Erster europäischer Fußballprofi outet sich: „Die Leute merken, das ist Teil unserer Gesellschaft“

Endlich: Homosexualität ist auch im europäischen Fußball kein Tabu mehr. Was das Outing von Jakub Jankto über unsere Gesellschaft, toxische Männlichkeit und die junge Generation verrät.
Jakub Jankto outet sich als homosexuell. Er ist der erste aktive Profifußballer, der das in Europa tut. Und Jankto schickt eine starke Botschaft: „Ich möchte auch mein Leben in Freiheit leben. Ohne Ängste, ohne Vorurteile, ohne Gewalt. Aber mit Liebe“, sagt er in einem Video auf seiner Instagram-Seite: „Ich bin homosexuell und will mich nicht länger verstecken.“
Jankto hat sich gewagt. Sein Outing zeigt, dass Homosexualität auch im Fußballgeschäft längst kein Tabuthema mehr sein sollte.
Erstes Outing im europäischen Profifußball: Jakub Jankto kann ein Vorbild sein
Christoph Hertzsch ist im Vorstand des „Team München“, dem einzigen offen homosexuellen Sportverein der bayerischen Landeshauptstadt und spielt selbst in der Herren-Fußballmannschaft, den Streetboys. Er sagt gegenüber BuzzFeed News DE: „Ich freue mich sehr für Jakub Jankto und über die Vorbildfunktion, die er einnehmen kann.“
Vermutlich haben sich zahllose Profis bislang nicht getraut, ihre Liebe öffentlich zu machen. Das Risiko war groß und ungewiss. „Die Unbekannte war bisher: Wie reagiert die Öffentlichkeit“, erklärt Hertzsch. Und wie fielen die Reaktionen bei Jankto aus? „Großartig.“ Real Madrid, FC Bayern München, Juventus Turin, nahezu alle großen Klubs gratulieren dem tschechischen Fußballer auf Instagram. Auch die UEFA hat einen positiven Kommentar hinterlassen.
Jakub Jankto outet sich als homosexuell: „Jetzt können Profis in Europa sehen: Es ist möglich“
„Jetzt können Profis in Europa sehen: Es ist möglich“, sagt Hertzsch, „Die Mannschaften stehen dahinter und Jankto bekommt viel Zuspruch. Das ist genau das, was sich wohl alle erhofft haben. Alles ist positiv, das ist sehr schön, mitanzusehen.“ Hertzsch lobt auch die Medien, die sich nicht auf anzügliche Themen gestürzt haben.
Ende 2021 hatte sich mit Josh Cavallo der erste aktive Fußballprofi überhaupt geoutet. Der Einfluss, den Jankto hat, ist aber viel größer als der des australischen Profis, erklärt Hertzsch.
Jankto-Outing hat Einfluss auf alle: „Die Leute merken, Homosexualität ist Teil unserer Gesellschaft“
„Er repräsentiert alles, was man sich von einem Spieler, der sich outet, ausmalt: Er hat in den großen Ligen gespielt, ist Nationalspieler. Außerdem ist Fußball in Europa der wichtigste Sport. Das ist schon eine andere Hausnummer. Und durch die örtliche Nähe kann auch in Deutschland keiner mehr sagen, das wäre sehr weit weg.“
„Die Leute merken, Homosexualität ist Teil unserer Gesellschaft“, erläutert Hertzsch. Der Einfluss von Janktos Outing kann über den Sport hinausgehen. Die Menschen lernen Schritt für Schritt, dass gleichgeschlechtliche Liebe ganz normal ist.
Für homosexuelle Sportler kann Jakub Jankto auf jeden Fall ein Vorbild sein:. „Viele sind jetzt vielleicht motivierter, auch zu sich zu stehen.“ Niemand müsse sich unter Druck gesetzt fühlen, sich outen zu müssen, aber Jankto hat gezeigt, dass es geht.
Homosexualität im Sport: Bislang fehlten die Vorbilder
Gerade im Sport fehlten diese Vorbilder für homosexuelle Menschen bislang. In der Musik, Kunst oder im Fernsehen ist das anders. Wie dringend braucht der Sport diese Vorbilder? „Wenn du dich durch Sport identifizierst und da keiner ist, fühlst du dich eingeengt“, sagt Hertzsch: „Das Outing von Jakub Jankto hat Einfluss auf jeden, der sich für Sport interessiert.“
„Es hat großen Einfluss, wie die junge Generation aufwächst. Wir haben junge, heterosexuelle Spieler, die überhaupt kein Thema aus Sexualität machen.“
Auch auf heterosexuelle Sportler, die langsam lernen, dass Homosexualiät normal ist? „Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass es vorangeht“, berichtet der Amateurfußballer. Und lobt: „Es hat großen Einfluss, wie die junge Generation aufwächst. Wir haben junge, heterosexuelle Spieler in der Mannschaft, die überhaupt kein Thema aus Sexualität machen.“
„Ich glaube nicht, dass sich die ältere Generation grundlegend ändert, auch wenn sie ein Stück offener wird“, bemerkt Hetzsch zwar, aber er freut sich auf die Zukunft: „Die jungen Spieler von heute, sind die erfahrenen Spieler von morgen. Und die Trainer von übermorgen, die diese Offenheit dann in die Vereine transportieren.“
„Ein schöner, erster Schritt, aber er reicht nicht aus“: Stigma muss weiter abgelegt werden
„Diese generelle Veränderung muss natürlich weiter gepusht werden“, mahnt Hertzsch. Auch wenn sich die Gesellschaft in die richtige Richtung entwickle, sei noch viel zu tun und zu lernen. Ähnlich bewertet er das Outing von Jakub Jankto: „Es ist ein schöner, erster Schritt, aber er reicht nicht aus. Der erste aktive Profi in Europa hat sich geoutet. ‚Eins‘ ist bei der Anzahl an Fußballern aber eine relativ kleine Zahl.“