Weil es „Erzieher:innen in ihrem Job einfach nicht mehr aushalten“ wird der Fachkräftemangel immer schlimmer
Das „Kita-Qualitätsgesetz sollte sich lieber nur auf den Fachkräftemangel konzentrieren“, findet Verdi. Denn genau der sei aktuell das größte Problem.
In der letzten Sitzung des Jahres hat der Bundesrat am Freitag, 16. Dezember, 31 Gesetze durchgewunken – eines davon war das Kita-Qualitätsgesetz. Es enthält für 2023 und 2024 ein Vier-Milliarden-Euro-Programm des Bundes für mehr Qualität bei Betreuung (hier fünf Dinge, die bei der Bildung von Kindern schieflaufen), frühkindlicher Bildung, guter Ernährung oder sprachlicher Entwicklung.
Außerdem sieht es die vom Bundesrat geforderte Fortführung des Förderprogramms „Sprach-Kitas“ bis Sommer 2023 vor. Mit all diesen Punkten setze das Gesetz den völlig falschen Fokus, findet Verdi-Bundesfachgruppenleiterin für Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit Elke Alsago gegenüber BuzzFeed News DE.
Kita-Qualitätsgesetz: Heftige Debatten im Bundestag
Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete, gab es wochenlange, teils sehr heftigen Debatten um das Kita-Qualitätsgesetz im Bundestag. Anfang Dezember 2022 stimmten die Ampel-Fraktionen von SPD, Grünen und FDP sowie überraschenderweise auch die AfD für das Gesetz. Die Abgeordneten der Union lehnten das Vorhaben ab, die Linke enthielt sich.
Auf der Seite des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ) wird erklärt, welche sieben Dinge das Gesetz verbessern soll. Bedarfsgerechtes Angebot, Fachkraft-Kind-Schlüssel, Gewinnung und Sicherung von qualifizierten Fachkräften, starke Leitung, sprachliche Bildung, Maßnahmen zur kindlichen Entwicklung, Gesundheit, Ernährung und Bewegung, Stärkung der Kindertagespflege.

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„Kita-Qualitätsgesetz sollte sich lieber nur auf den Fachkräftemangel konzentrieren“
Viel zu viele Baustellen, findet die Verdi-Bundesfachgruppenleiterin für Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit Elke Alsago gegenüber BuzzFeed News DE. Im Grund genommen sei es eine Verlängerung des „Gute-Kita-Gesetzes“. „Die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Kitas befürworten wir zwar, aber das Gesetz müsste einen Schwerpunkt auf die Gewinnung und Ausbildung von Personal legen, also auch das Ausbildungssystem mit finanzieren“, so Alsago.
„Im Gesetz sind ganz viele Aspekte drin: Gesundheit, Ernährung, sprachliche Bildung – das alles kann man ohne Personal gar nicht umsetzen“, sagt die Sozialpädagogin. Politiker:innen sprächen immer wieder Themen an, die Erzieher:innen im Alltag gar nicht interessierten – denn die hätten gerade ganz andere Sorgen. „Das Kita-Qualitätsgesetz sollte sich lieber nur auf den Fachkräftemangel konzentrieren.“
„Da wird immer nur abstrakt von Wünschen gesprochen, aber dass das ja nur mit gut ausgebildetem Personal geht, wird ignoriert. Kinder erziehen sich ja schließlich nicht gegenseitig.“ Es fehlten einfach Fachkräfte, wie auch in den Schulen, die mit der Integration von ukrainischen Kindern zu kämpfen haben.
Verdi: „Der Fachkräftemangel wird noch schlimmer werden“
Alsago ist nicht gerade optimistisch, dass sich die Situation bald bessert. Zwar seien momentan auch einige aufgrund der Grippe und RSV-Saison nicht da, und sicher bald wieder fit – aber langfristig sehe sie schwarz. „Der Fachkräftemangel wird noch schlimmer werden, weil Erzieher:innen es in ihrem Job einfach nicht mehr aushalten.“
Erst kürzlich habe Verdi Beschäftigte der Sozialen Arbeit befragt. Das Erschreckende: 86,5 Prozent der Beschäftigten sagten, sie schaffen den Job aufgrund der Belastung nicht bis ins Rentenalter. Auch ein Grund, warum eine späte Rente für viele nicht infrage kommt. „Wenn also immer mehr Menschen hinschmeißen, dann verschärft sich der Personalnotstand noch mehr.“
Aus der Sicht von Verdi brauche es eine Art „Kitabau-Stopp“ bis eine vernünftige Datenlage vorliege, wie das aktuelle Bildungs- und Betreuungssystem von Bund und Ländern gemeinsam ausgebaut werden muss. „Wir müssen erst einmal bestehende Einrichtungen stabilisieren und können nicht immer wieder neue Kitas ausbauen, deren Stellen wir nicht besetzen können“, betont Alsago gegenüber BuzzFeed News DE.
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