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Iranische Sittenpolizei aufgelöst: Ein reiner „PR-Stunt“, findet Friedensforscherin

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Von: Jana Stäbener

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Angeblich ist die Sittenpolizei im Iran Geschichte. Ein reiner „PR-Stunt“, denn das „iranische Regime weiß, wie es Medienkrieg führen muss“.

Wie iranische Medien berichteten, soll die iranische Sittenpolizei aufgelöst worden sein. Der Tod von Mahsa Amini in Obhut der Sittenpolizei war der Grund für die Proteste im Iran in den vergangenen Monaten. Immer wieder werden sie von Sicherheitskräften jedoch brutal zerschlagen. Sogar Krankenwagen soll die iranische Regierung verwenden, um Demonstrationen aufzulösen. Die Ankündigung, dass die Sittenpolizei nun Geschichte sei, reicht vielen nicht aus – für manche ist es gar nur ein „PR-Stunt“ des iranischen Regimes.

Sittenpolizei im Iran

Irans Sittenpolizei, die sogenannte „Gascht-e Erschad“ (Moralstreife), setzte laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) bisher als Sondereinheit der Polizei die islamischen Kleidungsvorschriften durch. Sie wurde während der Präsidentschaft des Hardliners Mahmud Ahmadinedschad (2005-2013) gegründet und trat unter dem aktuellen Präsident Ebrahim Raisi 2021 wieder in Erscheinung.

Die Sittenpolizei bewegt sich in Kleinbussen, mit meist vier bis sechs männlichen und weiblichen Beamt:innen. Sie ist im Iran auf fast allen Plätzen anzutreffen. Vor allem junge Frauen, deren Kopftuch und Outfit den Beamt:innen zufolge nicht den islamischen Regeln entsprechen, werden von den Sittenpolizist:innen aufgefordert, ihr Äußeres zu korrigieren. Immer mehr Frauen der jüngeren Generation widersetzten sich der Polizei jedoch – hier fünf Gründe, warum diese Frauen das iranische Regime besiegen können.

Irans Sittenpolizei: Wirklich aufgelöst oder reiner PR-Stunt?

„Die Sittenpolizei wurde aufgelöst, aber die Justizbehörde wird sich weiterhin mit dieser gesellschaftlichen Herausforderung auseinandersetzen“, zitierte die Tageszeitung Shargh den Generalstaatsanwalt Mohammed-Dschafar Montaseri am Sonntag, 4. Dezember 2022. Kritiker:innen sehen in Montaseris Worten keine echte Veränderung, denn das Problem sei nicht die Sittenpolizei, sondern der Kopftuchzwang. So schreibt es ein iranischer Aktivist auf Twitter. „Frauen müssen überall ohne Kopftuch verkehren können“, forderte er. Und dies sei „nur der erste Schritt.“

Manche Politiker:innen, wie die deutsche Friedens- und Konfliktforscherin Hannah Neumann gehen in ihrer Kritik sogar noch weiter. Für sie ist die Ankündigung ein reiner „PR-Stunt“. Neumann ist Mitglied des Europäischen Parlaments. Sie postet am Sonntagabend, 4. Dezember, einen „Service-Tweet“, wie sie ihn nennt. „Dass das iranische Regime das Ende der Sittenpolizei ankündigt, ist ein PR-Stunt“, schreibt die Grünen-Politikerin. „Hinrichtungen, willkürliche Festnahmen und Vergewaltigungen sind trotzdem weiterhin bittere Realität. Ich hoffe, dass es letztere Dinge in unsere wichtigsten Nachrichtenkanäle schaffen.“

Zu Hinrichtungen im Iran gab es zwar auch Fake-News, die Gewalt gegen Protestierende ist jedoch real und sollte von möglichst vielen Menschen geteilt werden.

Auch die Journalistin und Ärztin Gilda Sahebi, die im Iran geboren wurde, kritisiert auf Twitter, dass deutsche Medien diese Ankündigung so unreflektiert weitergegeben haben. „Nachdem Menschenrechtler*innen aus dem Iran und iranischstämmige Medienschaffende auf der ganzen Welt erklärt haben, warum die Meldung zur Sittenpolizei nicht stimmt, steht sie heute überall.“ Das habe Sahebi nicht erwartet, twittert sie am Montag, 5. Dezember 2022. „Das iranische Regime weiß, wie es Medienkrieg führen muss.“

Am Krisengipfel von Präsident Ebrahim Raisi nehmen keine Demonstrant:innen teil

Irans Präsident Ebrahim Raisi traf sich am Sonntag laut Medienberichten zudem mit mehreren Ministern zu einem Krisengipfel. Auf der Agenda des nicht-öffentlichen Treffens im Parlament in Teheran stünden die jüngsten Entwicklungen im Land, berichtete die Agentur Isna.

Raisi betont immer wieder, dass der Iran zwar gegenüber Kritik tolerant sei, nicht aber gegenüber vom Ausland gesteuerten und von deren Söldnern ausgeführten Ausschreitungen, wie er die Proteste im Iran beschreibt, denen Joko und Klaas ihre Instagramreichweite geschenkt haben.

Am angekündigten Untersuchungsausschuss sollen deswegen weder Demonstrant:innen oder Systemkritiker:innen noch andere politische Parteien teilnehmen, erklärte Innenminister Ahmad Wahidi laut Nachrichtenagentur Ilna. Die Protestierenden hätten keine Vertreter, „außerdem hatten wir es mit Krawallmachern und Unruhestiftern und nicht Demonstranten zu tun“, sagte Wahidi demnach zu den Gründen für den Ausschluss der Protest-Vertreter.

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