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Das kannst du tun, wenn du unter Klimaangst leidest

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Zeichnung einer weinenden Frau an einem Fenster, draußen Blitze und dunkel
Die Klimakrise kann auch eine psychische Belastung sein © Irene Rinaldi für BuzzFeed News US

Sich wegen der Klimakrise ängstlich oder deprimiert zu fühlen, ist normal. Hier erfährst du, was du dagegen tun kannst.

Schlimmer werdende Hitzewellen, Dürren, Waldbrände, Wirbelstürme und Überschwemmungen waren in den vergangenen Jahren für unermessliches menschliches Leid und unzählige Todesfälle verantwortlich. Und da sowie große Fortschritte als auch ausreichende Maßnahmen fehlen, um die Art und Weise, wie wir leben, sinnvoll zu ändern, werden noch mehr Menschen die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen und sterben.

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Die Vorstellung einer solchen Zukunft ist durchaus deprimierend. Immerhin entscheiden die nächsten drei Jahre, ob der Klimawandel aufzuhalten ist. Da verwundert es kaum, dass Expert:innen zufolge immer mehr (vor allem junge) Menschen unter Öko-Stress oder Klimaangst leiden. Darunter versteht man eine Art von Angst, die mit der Sorge um die Umwelt und die dauerhaften Auswirkungen des Klimawandels auf die Welt zusammenhängt.

Klimaangst: Viele Menschen fühlen sich wegen des Klimawandels verängstigt

Nach Angaben der American Psychological Association (APA) kann allein das Wissen um das Problem dazu führen, dass sich Menschen machtlos, erschöpft, verängstigt und wütend fühlen. Und das unabhängig davon, ob sie die direkten Auswirkungen des Klimawandels bisher erlebt haben. Eine von der APA im Dezember 2019 durchgeführte Umfrage ergab, dass etwas mehr als zwei Drittel der Erwachsenen angaben, unter zumindest ein wenig „Klimaangst“ zu leiden.

Eine Studie aus dem Jahr 2021 unter 10.000 jungen Menschen im Alter von 16 bis 25 Jahren ergab, dass 84 Prozent zumindest mäßig besorgt und fast 60 Prozent extrem besorgt über den Klimawandel waren. „Ich würde sagen, dass dies für die Hälfte meiner jüngeren Patienten unter 25 Jahren ein wichtiges Thema ist“, so der Psychiater Robert Feder gegenüber BuzzFeed News US.

Es ist also normal, sich deprimiert zu fühlen, weil man in einer zunehmend nicht nachhaltigen Welt lebt und nichts dagegen tun kann, ergänzte Feder. Diesen Schmerz fasst dieses Klima-Aktivist:innen-Meme in der Elbphilharmonie ganz gut zusammen. Feder und andere Experte:innen haben einige Tipps verraten, um mit diesem Schmerz und der allgegenwärtigen Angst umzugehen.

1. Engagiere dich für den Klimaschutz

zeichnung einer Aktivistin mit einem Bild der Erde in der Hand
So kannst du mit der Klimakrise umgehen und deine psychische Gesundheit schützen © Irene Rinaldi für BuzzFeed News US

Eine Möglichkeit, mit der Angst vor der Klimakrise umzugehen, ist das aktive Engagement für den Klimaschutz, wie ihn Carla Hinrichs von der Letzten Generation anstrebt. „Zielgerichtetes Handeln im Zusammenhang mit dem Klimawandel ist wirklich die beste aller Lösungen“, so Feder, Mitglied des Steuerungskomitees des Medical Society Consortium on Climate and Health.

Sich für die Umwelt zu engagieren (so wie Patagonia-Gründer Yvon Chouinard), kann helfen, Gefühle der Hilflosigkeit zu dämpfen, ergänzte Wendy Greenspun, klinische Psychologin und Expertin für Klimapsychologie. Aktivismus „kann ein Gefühl von Sinn und Bedeutung vermitteln, sodass man nicht einfach feststeckt und das Gefühl hat, nichts tun zu können“, so Greenspun.

2. Gemeinschaftliches Handeln kann Klimaangst lindern und Stress reduzieren

In einer kürzlich durchgeführten Studie mit Student:innen und Hochschulabsolvent:innen fanden Forscher:innen der Yale und Suffolk University heraus, dass die Teilnahme an gemeinschaftlichem Aktivismus dazu beitragen kann, depressive Gefühle im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu lindern.

Teil diesen gemeinschaftlichen Aktivismus findet man auch in den Aktionen von Letzter Generation oder Debt for Climate wieder. Letztere klebten sich am Finanzministerium fest, um für eine Schuldenstreichung des globalen Südens zu demonstrieren. Aus der Studie ging auch hervor, dass individuelles Handeln auch Angst lindern kann, allerdings in einem geringeren Ausmaß, „was auf die einzigartige Rolle kollektiven Handelns angesichts überwältigender Umstände hindeutet“.

„Kollektives Handeln kann Gefühle der Verzweiflung und Hilflosigkeit bekämpfen und Gefühle der Hoffnung fördern“, heißt es in der Studie. „Kollektives Handeln bringt auch gemeinschaftliche Verbundenheit und soziale Unterstützung mit sich, was wiederum Gesundheit und Wohlbefinden fördert.“

Umgang mit Klimaangst: „Wichtig, sich in Gruppen zu engagieren“

Expert:innen aus den USA empfehlen deswegen, sich bei Organisationen wie dem Sierra Club, Earth Justice, der Climate Justice Alliance und 350.org zu engagieren. Hier kann man sich anmelden, um Informationen über lokale und nationale Aktionen zu erhalten, an denen man sich beteiligen kann, sowie über andere Möglichkeiten, wie man etwas bewirken kann. In Deutschland wären dies vielleicht der BUND, Greenpeace, WWF, Climate KIC, die Letzte Generation und Fridays For Future.

„Es ist wichtig für die Menschen, sich in solchen Gruppen zu engagieren, sowohl um das Gefühl zu haben, etwas zu tun, als auch, um hoffentlich Teil der Lösung des Problems zu sein, das alles verursacht hat“, sagte Feder.

3. Trete einer Selbsthilfegruppe bei

Zeichnung einer Gruppe von Menschen die eine Erdkugel halten
Auch der Austausch über seine Gefühle und Ängste kann helfen Klimastress zu reduzieren © Irene Rinaldi für BuzzFeed News US

Menschen, die unter psychischen Problemen jeglicher Art leiden, einschließlich Klimaangst, brauchen ein stabiles Unterstützungssystem. Der Austausch mit Gleichgesinnten in einer Selbsthilfegruppe kann dazu beitragen, Gefühle der Einsamkeit oder Isolation zu verringern und sowohl Erleichterung als auch Verbindung zu schaffen, so die klinische Psychologin Wendy Greenspun.

Eine solche Gruppe ist das Good Grief Network. Die 2016 gegründete Non-Profit-Organisation bietet ein Zehnstufiges Programm an, bei dem Menschen zehn Wochen lang jede Woche für zwei Stunden zusammenkommen. Ziel ist es, sich gemeinsam über seine Gefühle bezüglich des Zustands der Welt auszutauschen, diese zu verarbeiten und Wege zu finden, wie man sich sinnvoll für den Klimaschutz engagieren kann, um diese Klimaängste zu lindern.

„Das Wichtigste hierbei ist, dass die Menschen sich über die Schwere der Situation, in der wir uns befinden, klar werden, einen Ort finden, an dem sie darüber sprechen können. So können wir anfangen, unsere Gefühle anzuerkennen und zu lernen, sie zu verarbeiten“, erklärte die Gründungsdirektorin der Gruppe, Laura Schmidt, gegenüber BuzzFeed News US.

Während des Programms, das zehn bis fünfzehn Mal im Jahr stattfindet, lernen die Teilnehmer:innen, dass die Klimakrise auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit ist. Existierende Lebensräume und Habitate, die es zu schützen gilt, werden dabei aus der Perspektive von „Dankbarkeit, Verbundenheit und Schönheit“ betrachtet, so Schmidt.

Auch Atemübungen können bei Klimaangst helfen

Andrea Brunelle, eine Geografieprofessorin an der Universität von Utah, die Vorlesungen über den Klimawandel hält, sagte, dass selbst sie nicht wisse, wie sie selbst oder ihre Student:innen sich mit diesen deprimierenden Themen, mit denen sie jeden Tag zu tun hätten, auseinandersetzen könnten. Deswegen plädieren viele Expert:innen auch dafür, lösungsorientierter über den Klimawandel zu reden.

Seit sie das Programm vom Good Grief Network Anfang des Jahres abgeschlossen hat, sagte Brunelle, dass sie ihre Ängste „besser in den Griff bekommt“. „Ich wende häufig einige der Atemübungen an, die sie uns beigebracht haben“, sagt sie, „und erinnere mich auch daran, präsent zu bleiben und aufkommende Gefühle zuzulassen.“

Auf der Website Climate & Mind kann man sich darüber informieren, wie man Unterstützungs- und Diskussionsgruppen zum Thema Klimaangst gründen kann. Außerdem findet man hier eine Liste von Organisationen, die sich mit dem Thema Umweltangst beschäftigen.

4. Suche dir eine:r klimabewusste:n Therapeut:in gegen deine Klimaangst

Zeichnung eines Therapeuten in einem Sessel mit Pflanzen um ihn herum
Klimabewusste Therapeut:innen können dir mit deinen Ängsten helfen © Irene Rinaldi für BuzzFeed News US

Wenn sich die Klimakrise negativ auf deine psychische Gesundheit auswirkt, könnte es von Vorteil sein, eine:n Therapeut:in mit Erfahrung in der Behandlung von Klimaangst aufzusuchen.

Auf der Website Psychologists for Future findest du einige Tipps zum Umgang mit Klima-Angst, sowie einige Beratungsangebote, auch für die Suche nach klimabewussten Therapeut:innen. Greenspun, die andere Fachleute aus dem Bereich der psychischen Gesundheit in klimabewussten Praktiken schult, sagte, dass solche Therapeut:innen die psychischen Auswirkungen des Klimawandels verstehen und Erfahrung darin haben, Menschen dabei zu helfen, diese Emotionen „in etwas Nützlicheres und Nachhaltigeres“ umzuwandeln.

„Wir sind darin geschult, Risikofaktoren zu bewerten und an adaptiven Reaktionen zu arbeiten, an Möglichkeiten, mit den Emotionen umzugehen, das Nervensystem zu beruhigen, Bewältigungsstrategien zu entwickeln und eine Art sicheren Halt für diese schwierigen Emotionen zu bieten“, sagte sie. Feder meinte außerdem, dass klimabewusste Therapeut:innen Entspannungsübungen, tiefe Atmung, Meditation und andere Techniken einsetzen, um ihren Patient:innen zu helfen, ihre Ängste abzubauen.

5. Verbringe mehr Zeit in der Natur und weniger Zeit auf Social Media

Zeichnung einer Frau mit Rucksack im Wald
Ab in die Natur © Irene Rinaldi für BuzzFeed News US

Auch wenn die Natur bedroht ist, solltest du versuchen, nach draußen zu gehen – und dein Handy auszuschalten. Ob du nun spazieren gehst, Zeit mit anderen Menschen verbringst oder meditierst – einfache Selbstfürsorgepraktiken sind laut Greenspun nützliche Taktiken zur Stressbewältigung. „Es gibt so viele Belege für die psychologischen Vorteile davon, in der Natur zu sein“, sagt sie.

Gerade bei Kindern ist laut einer Psychiaterin ein übermäßiger Smartphone-Gebrauch echt problematisch. Für Menschen, die nur schwer in die Natur schaffen, zeigten laut Greenspun Forschungsergebnisse, dass schon das Betrachten von Bildern von Grünflächen oder das Hören von Naturgeräuschen wie Wellenrauschen und Vogelgezwitscher „einen positiven Einfluss auf unser Nervensystem haben kann“.

Negative Nachrichten auf Social Media können Klimaangst begünstigen

Forscher:innen des Standford Woods Institute for Environment fanden zudem heraus, dass ein Aufenthalt in der Natur und ein Spaziergang an der frischen Luft bei Depressionen helfen können. Die ständige Beschäftigung mit negativen Nachrichten über den Klimawandel könne dagegen zu einem Gefühl der Hilflosigkeit führen, so die Expert:innen.

Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Konsum von Nachrichten (wie der, dass diese sieben Gesundheitsrisiken durch die Klimakrise zunehmen) und Informationen über Lösungen für den Klimawandel ist ebenfalls hilfreich. „Eine Dosis positiver Nachrichten als Gegengewicht zu den negativen Nachrichten ... das kann wirklich hilfreich sein“, so Greenspun.

6. Trenne Müll, reduziere deinen Plastikverbrauch und versuche so weit es geht, auf das Autofahren zu verzichten

Zeichnung einer Frau, die eine Pflanze gießt
Beim Thema Nachhaltigkeit können auch schon kleine Entscheidungen vieles bewirken © Irene Rinaldi für BuzzFeed News US

Manchmal ist die einfachste und leichteste Option um Ängste zu bewältigen, sich auf das zu konzentrieren, was man kontrollieren kann. Änderungen zur Verringerung des CO₂-Fußabdrucks im täglichen Leben und eine nachhaltigere Lebensweise auf individueller Ebene können dazu beitragen, Klimastress zu verringern, so Greenspun. „Solche Maßnahmen können die Umweltwerte einer Person würdigen und ... davor schützen, sich passiv und machtlos zu fühlen“, sagte sie.

Den Müll trennen, den Plastikmüll reduzieren und mit dem Fahrrad oder zu Fuß gehen, wenn eine Autofahrt nicht notwendig ist, kann einen Unterschied machen, auch wenn es nur ein kleiner ist. „Es ist wichtig, dort anzusetzen, wo wir das Gefühl haben, etwas machen zu können und von dort aus eine Dynamik aufzubauen“, sagte Schmidt vom Good Grief Network.

„Jede generative Handlung, die zu einem Gemeinschaftsgefühl, zum Wachstum oder zur Heilung von uns selbst, unseren Gemeinschaften oder unserem Planeten beiträgt, ist ein sinnvolles Unterfangen.“ Ganz und gar nicht sinnvoll und mies fürs Klima sind dagegen die Privatflüge von Prominenten.

So kannst du beim Einkaufen Müll und Plastik reduzieren

Wiederverwendbare Taschen in Geschäften und auf Märkten, der Verzicht auf Plastiktüten bei Lebensmitteln und das Einkaufen in Zero-Waste- oder Unverpackt-Läden sind ebenfalls gute Möglichkeiten, nachhaltiger zu konsumieren und eine Idee für einen sinnvollen Jahresvorsatz. In Unverpackt-Läden füllen Kund:innen ihre eigenen wiederverwendbaren Behälter mit Lebensmitteln, Haushaltsprodukten und Hygieneprodukten wie Shampoo, Seife und Gesichtsreiniger auf. Die Bezahlung erfolgt in der Regel nach Gewicht.

„Wenn man sich dafür entscheidet, Behälter wieder aufzufüllen, anstatt neue Plastikflaschen zu kaufen (oder sich die Produkte nach Hause schicken zu lassen), ist das eine sofortige und einfache Möglichkeit, den eigenen ökologischen Fußabdruck zu verringern“, erklärte Kayli Kunkel von Earth & Me, einem Zero-Waste-Laden in Queens, New York, gegenüber BuzzFeed News US per E-Mail.

Momentan, auch wegen der Energiekrise, scheint es den Unverpackt-Läden jedoch nicht so gutzugehen – manche gehen sogar pleite.

„Ich kann euch versprechen, dass es einen Unterschied macht!“

Behälter wiederzuverwenden reduziert nicht nur direkt Plastikmüll, der sonst wahrscheinlich auf einer Mülldeponie landen würde, es kann auch „unsere Abhängigkeit von Erdöl verringern und den Weg zu sauberen Energien ebnen“, so Kunkel.

Es mag schwer sein, zu erkennen, welche Auswirkungen eine einzige kleine Entscheidung haben kann. Aber aus der Sicht von jemandem, der jeden Tag sieht, was die einzelnen Entscheidungen Tausender Menschen bewirken, sagte Kunkel: „Ich kann euch versprechen, dass es einen Unterschied macht!“

Autorin ist Anna Betts. Dieser Artikel erschien am 23.12.2022 zunächst auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Aranza Maier.

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