Dieser Essay von Luisa Neubauer in der Abiprüfung sorgt für Aufregung

Stell‘ dir vor, die Klimaaktivistin taucht plötzlich in deiner Abiprüfung auf. So geschehen im niedersächsischen Abitur. Und das hat jetzt Folgen.
Ein alter Gastbeitrag von Luisa Neubauer, der im Juni 2022 in der „Zeit“ veröffentlicht wurde, sorgt derzeit für Wirbel. Im niedersächsischen Politik-Abitur vom vergangenen Montag (24. April) ist ein Essay der Aktivistin Prüfungsstoff. „Leute, was???“, so die begeisterte Reaktion der 27-Jährigen auf Instagram. Das niedersächsische Kultusministerium hat die Behandlung des Essays „Nur weil die Richtigen regieren, wird nicht gleich richtig regiert“ mittlerweile auch bestätigt. Stellvertretende Ministerpräsidentin Niedersachsens und niedersächsische Kultusministerin, also verantwortlich für die Abiprüfungen vor Ort, ist Julia Willie Hamburg von den Grünen. Die CDU will die Auswahl von Essay-Autoren jetzt prüfen lassen.
In ihrem Gastbeitrag zeigt sich Aktivistin Luisa Neubauer enttäuscht gegenüber ihrer Partei. Auf den Krieg in der Ukraine sei mit weiteren fossilen Entscheidungen reagiert worden – statt mit einer Energiewende. Auch die Grüne Jugend hatte bei BuzzFeed News Deutschland die Klimapolitik der aktuellen Regierung kritisiert: „Luisa Neubauer hat recht damit, dass wir Gefahr laufen, einen massiven fossilen Backlash zu erleben und so das 1,5-Grad-Ziel verfehlen“, so der Bundessprecher Timon Dzienus. Verantwortlich für das fehlende konsequente Handeln seien jedoch SPD und FDP.
Die Regierung würde nicht nur keine Maßnahmen gegen die Klimakrise ergreifen, sondern diese aktiv vorantreiben, erklärt Luisa Neubauer bei Zeit Online. Am meisten kritisiert sie die zwölf neu installierten LNG-Terminals an der Nordsee. „Das durch sie importierte Gas allein könnte das gesamte CO2-Restbudget Deutschlands aufbrauchen“, warnt Neubauer. Die Grüne Jugend sie die Terminals ebenfalls problematisch. „Es ist ein Fehler, jetzt so viel Hoffnung, Geld und Planungskapazitäten in weitere fossile Infrastruktur, wie feste LNG-Terminals zu stecken“, erklärt Dzienus.
„Die Illusion liegt in Scherben“ – Luisa Neubauer wirft den Grünen vor, nicht genug für das Klima zu tun
Als der Ukraine-Krieg im Februar begann, habe die Regierung noch gute Versprechungen gemacht, etwa das Öl-Embargo gegen Russland. „Wer echten Frieden will, will das Ende der fossilen Ära“, so Neubauer. Bis heute ist das Öl-Embargo nicht durchgesetzt worden. Neben den Terminals kritisiert Luisa Neubauer auch den „Milliarden-Tankrabatt“, der statt dem geforderten autofreien Sonntag eingeführt wurde. „Wenn es jemals die Illusion gab, dass sich das mit dem Klima schon klärt, sobald die Richtigen regieren – dann liegt sie jetzt in Scherben“, schreibt die Aktivistin.
„Sollte uns das überraschen, nur weil die Grünen mitregieren? Auch nicht!“, greift Luisa Neubauer die Grünen an. „Die werden so hart für jedes Gramm an Idealen gefeiert, das sie über Bord werfen“. Die Grüne Jugend verweist darauf, dass Klimaschutz nicht allein die Aufgabe der Grünen sei. „Ein konsequenteres Handeln scheitert nicht an den Grünen, sondern an der Blockadehaltung der anderen Koalitionspartner“, so Dzienus. FDP und SDP hätten noch nicht verstanden, „wie ernst und wie bedrohlich die Klimakrise ist“. Der Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) fordert die Grüne Jugend etwa dazu auf, einen Plan vorzulegen, um die hohen Emissionen im Verkehrsbereich zu senken.
Keine neuen Gasverträge – Luisa Neubauer und Die Grüne Jugend sind sich einig
Sowohl Luisa Neubauer, als auch die Grüne Jugend sprechen sich gegen neue Gasverträge aus. Während Neubauer jedoch auf den Besuch von Robert Habeck in Katar eingeht, verweist die Grüne Jugend auf Olaf Scholz im Senegal. Die Gasförderung in dem afrikanischen Land sei „hochgradig problematisch“. Die Jugendpartei macht außerdem auf den Abbau von Steinkohle in Kolumbien aufmerksam, bei dem massiv Menschenrechte verletzt würden. Andere Länder als Deutschland tun bereits mehr für das Klima. BuzzFeed News Deutschland hat 12 Länder gesammelt, die die Klimakrise besser bekämpfen.
Das Ziel der Regierung müsse laut Neubauer sein, das Öl-Embargo tatsächlich durchzusetzen. Sie schreibt, dass zusätzliche fossile Energie klimatechnisch in Ordnung sei, „um kurzfristige Versorgungslücken zu stopfen“. Der Verbrauch müsse jedoch mit einem vorgezogenen Kohleausstieg eingespart werden. Neue Öl-Bohrungen und LNG-Terminals lehnt sie dabei konsequent ab. Die Grüne Jugend drängt wiederum auf den Kohleausstieg 2030 und den Erdgas-Ausstieg 2035.
Die Grüne Jugend stellt sich hinter Fridays for Future
Erst vor Kurzem hat Luisa Neubauer dem Bundeskanzler vorgeworfen, Klimaaktivist:innen mit Nazis zu vergleichen. BuzzFeed News Deutschland hat daraufhin mit dem Direktor der Bildungsstätte Anne Frank über den Nazi-Vergleich gesprochen. Dieser forderte Olaf Scholz auf, er solle „für Klarheit sorgen“. „Ein Bundeskanzler, der sich nicht anders zu helfen weiß, als klimabewegte Menschen der ideologischen, antidemokratischen Grundmotivation zu bezichtigen“, führt Luisa Neubauer bei Zeit Online jetzt weiter aus.
Die Grüne Jugend stellt sich klar hinter Fridays For Future. „Wir dürfen nicht vergessen, dass die Grünen deshalb so stark sind und zentrale Maßnahmen umsetzen können, weil die Klimabewegung so stark ist“, betont der Bundessprecher. Umgekehrt würden die Grünen auch die Klimabewegung stärken. „Wir werden jedenfalls weiter für Klimagerechtigkeit auf die Straße gehen.“ Anhaltender Protest auf den Straßen hatte auch Luisa Neubauer in ihrem Gastbeitrag bei Zeit Online gefordert.