Rotes Kreuz sieht durch Straßenblockaden von Klima-Aktivist:innen Menschenleben in Gefahr

Das Klimabündnis „Letzte Generation“ blockiert in Berlin die Straßen. Die Aktivist:innen gefährden damit auch Menschenleben, so das Berliner Deutsche Rote Kreuz.
In Berlin blockieren Klimaaktivist:innen zurzeit fast täglich die Straße. Auch heute meldete der rbb wieder Straßenblockaden an vier Autobahnausfahrten. Junge Aktivist:innen setzen sich mitten auf die Fahrbahn, einige kleben ihre Hände sogar am Asphalt fest. Organisiert werden die Proteste durch das radikale Klimabündnis „Letzte Generation“. Durch die Straßenblockaden kommt es immer wieder zu Staus. Rettungswagen haben es deswegen schwerer, durch den Verkehr zu kommen, wie das Berliner Deutsche Rote Kreuz (DRK) bestätigt.
Ziel der „Letzten Generation“ ist es, von der Bundesregierung Maßnahmen gegen die Klimakrise zu erzwingen. Explizit wollen sie geplante Ölbohrungen an der Nordsee verhindern. Andere Klimaschutzorganisationen wie Fridays for Future kritiseren die Klimapolitk der Ampel ebenfalls. Luisa Neubauer war über die Afrika-Reise von Scholz empört, bei der neue Gasverträge beschlossen wurden. Die „Letzte Generation“ greift in ihrem Protest zu radikaleren Mitteln, etwa zu Straßenblockaden. Andere Klimaaktivist:innen beschränken sich nicht auf Straßen. Vor Kurzem hat eine aktivistische Gruppe ein Kreuzfahrtschiff blockiert.
Karsten Hintzmann, Sprecher des Berliner Deutschen Roten Kreuzes: „Ein Stau kostet Zeit und Menschen, die in Not sind, haben diese Zeit oftmals nicht.“
Die Aktionen sind aber nicht immer harmlos. Durch die Straßenblockaden werden Rettungswege versperrt, stellt das Deutsche Rote Kreuz gegenüber BuzzFeed News Deutschland klar. Karsten Hintzmann, Sprecher der Berliner DRK, hat uns von einem aktuellen Vorfall am vergangenen Montag berichtet. Am Nachmittag hatte die „Letzte Generation“ die Autobahn A100 in Berlin blockiert. Zur selben Zeit sei die DRK auf der Strecke im Einsatz gewesen. Es habe sich um einen Rettungseinsatz gehandelt, „bei dem es um Leben und Tod ging“.
Trotz Blaulicht sei der Rettungswagen erschwert durch den Stau gekommen, erzählte Hintzmann. Aus diesem Gund hätten die Rettungskräfte zehn Minuten verloren. Im ersten Moment klingen zehn Minuten nicht viel. Hintzmann erklärt jedoch die Dringlichkeit bei einem Rettungseinsatz: „Es zählen Minuten und wenn diese Minuten verloren gehen, kann es sein, dass Leben am Ende nicht mehr gerettet werden können.“ Handelt es sich beispielsweise um einen Schlaganfall, können wenige Minuten über Leben und Tod entscheiden.
Politisch möchte Hintzmann die Aktion nicht beurteilen. Für die DRK sei es jedoch nicht tragbar, wenn Straßen versperrt werden. „Rettungswagen im Einsatz, die Menschenleben retten wollen, müssen immer freie Fahrt haben“, sagt er. Nicht alle Autofahrer:innen schauen bei den Protesten der „Letzten Generation“ wortlos zu. In Berlin hat kürzlich ein Autofahrer Protestierende mit seinem Mercedes zur Seite geschoben.
Die „Letzte Generation“ schließt selbst nicht aus, Menschenleben in Gefahr zu bringen
Wir haben die „Letzte Generation“ damit konfrontiert, dass durch ihre Aktionen Menschen in Lebensgefahr sind. „Wir können nicht zu hundert Prozent ausschließen, dass Menschen gefährdet werden“, erklärte Carla Hinrichs, Sprecherin der Aktivistengruppe. Staus seien eine alltägliche Situation – würden also auch ohne die Proteste passieren. „Außerdem haben wir in jeder unserer Aktionen eine Rettungsgasse und lassen Rettungswägen passieren.“ Ob Menschenleben in Gefahr sind, hänge also davon ab, ob die Autofahrenden oder die Polizei ein gute Rettungsgasse bilden.
Trotz der Gefährdung von Menschenleben sehen die Aktivist:innen ihr Handeln weiter als „gerechtfertig, gar zwingend notwendig“ an. „Als Bürger:innen dieses Landes haben wir die Pflicht Widerstand zu leisten, wenn wir sehen, dass die Regierung unser Leben nicht schützt“, so Hinrichs. Mit den Störungen durch die Blockaden steige der Druck der Bevölkerung gegen die Regierung. Die „Letzte Generation“ erhofft sich dadurch konkrete Maßnahmen, etwa die Nordeseeöl-Bohrungen zu stoppen. Wir haben 12 Länder gesammelt, die die Klimakrise besser bekämpfen als Deutschland.
Franziska Giffey (SPD) nennt die Proteste „illegale Handlungen“
Die Regierende Berliner Bürgermeisterin hat sich zuletzt in einer Senatssitzung am Dienstag über die Aktionen der „Letzten Generation“ geäußert. Das wird in einem Bericht der Berliner Zeitung deutlich. Franziska Giffey verurteilte die Straßenblockaden als „illegale Handlungen“, die andere Menschen gefährdeten. Sie machte deutlich, „dass es gar keinen Zweifel daran gibt, dass es sich um Straftaten handelt.“ Außerdem forderte sie, dass es zu einer strafrechtlichen Verfolgung kommen muss. Nach Angaben des Tagesspiegels liegen der Berliner Staatsanwaltschaft bereits 73 Strafverfahren vor.
Hinrichs gab gegenüber BuzzFeed News Deutschland an, dass die Aktivist:innen die Strafbestände in Kauf nehmen. „Wir sind bereit, die rechtlichen Konsequenzen für unser Handeln zu tragen“, so die Sprecherin der „Letzten Generation“. Die Protestierenden wollen die Gerichtsverfahren außerdem dazu nutzen, „um auch dort auf die dramatischen Folgen der uns bevorstehenden Klimakatastrophe aufmerksam zu machen.“
Carla Hinrichs (Letzte Generation): „Der Überlebenswille ist viel größer als die Angst vor Kriminalisierung und Haft“
Trotz der drohenden Bestrafung will die „Letzte Generation“ mit ihren Protesten weitermachen. „Wir werden nicht aufhören, denn der Überlebenswille ist viel größer als die Angst vor Kriminalisierung und Haft“, erklärte Hinrichs. Auf die Frage, ob auch in den kommenden Tagen Proteste folgen werden, stellt sie ein Ultimatum an den Bundeskanzler. Weitere Aktionen seien geplant, „bis sich Olaf Scholz gegen Nordseeöl-Bohrungen ausspricht oder wir eingesperrt werden.“