gefühl sei.

Im Studium habe Fabiana im ersten Praxiseinsatz erst einmal nur beobachtet. Im zweiten Einsatz in der Klinik gehe es dann darum, eine Geburt anzuleiten und zu betreuen. „Schritt für Schritt darf man immer mehr machen“, sagt sie.

6. „Man möchte alles perfekt haben, so wie die Frau es möchte, aber manchmal geht das einfach nicht“

Als werdende Hebammen machen sich Nina und Fabiana viele Gedanken, wie die Geburt erlebt werde. „Man möchte alles perfekt haben, so wie die Frau es möchte, aber manchmal geht das einfach nicht“, sagt Fabiana. Muttergefühle fürs Baby habe sie nicht, aber sie fühle sich verantwortlich dafür, wie die Mutter die Geburt empfunden habe. Es sei ein sehr intimer Moment.

7. „Der große Personal- und Hebammenmangel ist fast überall zu spüren.“

Als Azubis und Studis haben wir noch den Luxus länger bei nur einer Person zu sein, aber wir sehen ja auch, dass die fertigen Hebammen hin- und herspringen müssen und gerne anders betreuen wollen, aber es eben oft aufgrund der Arbeitsbedingungen nicht möglich ist.

Nina, werdende Hebamme

8. In der Ausbildung oder im Studium begleitet man auch eine Hebamme bei Hausgeburten – wenn man eine findet

„Man muss man echt Glück haben, eine Hebamme zu finden, die Hausgeburten betreut und auch noch Praxis-Anleiterin ist“, sagt Fabiana. Sie habe eine gefunden und begleite sie im Winter bei ihrem externen Praxiseinsatz. Darauf freue sie sich schon sehr: „Ist ein ganz anderes Setting als im Krankenhaus, aber das mag ich.“ Es sei schon immer schwierig gewesen, Hebammen zu finden, die außerklinische Geburtshilfe anbieten, aber es werde immer akuter, sagt Nina.

Sind Hausgeburten gefährlicher? „Eine Hausgeburt ist einfach anders“, sagt Fabiana. Wenn die schwangere Person schon bestimmte Risiken habe, würde man das auch eher nicht machen.

9. Für Hebammen-Studis gibt es Tarifverträge: Sie verdienen im ersten Jahr etwa 1500 Euro brutto im Monat.

Im ersten Jahr der Hebammen-Ausbildung verdienen viele Azubis etwa 1000 Euro brutto monatlich und das steigert sich von Jahr zu Jahr. Im Hebammengesetz ist geregelt, dass auch Studierende eine Ausbildungsvergütung bekommen. Der Deutsche Hebammenverband hatte sich dafür starkgemacht und Verdi gute Verhandlungen geführt. „Ich finde das echt gut“, sagt Fabiana.

Nach dem Studium oder der Ausbildung könne man wohl etwas besser verdienen, wenn man freiberuflich als Hebamme arbeite, weil man mit Geburtsvorbereitungskurse und Rückbildungskursen gut verdienen könne, so Fabiana. „Es arbeiten viele Hebammen in einem gemischten Modell. Teilzeit im Krankenhaus und freiberuflich in Vorsorge und Wochenbett“, erklärt Nina.

10. Windelwechseln den Vätern und Müttern beibringen macht richtig viel Spaß.

„Ich finde das Windelwechseln, den Vätern und Müttern zu zeigen richtig schön“, sagt Fabiana. Am Anfang fassen alle ihre Kinder an, als würden sie gleich zerbrechen, erzählt die 24-Jährige. Im Laufe der Zeit verändere sich das und die Eltern werden selbstsicherer.

Nina haben besonders die Geburtsvorbereitungskurse, die sie miterleben durfte, viel Spaß gemacht. „Es macht viel aus, wie man in die Geburt reingeht und das ist eine riesige Chance, da freue ich mich schon sehr drauf“, sagt die 23-Jährige.

11. Jede Schicht ist anders.

Es seit total unterschiedlich, wie viele Geburten man während einer Schicht betreue, berichten Nina und Fabiana. Nina erzählt, dass es Nachtschichten gibt, in der denen die Kinder im Stundentakt kommen. Auch Fabiana hat das Gefühl, dass Geburten in Wellen kommen. Manchmal habe sie eine Schicht ohne Geburt, dann wieder mehrere innerhalb eines Tages. 

12. Durch die Akademisierung eröffnen sich für alle werdenden Hebammen mehr Berufsmöglichkeiten.

Durch die Akademisierung der Ausbildung zu Hebamme eröffnen sich mehr Möglichkeiten und es könnte auch Einfluss auf die Bezahlung haben. Masterstudiengänge werden immer weiter ausgebaut, erzählt Fabiana. Nach dem Studium könne man auch ins Management gehen oder in die Forschung. „Es verändert sich gerade viel und das ist super spannend. Ich hab viel Vorfreude auf das, was kommt“, sagt Nina.

13. „Man fühlt sich den unterschiedlichsten Menschen sehr nah“, sagt Nina.

Nina gibt der Kontakt zu verschiedenen Menschen viel Kraft. „Es ist bei jeder Geburt eine Ehre, Menschen so intim kennenlernen zu dürfen“, sagt sie. Dass sie sich den Menschen, die sie betreue, so nah fühle, kann auch belasten. Manchmal gebe es medizinische Notfälle, oder Situationen, die schwierig zu handhaben sind, wo sie merke, die Person komme gerade mental nicht mit. „Das macht auch viel mit einem selbst, das anzusehen.“ Deshalb findet Nina es wichtig, über das Erlebte zu sprechen, zum Beispiel im Rahmen von Supervisionsrunden.

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