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Was der Letzten Generation durch einen Gerichtsentscheid jetzt droht

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Von: Felicitas Breschendorf

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Letzte Generation Slow Walk wird von Polizei aufgehalten Raul Semmler bestieg ein Polizeifahrzeug und wurde dort oben vo
Zwei Polizisten räumen Raul Semmler, Aktivist der Letzten Generation, im April mit Schmerzgriffen von einer Straße in Berlin. © IMAGO/Jonas Gehring

Den Anfangsverdacht bestätigte ein Gericht in Potsdam. Eine solche Einordnung könnte schwerwiegende Folgen für die Klimaschutzbewegung haben.

Das Landgericht in Potsdam hat eine Beschwerde wegen der Großrazzia gegen Mitglieder der Klimaschutzgruppe Letzte Generation abgewiesen. Die Staatsschutzkammer des Gerichtes habe den Anfangsverdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung bestätigt, sagte Cyrill Klement, Sprecher der Staatsanwaltschaft Neuruppin am 15. Mai 2023.

Polizei und Staatsanwaltschaft hatten am 13. Dezember 2022 elf Wohnungen und Räume von Mitgliedern der Letzten Generation in mindestens sechs Bundesländern durchsucht. Grund seien mehrere Attacken von Klimaaktivist:innen auf Anlagen der Raffinerie PCK Schwedt, wie Klement erläuterte. Nach der Razzia waren bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin mehrere Hundert Selbstanzeigen von Klimaaktivist:innen eingegangen. Auch diese würden geprüft, sagte Klement.

Was könnte die Letzte Generation zu einer kriminellen Vereinigung machen?

Eine kriminelle Vereinigung definiert laut Strafgesetzbuch, dass deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Tatsächlich kommt es dazu, dass Klimaaktivist:innen für ihre Aktionen in Haft sitzen. Mit einem der verhafteten Letze-Generation-Aktivisten hat BuzzFeed News Deutschland sogar selbst gesprochen.

Aber legt es die Klimaschutzbewegung wirklich auf die Begehung von Straftaten an? Carla Hinrichs, die aufgrund von Nötigung zu zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde, konnte das Urteil nicht nachvollziehen. Dabei ist sich die Letzte Generation den Konsequenzen sehr wohl bewusst. Auf ihrer Website heißt es: „Wir wollen eine nachhaltige Veränderung erwirken, indem wir entschlossen zivilen Widerstand leisten und die rechtlichen Konsequenzen in Kauf nehmen, bis hin zu massenhaften Inhaftierungen von Klimaschützenden über Wochen bis Monate.“ 

Auch bei der Anmeldung für Protestaktionen zur Letzten Generation muss man bestätigen, dass man sich drohenden Gefängnisstrafen aussetzt. Damit ist aber noch nichts bewiesen.

Das Ziel der Letzten Generation sind nicht die Straftaten selbst

Eine Gruppe gilt laut Strafgesetzbuch nicht als kriminelle Vereinigung, wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist. Ein Reddit-User kann die Entscheidung des Landgerichts Potsdam deshalb nicht verstehen und kommentiert: „Man kann von der Letzten Generation ja halten, was man will, aber das finde ich arg weit hergeholt. Die begangenen Straftaten sind für mich sehr eindeutig ein Mittel zum Zweck, nicht der Zweck an sich. Da würde man Klimakleber mit organisierter Kriminalität und Nazi-Schlägertruppen zusammenwerfen.“

Ziel der Letzte Generation ist nach ihrem eigenen Verständnis eher die Rettung des Planeten – keine Straftaten zu begehen. Sie verwenden diese eher als Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Trotzdem müssen am Ende Gerichte entscheiden, wo hier die Grenzen gezogen werden.

Mitgliedern der Letzten Generation drohen Geldstrafen

Für die Letzte Generation hätte eine Einstufung als kriminelle Vereinigung Konsequenzen. „Es ermöglicht eine Ausweitung der Ermittlungen auf die Hintermänner und Organisatoren“, erklärt Anwalt Arndt Kempgens dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Diesen können dann Haftstrafen von mindestens sechs Monaten bis zu fünf Jahren drohen.

„Normale“ Mitglieder einer kriminellen Vereinigung müssten dagegen mit Geldstrafen rechnen. Klimaaktivist:innen der Letzten Generation bekommen schon jetzt hohe Geldstrafen. Im Fall, dass sie offiziell einer kriminellen Vereinigung angehören, müssen sie sich laut Kempgens aber gar nicht erst an Aktionen beteiligen – es reiche allein die Mitgliedschaft. (mit Material der dpa)

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