Mögliche Nazi-Bezüge: Aktivisten markieren „kritische Straßennamen“ in Städten

Straßenschilder in Ulm und Neu-Ulm wurden von Aktivisten mit rotem Klebeband markiert. Sie erkennen in den Namen eindeutige Nazi-Bezüge und fordern eine Umbenennung.
Ulm - Auf den ersten Blick sieht es durch das rote „X“ auf den Straßenschildern so aus, als seien die Straßenzüge gesperrt. Wer genauer hinsieht, erkennt, dass die Straßennamen jedoch amateurhaft mit rotem Klebeband durchgestrichen wurden. Hinter der Aktion in Ulm und Neu-Ulm steckt nicht das Straßenbauamt, sondern junge Aktivisten, die die Schilder am Wochenende (26. und 27. März) markiert haben.
Die Aktivisten vom „Kollektiv Ulm-Raum“ erkennen bei einiger Straßennamen in den beiden Städten Bezüge zum Nationalsozialismus und fordern daher deren Umbenennung.
Aktivisten fordern Änderung von Straßennamen in Ulm und Neu-Ulm wegen Nazi-Bezügen
Die „kritischen Straßennamen“ sollen aus dem Stadtbild von Ulm und Neu-Ulm verschwinden. Denn laut den Aktivisten stehen die Namen für Rassisten, Kolonialisten oder Wegbereiter und Unterstützer des Nationalsozialismus, berichtet der SWR. Alle von den Aktivisten markierten Straßenzüge würden die Kriterien einer Umbenennung erfüllen.
Auf der Seite von „Kollektiv Ulm-Raum“ findet sich die sogenannte „Karte von Gestern“, auf der die bedenkenswerten Straßennamen zu sehen sind. So ist etwa der „Nüblingweg“ in der Ulmer Weststadt nach Eugen Theodor Nübling (1856-1946) benannt - den Aktivisten zufolge ein Historiker, Politiker, Publizist und offener Antisemit. Bereits 1988 forderte die Ulmer SPD-Fraktion eine Änderung des Straßennamens, doch der Antrag wurde damals abgelehnt; wohl weil nicht nachgewiesen werden konnte, dass Eugen Theodor Nübling zu Lebzeiten ein offizielles Mitglied der NSDAP war. Auch Kunden von Kaufland zeigten sich entsetzt: Die Supermarktkette vertreibt „Nazi-Hefte“.
Die Ulmer Aktivisten stellen auf ihrer Seite noch eine weitere Frage in den Raum: Warum hängt an der Fassade des Ulmer Finanzamts noch immer ein NS-Reichsadler? Kritisiert werden von ihnen auch Bezeichnungen wie „Mohrenapotheke“ oder „Café Mohrenköpfle“. Die Stadt Stuttgart hat weitere Kfz-Kennzeichen aufgrund von Nazi-Codes verboten.
Ulmer Aktivisten wollen Diskussion anstoßen
Klar wird mit der Aktion auch, dass die Aktivisten nicht anstreben, die Straßenschilder zu zerstören. Sie wollen vielmehr darauf aufmerksam machen, dass noch immer viele Nazi-Bezüge in Städten wie Ulm und Neu-Ulm zu finden sind. Lokale NS-Geschichte soll sichtbar gemacht und eine Diskussion angestoßen werden, so die Aktivisten.
In Heidelberg löste das „Gasthaus zum Mohren“ eine Rassismus-Debatte aus. Ein Student stellte Anzeige. Ministerpräsident Winfried Kretschmann unterstützt zudem ein Verbot von Reichskriegsflaggen.