Neopronomen: Was hinter den neuen Wörtern steckt - und wie man sie nutzt

Sprache befindet sich immer im Wandel. Ein wachsender Trend sind Neopronomen, mit denen non-binäre Personen sich beschreiben. Diese Begriffe solltet ihr kennen.
Wie immer, wenn sich gesellschaftliche Veränderungen ankündigen, gibt es heftigen Gegenwind. Konservative, altmodische oder einfach nur bequeme Menschen monieren dann, früher sei alles besser gewesen oder beschweren sich, dass die Dinge doch gut funktionieren, so wie sie sind. Doch Veränderungen lassen sich ab einem gewissen Punkt nicht mehr aufhalten – und das ist auch gut, wenn die Welt dadurch ein bunterer und offenerer Ort wird.
So ist es auch im Fall von Neopronomen, die immer weiter ins Zentrum gesellschaftlicher Diskussionen rücken. Der Fall ist recht einfach: Es gibt Menschen, die sich nicht den Geschlechtern „Mann“ und „Frau“ oder den Pronomen „er“ und „sie“ zugehörig fühlen. Für diese Menschen sind Neopronomen entstanden.
Ein Leitfaden für Neopronomen
Die Neopronomen kann man bei der Ansprache und beim Gespräch über non-binäre oder anderweitig diverse Menschen nutzen. Sie zeugen von Respekt und Verständnis für das Gegenüber. Aber sie sind eben auch etwas ganz Neues, und daher sind viele Menschen noch verwirrt, wie sie Neopronomen richtig verwenden sollen. Mit diesem Artikel wollen wir euch einen kleinen Leitfaden auf den Weg geben und über verschiedene Pronomen und Unsicherheiten aufklären.
Das A und O bei der Verwendung von Pronomen ist ganz einfach: Fragt nach! Personen, die Neopronomen verwenden, wissen in den allermeisten Fällen, dass ihr Umfeld noch nicht allzu versiert in der Verwendung der neuen Pronomen ist. Sie klären euch meist gerne auf, denn es gibt unzählig viele Arten, auf die Menschen sich selbst beschreiben und definieren können. Dass man da nicht immer den Überblick behält, ist verständlich.
Gendern leicht gemacht - macht den ersten Schritt!
Wenn ihr nicht mit der Tür ins Haus fallen und zuerst nach den Pronomen eures Gegenübers fragen wollt, könnt ihr das auch in eure eigene Vorstellung einfließen lassen. Wenn ich zum Beispiel sage: „Hallo, ich bin Mika, und meine Pronomen sind er/ihm“, signalisiere ich von Anfang an meine Offenheit gegenüber allen Arten von Pronomen. So können viele unangenehme Situationen umschifft werden, und das Gegenüber bekommt direkt die Möglichkeit, sich mit den eigenen Pronomen vorzustellen.
Aber es gilt nicht nur, die Menschen nach ihren Pronomen zu fragen, sondern auch, diese richtig anzuwenden. Dafür haben wir für diesen Artikel einige der am häufigsten verwendeten Pronomen herausgesucht. Bei den neuen Pronomen merkt man auch mal wieder, dass die deutsche Sprache ziemlich kompliziert ist. Im Englischen hat sich für viele non-binäre Personen das „Singular they“ etabliert. Sogar Weltstars wie Demi Lovato, Sam Smith oder Ezra Miller nutzen „they/them“. Im Deutschen gibt es allerdings noch keine wirklich passende Übersetzung dafür. Dennoch nutzen einige Menschen das eingedeutschte „Dey“.
Deklinationen für Neopronomen
Jetzt geht es mehr in die Praxis. Wir werden einige Pronomen und Beispiele für deren Verwendung vorstellen. Die Deklinationen stammen übrigens aus dem Nicht-binär-Wiki. Dort sind 41 Neopronomen aufgelistet, die wir hier unmöglich alle behandeln können. Also stellen wir hier eine Auswahl vor und bleiben bei dem Hinweis: Wenn ihr unsicher seid, fragt immer nach!
Fangen wir also mit „Dey“ an. „Dey“ ist aus dem englischen „Singular they“ abgeleitet und wird ähnlich verwendet. Allerdings gibt es auch bei diesem Pronomen verschiedene Versionen. Ähnlich sind aber die Grundlagen. So sagt man zum Beispiel: „Dey heißt Kay“, wenn man über eine Person (in diesem Fall Kay) spricht. Hier ist die Verwendung also ganz ähnlich wie das „Singular they“.
Der Vorname als Pronomen
Wenn Kay ein Buch gehört, das ich mir ausleihe, dann sage ich: „Das ist deren.“ Im Dativ und Akkusativ wird meistens das Pronomen „demm“ verwendet, dann sagt man also „Ich suche gerade demm“ (Dativ) oder „Ich mag demm“ (Akkusativ). „Dey“ wird also in den Fällen, die nicht der Nominativ sind, meist zu „demm“, für das Possessivpronomen zu „deren“.
Eine weitere, relativ verbreitete Variante, ist einfach die Verwendung des Vornamens als Pronomen. Hierbei wird jedwedes „er“ oder „sie“ durch den Vornamen ausgetauscht. Zum Beispiel würde man dann sagen: „Kay mag Kays neue Wohnung viel mehr, als die Alte“,(anstelle von „seine/ihre neue Wohnung“). Klarer ist die Verwendung in anderen Fällen. Man sagt zum Beispiel „Das ist Kays Katze“ oder „Kannst du Kay die DVD mitbringen?“.
In der Verwendung kommt also der Vorname dann überdurchschnittlich oft vor. Das führt nicht immer zu den schönsten Satzkonstrukten, regt aber dazu an, Sprachweisen zu verwenden, die möglichst wenig auf Personalpronomen setzen. Ansonsten ist die Verwendung des Vornamens ziemlich selbsterklärend und sicherlich auch für Kritiker:innen neuer Sprechweisen zu verstehen.
Das Neopronomen „Xier“
Immer populärer wird das „Xier“-Pronomen, das 2012 entstand und sich immer weiter entwickelt. Wie bei vielen anderen Pronomen, befindet sich die Verwendung von „Xier“ in steter Entwicklung und wird noch verbessert und angepasst. In einem Blogbeitrag zur Verwendung von Neopronomen schreibt Illi Anna Heger von „Xier“-Pronomen in der Version 3.3, die am aktuellsten ist. Diese Version erkläre ich auch hier.
Wenn man das „Xier“-Pronomen durchdekliniert, nutzt man die Endungen, die sich an den Fragen „wer?“, „wessen?“, „wem?“ und „wen?“ orientieren. „Xier“ wird also zu „xier“, „xies/xieser“, „xiem“ und „xien“. Für die Verwendung mit Possessivpronomen orientiert sich die Endung von „Xier“ an dem Begriff, auf den es sich bezieht. Ist das Bezugswort zum Beispiel „Lebensmittel“, würde man sagen: „Ich kaufe meine und xiese Lebensmittel ein.“
Lasst euch nicht von Neopronomen verwirren
„Xier“ ist vermutlich das Neopronomen auf dieser Liste, das für die Leser:innen am verwirrendsten ist. Denn mit Vornamen oder selbst dem „Singular they“ können die meisten Menschen direkt noch etwas anfangen. „Xier“ ist wiederum vollkommen neu und auch die Deklination ist auf den ersten Blick ganz schön kompliziert. Hier lohnt es sich bei Interesse wirklich, sich durch ein paar Foren oder Blogbeiträge zu klicken, um das Verständnis aufzubauen.
Das Pronomen „mensch“ funktioniert ebenfalls als Ersatz für „er/ihm“- oder „sie/ihr“-Pronomen. Man sagt also: „Ich arbeite mit mensch bei BuzzFeed“. Personen, die sich für „mensch“ als Pronomen entscheiden, nutzen oft zusätzlich noch ein zweites Pronomen wie „dey“.
Gendergerechte Sprache ist gar nicht schwer
Und das sind nur ein paar der Neopronomen und Möglichkeiten ihrer Verwendung. Es zeigt sich schnell: Da gibt es noch eine ganze Reihe an Dingen, die wir lernen müssen. Sprache verändert sich ständig, genauso wie die Menschen. Deshalb ist es wichtig, bei Unsicherheiten nachzufragen und offen und aufgeschlossen auf Menschen zuzugehen, die Neopronomen benutzen.